Lasst die „Extra-Portion Milch“ weg!
Was hat ein Riegel aus Zucker und Fett eigentlich mit einer Portion Milch zu tun? Der Schokoladenhersteller Ferrero entschied bereits vor mehr als zehn Jahren nach Kritik, auf das Werbeversprechen der „Extra-Portion Milch“ für die Riegel der Marke „Kinder“ zu verzichten, wie damals in Medien berichtet wurde. Klar, ein wenig Milchpulver ist enthalten – eine „irreführende Gesundheitsbotschaft“ sahen Verbraucherschützer aber gleichwohl.
Die Finanzbranche erlebt gerade ebenfalls ihren Milch-Moment: Was hat ein Topf mit Aktien und Anleihen mit einem nachhaltigen Wandel zu tun? Auf der Zubereitungsliste lassen sich ESG-Prozesse, Ausschlusskriterien und Engagementansätze auflisten. Der Beleg aber, dass sich eine bestimmte positive Wirkung mit einem Fondsinvestment erzielen lässt, ist kaum möglich. Und so steht auch hinter der Werbung für diverse Finanzprodukte ein Fragezeichen – zu Recht.
Erneut trifft es die DWS, die wegen ihrer Darstellung rund um Nachhaltigkeit seit längerem in der Kritik steht. Die Fondsdokumente, die der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Anlass für eine Klage liefern, taugen zwar nicht als Aufreger. Tatsächlich sind die Verbraucherschützer zum Teil äußerst penibel und die Verfehlungen der DWS wohl nicht gravierend. Ein wesentlicher Kritikpunkt aber bleibt: Wenn Fondsanbieter eine konkrete Wirkung in Aussicht stellen, versprechen sie zu viel.
In einem funktionierenden Finanzmarkt, in dem auch andere Geldgeber unterwegs sind, finden nachhaltige Firmen fast immer Geldgeber, solange die Renditeaussichten stimmig sind. Daher ist es zweifelhaft, ob Anleger mit ihrem Geld tatsächlich einen Mehrwert leisten, der ohne ihr Investment ausgeblieben wäre. Die größte Wirkung erzielen nachhaltige Fonds vermutlich dadurch, dass sie Unternehmen für das Thema sensibilisieren und so eine Änderung anstoßen. Doch diese Wirkung lässt sich kaum für den Einzelfall beweisen.
Klar, Werbung verknüpft positive Attribute mit einem Produkt, und auch Ferrero suggeriert weiterhin einen hohen Milchanteil im Süßkram. Gerade für die hoch regulierte Finanzbranche sind überschwängliche Aussagen allerdings riskant, und der Vorwurf des Greenwashing ist längst ein Risiko für alle. Finanzprodukte sollten ohne Extra-Portion Milch auskommen.