IM GESPRÄCH: RALPH DRESSLER, FRANKFURTER SPARKASSE

Kunden ignorieren Sepa

Vereinen und Kleinunternehmern droht im Februar Zahlungsengpass

Kunden ignorieren Sepa

Die Frankfurter Sparkasse lässt nicht locker, ihre Kunden zur Sepa-Umstellung zu informieren. Die Resonanz ist ähnlich wie bei anderen Kreditinstituten gering.Von Jan Schrader, FrankfurtIhre Hausaufgaben, so stellt die Bundesbank fest, haben die Banken und Sparkassen bereits gemacht: Wenn der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum Sepa am 1. Februar 2014 für alle Standard wird, seien von Seiten der Banken keine großen Schwierigkeiten zu erwarten. Sorgen bereiten der Bundesbank hingegen Vereine, Verwaltungen und Unternehmen. Es sei unwahrscheinlich, dass alle Teilnehmer bis zum Stichtag auf Sepa umstellten. Wer sich nicht rührt, kann ab Februar keine Lastschriften mehr einziehen.Banken und Sparkassen bekommen daher langsam kalte Füße. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung berichtet Ralph Dressler, Projektleiter Sepa-Migration der Frankfurter Sparkasse, dass viele Kunden, vor allem Kleingewerbetreibende und Vereine, womöglich nicht ahnten, was da auf sie zukommt. Vorbereitet sei hingegen die Sparkasse: Bis auf wenige Ausnahmen könne sie Kontonummer und Bankleitzahl in die internationale Kontonummer IBAN überführen, der Datenaustausch mit anderen Instituten und der Direktbanktochter 1822direkt funktioniere, und im November stelle der gemeinsame IT-Dienstleister der Sparkassen, Finanz Informatik, die Software um.Die Sepa-Verordnung der Europäischen Union, die mit dem Sepa-Begleitgesetz in deutsches Recht überführt wurde, diktiert strenge Regeln für die Lastschrift. Um sie weiterhin einziehen zu können, müssen Unternehmen, Verwaltungen und Vereine nicht nur Kunden und Mitglieder über die Lastschrift informieren, sondern auch eine Inkassovereinbarung mit der Bank abschließen. Eine solche Vereinbarung haben die betroffenen Kunden – mit Ausnahme größerer Unternehmen – in den meisten Fällen jedoch noch nicht getroffen, trotz mehrmaliger Anschreiben und oft auch Anrufe. “Es ist noch ein gewaltiger Schritt bis zur Umsetzung”, sagt Dressler. Ähnliche Erfahrungen machten auch andere große Sparkassen, mit denen sich das Frankfurter Institut regelmäßig austausche.Mit der Inkassovereinbarung ist es jedoch nicht getan. Bei der Bundesbank müssen die Kunden eine Gläubigeridentifikationsnummer beantragen – doch auch dort ist der Rücklauf bislang gering. Zwar seien bis Mitte Oktober bereits 988 000 Nummern zugeteilt worden, berichtet die Bundesbank, davon 211 000 an Vereine. Deutschlandweit gebe es aber rund 3,6 Millionen Unternehmen und mindestens 588 000 Vereine. Die Lücke ist offenbar noch groß, denn die Lastschrift ist in Deutschland weit verbreitet. Unbekannter AusgangDa sich so viele Betroffene nicht rühren, tappen Bundesbank ebenso wie die Frankfurter Sparkasse und andere Institute im Dunkeln: Haben sich die Kunden schon informiert und stellen rechtzeitig ihre Lastschriften kurz vor Toresschluss um? Oder nehmen sie die Sepa-Umstellung zum Anlass, auf die Lastschrift zu verzichten, um sich das Geld stattdessen künftig überweisen zu lassen? In der Branche wird befürchtet, dass im Februar stattdessen zahlreiche Kunden aus allen Wolken fallen. Bleiben die erwarteten Einzüge aus, droht vielen Kunden ein Liquiditätsengpass. Um bereits hoch verschuldete Kunden vor der Insolvenz zu bewahren, seien dann “individuelle Lösungen” notwendig, sagt Dressler. Denkbar seien etwa kurzfristige Kredite, mit denen die Frankfurter Sparkasse den unaufmerksamen Kunden im Fall der Fälle unter die Arme greifen könne. Um einen möglichen Ansturm Ratsuchender zu bewältigen, wolle die Frankfurter Sparkasse ihre Berater bitten, in der kritischen Phase auf Urlaub zu verzichten.Die Bundesbank hält am Donnerstag erneut eine Pressekonferenz ab, um gemeinsam mit dem Bundesfinanzministerium, der Deutschen Kreditwirtschaft und den Verbraucherzentralen auf die Sepa-Umstellung hinzuweisen. Die Frankfurter Sparkasse lädt zu Informationsveranstaltungen ein und will nun in der Beratung stärker “in die Manndeckung gehen”, wie Dressler es nennt: Dann sprechen die Kundenberater ihre Schützlinge an, vor allem jene, die im Monat vier- oder fünfstellige Beträge per Lastschrift abbuchen lassen und somit besonders verwundbar sind. Manche Kunden müssen prüfen, ob ihre Software für Geldgeschäfte mit den Sepa-Regeln kompatibel ist. Der Aufwand der Sparkasse für die gesamte Umstellung, ursprünglich mit 2 000 Personentagen veranschlagt, falle größer aus als erwartet. Dressler zeigt aber Verständnis dafür, dass sich Kunden zurückhielten. “Nicht jeder ist Zahlungsverkehrsexperte”, sagt er.Am 1. Februar 2016 droht der Branche dann erneut Ungemach: Bis dahin können Banken Kontonummer und Bankleitzahl automatisch in eine IBAN-Nummer überführen, sodass Verbraucher ihre Bankgeschäfte ähnlich wie bisher fortsetzen können. Danach müssen auch sie die IBAN-Nummer angeben. “Es wird auf Unverständnis bei den Privatkunden stoßen”, vermutet Dressler.