Landesbürgschaft für Kredite an Wohnungseigentümergemeinschaften

Besonders hohes Energieeinsparpotenzial - Studie untermauert Erfolg

Landesbürgschaft für Kredite an Wohnungseigentümergemeinschaften

Die Gebäude und Wohnungen, die sich im Eigentum von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) befinden, können für die Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestands eine Schlüsselrolle spielen. Nach Ergebnissen der im Rahmen des Zensus 2011 durchgeführten Gebäude- und Wohnungszählung machen Eigentumswohnungen mit 22 % ein knappes Viertel des Gesamtwohnungsbestands in Deutschland aus. Impulse laufen ins LeereWie kann Förderung an dieser Stelle ansetzen, um die Reduktion des Energieverbrauchs möglichst effektiv zu unterstützen? Indem die Programme vorrangig da Investitionsimpulse geben, wo hohe Energie-Einsparpotenziale sind. Das ist der Fall im älteren Gebäudebestand, für dessen energetische Modernisierung daher auf Landes- wie auf Bundesebene ein breites Förderangebot bereitgestellt wird. Aber erreicht dieses Angebot wirklich alle Eigentümer gleich gut? Diese Frage musste auch in Baden-Württemberg bis 2012 mit Blick auf die Wohnungseigentümergemeinschaften mit “nein” beantwortet werden. Dabei ist gerade bei ihnen der Handlungsbedarf groß: Ein Drittel des Wohnungsbestands in unserem Bundesland gehört WEG, darunter ist vorwiegend ältere Bausubstanz mit hohem Einsparpotenzial.Das war Anlass genug für das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft und die L-Bank, bei der Neugestaltung der Landeswohnraumförderung 2012 einen neuen Förderansatz zu entwickeln, um diese Zielgruppe besser zu erreichen. Denn gerade die Förderung von Wohnungseigentümergemeinschaften gilt bisher als problematisches Feld, da die Eigentümerstruktur bei einer Kreditfinanzierung die Absicherung der Risiken erschwert. Genau an dieser Stelle setzt das deutschlandweit einmalige Fördermodell in Baden-Württemberg an: Mit einer Bürgschaft des Landes werden die Kredite der L-Bank besichert. Drei Jahre nach Einführung des Programms beauftragte die L-Bank das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) aus Mannheim, auf Grundlage einer Befragung von Hausverwaltungen zu prüfen, ob das Programm den gewünschten Investitionsimpuls gibt. Das Ergebnis des ZEW hat den Förderansatz bestätigt, den Hausverwalter, die mit dem Programm bereits finanziert haben, gern als “Modell Baden-Württemberg” zur Nachahmung für andere Bundesländer empfehlen. Auch die Förderinstitute anderer Länder zeigten bereits ihr Interesse und haben sich bei uns über Details des Programms informiert.Die Rolle, die WEG als Zielgruppe für die energieeffiziente Modernisierung spielen, verdeutlichen einige Zahlen: In Baden-Württemberg liegt ihr Anteil über dem Bundesdurchschnitt bei 33 % des Wohnungsbestands und umfasst damit 1,7 Millionen Wohnungen. Vor allem in den Städten ist ihr Anteil hoch, in Stuttgart und Freiburg liegt er bei über 40 %. Das Einsparpotenzial bei diesen Immobilien ist enorm. Denn die Mehrzahl (70 %) der Gebäude wurde vor 1990 errichtet; ein großer Teil von ihnen (43 %) zählt zu der aus energetischen Gesichtspunkten besonders problematischen Baualtersklasse zwischen 1950 und 1979. Meistens handelt es sich um kleine bis mittelgroße Mehrfamilienhäuser mit bis zu zwölf Wohneinheiten. Gebäude dieser Größenordnung können bei entsprechender Sanierung – im Vergleich zu Ein- oder Zweifamilienhäusern – eine weitaus höhere Energieeffizienz erreichen. Fazit: Im Gebäudebestand der WEG ist das Energie-Einsparpotenzial besonders hoch; ihre Modernisierung bietet einen wichtigen Hebel zur Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele des Landes, das bis 2050 die Wärmeversorgung in Baden-Württemberg klimaneutral gestalten will.Gemessen an dem Sanierungs- und Einsparpotenzial, das hier vorliegt, war die tatsächliche Rate an Modernisierungen bei den WEG bisher außergewöhnlich gering. Das lag nicht an einem mangelnden Modernisierungswillen der Eigentümer. Vielmehr gestalten sich die Entscheidungs- und Koordinationsprozesse in den Gemeinschaften durch die unterschiedlichen beteiligten Akteure komplexer als in einem Privathaushalt mit Einfamilienhaus.Aber auch wenn sich die Eigentümer einhellig für eine energieeffiziente Modernisierung entscheiden, bleibt die Finanzierung häufig das eigentliche Investitionshemmnis. Denn in der Regel reicht die Eigenkapitalausstattung der WEG für die geplanten Investitionen nicht aus. Die meisten WEG, die energieeffiziente Modernisierungen durchführen – so lautet ein Ergebnis der Befragung durch das ZEW – setzten im Jahr 2014 Mittel aus der Instandhaltungsrücklage und aus Sonderumlagen ein: Damit deckten sie den größten Teil der Kosten ab. Je umfangreicher die Maßnahme geplant war, desto größer war der durchschnittliche Anteil an Förderkrediten und Zuschüssen. Vor allem bei Vollsanierungen war der Anteil an Kreditfinanzierungen hoch, denn hier sind in der Regel Kosten um 30 000 Euro je Wohneinheit anzusetzen.Für die Mehrzahl der WEG gilt, dass das vorhandene Eigenkapital, auch wenn nur eine Teilsanierung geplant ist, bei weitem nicht ausreicht. Für die große Gruppe an Bestandsgebäuden mit Modernisierungsbedarf, die in WEG-Besitz sind, waren aber bisher die Finanzierungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Alle müssen dabei seinWoran lag das? Stellen wir uns eine Wohneigentümergemeinschaft mit zwölf Parteien vor, die eine Vollsanierung des 1963 gebauten Gebäudes beschlossen hat. Zu den Eigentümern zählen junge Familien mit Kindern, die ihre Wohnung gerade kürzlich erworben haben und für deren laufende Kredite eine Grundschuld eingetragen ist. Zu den Eigentümern zählen alleinstehende ältere Rentner. Bisher musste nach Beschlussfassung jeder einzelne Eigentümer den auf seine Wohnung umgelegten Finanzierungsanteil beitragen: 30 000 Euro. Das kann der überwiegende Teil der Eigentümer nur über einen Kredit finanzieren. Wenn nur einer der Eigentümer, wie z. B. eine der jungen Familien oder einer der älteren Rentner, seiner Hausbank keine Sicherheiten für einen Kredit bieten konnte, war damit die Gesamtfinanzierung gescheitert.Genau bei dieser Problemstellung setzten das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft und die L-Bank bei der Neugestaltung der Landeswohnraumförderung in Baden-Württemberg an. Die L-Bank bietet den WEG seither einen Verbandskredit an: Dieser Kredit wird dem Verband der Wohnungseigentümer als teilrechtsfähigem Zusammenschluss gewährt. Das heißt konkreter, nach der Beschlussfassung durch die WEG beantragt die bevollmächtigte Hausverwaltung einen Förderkredit bei der L-Bank. Es ist also wohlgemerkt nur noch ein Kreditantrag für das gesamte Vorhaben notwendig.Und vor allem ist bei diesem Modell die Frage nach den Sicherheiten für die Risiken bereits geklärt: Sie werden durch eine Ausfallbürgschaft des Landes Baden-Württemberg abgesichert. Damit hatten wir den richtigen Hebel gefunden, um das für die WEG entscheidende Investitionshemmnis aufzuheben. In Verbindung mit den – gegenüber dem KfW-Programm – nochmals verbilligten Zinsen, die derzeit bei 0 % liegen, wurde so ein attraktives Angebot geschaffen, das bei den Verwaltern und den Wohnungseigentümern auf sehr viel positive Resonanz stößt.Aber auch dieses neue Förderangebot über einen Verbandskredit musste nach seinem Start 2012 erst etabliert werden. Zumal die L-Bank zuvor kein Programm für Wohnungseigentümergemeinschaften angeboten hatte. Unsere Mitarbeiter stellen seither bei Veranstaltungen die Fördermöglichkeiten vor, stehen in engem Austausch mit den Hausverwaltern und deren Interessenverbänden, nehmen auf Anfrage bei den Sitzungen interessierter Eigentümergemeinschaften teil – informieren und beantworten deren Fragen. Ein intensiver Einsatz, durch den unser Programm jetzt innerhalb der letzten Jahre bei der Zielgruppe gut bekannt wurde, fast jeder der vom ZEW befragten Hausverwalter kannte unsere Förderung.Die Entwicklung der Nachfrage dokumentiert das gleichfalls: Von 2012 bis Ende 2014 wurden an die WEG in Baden-Württemberg Förderkredite über insgesamt 43 Mill. Euro für die Modernisierung von knapp 6 000 Wohneinheiten ausgereicht. Dieses Jahr hat die Nachfrage nochmals deutlich zugenommen: Schon Ende Juni 2015 hatten wir mit 13,4 Mill. Euro Investitionen in fast 2 000 Wohneinheiten finanziert. Das Förderprogramm trägt – wie die Studie des ZEW hervorhebt – damit spürbar zu einer Steigerung der Sanierung im Gebäudebestand bei.Für die Eigentümer lohnt sich eine Modernisierung nicht nur mit Blick auf den zukünftigen Energieverbrauch und die Wohnqualität. Eine Immobilie bleibt immer auch Kapitalanlage: Deshalb spielt für die Eigentümer bei der Investitionsentscheidung der langfristige Werterhalt bzw. die Wertsteigerung der Gebäude gleichfalls eine wichtige Rolle.—Axel Nawrath, Vorsitzender des Vorstands der L-Bank