ALTERNATIVES INVESTMENT

Läuft wie geschmiert

Mit ETC, ETF oder Zertifikaten können Anleger auf die Entwicklung des Ölpreises setzen. Dabei gibt es auch mehrere Produkte, die von einem fallenden Preis profitieren. Von Anna-Maria Borse Der Ölpreis ist immer wieder für eine Überraschung gut:...

Läuft wie geschmiert

Mit ETC, ETF oder Zertifikaten können Anleger auf die Entwicklung des Ölpreises setzen. Dabei gibt es auch mehrere Produkte, die von einem fallenden Preis profitieren.Von Anna-Maria BorseDer Ölpreis ist immer wieder für eine Überraschung gut: Nachdem sich die Opec vergangenen November endlich auf eine Drosselung der Fördermenge geeinigt hatte, sprang die Notierung für ein Barrel der Nordseesorte Brent innerhalb kurzer Zeit von 46 auf 55 Dollar. Am 8. März ging es dann nach einer längeren Seitwärtsbewegung um 55 Dollar plötzlich wieder deutlich nach unten auf 50 Dollar. Auslöser war ein unerwartet kräftiger Anstieg der US-Ölreserven.Viel Bewegung bedeutet viel Aufmerksamkeit seitens der Anleger. “Aktuell sehen wir ein gestiegenes Interesse an Öl-Zertifikaten und -ETC”, berichtet Kemal Bagci, bei BNP Paribas zuständig für Aktien- und Rohstoffderivate. “Wenn die Opec-Produktion tatsächlich um über 2 Mill. Barrel am Tag zurückgefahren wird, wird das aus Sicht unserer Analysten einen großen Einfluss auf den Preis haben.” Meist höhere Preise erwartetBagci zufolge setzen Anleger derzeit tendenziell eher auf höhere Preise – mit gehebelten Produkten kurzfristig, mit ETC eher langfristig. Der Preisunterschied zwischen dem Nordseeöl Brent und dem US-Leichtöl WTI sei derzeit ebenfalls Thema. “Wegen der eventuellen Einführung einer Importsteuer auf Öl in den USA steht WTI aktuell mehr als sonst im Fokus der Anleger.” Die BNP-Paribas-Analysten gehen davon aus, dass langfristig sowohl Brent als auch WTI steigen werden, eine Importsteuer werde jedoch den WTI-Preis noch stärker begünstigen. ETC: Direkte PreisabbildungWer als Anleger eine klare Meinung zur Ölpreisentwicklung hat, dem stehen mehrere Möglichkeiten offen. Zum einen kann über ETC (Exchange Traded Commodities) direkt auf den Preis gesetzt werden. Viele ETC beziehen sich auf den Brent-Preis, andere auf WTI. Es gibt auch zahlreiche Short-Produkte, mit denen auf einen fallenden Preis spekuliert werden kann, ebenso wie solche mit zwei-, drei- oder vierfachem Hebel. Einige beinhalten auch die Absicherung gegen Währungsschwankungen – nicht unwichtig, da Öl in Dollar gehandelt wird. “Wir sehen, dass immer mehr Investoren in währungsgesicherte Produkte gehen, um das Währungsrisiko zu minimieren”, bemerkt Jan-Hendrik Hein, Head of German Speaking Regions bei ETF Securities. Der Emittent ist wichtigster Öl-ETC-Anbieter, daneben haben in Deutschland noch Commerzbank, Deutsche Bank, der US-Vermögensverwalter Wisdom Tree mit dem Label Boost und BNP Paribas ETC im Angebot.Ein Problem: Mit ETC wird auf Ölpreis-Futures gesetzt, und die haben eine begrenzte Laufzeit, meist ein oder drei Monate. Vor dem Liefertermin müssen diese in den nächsten Kontrakt “gerollt” werden, Rollgewinne oder Rollverluste wirken sich auf die Performance des ETC aus. Optimierte ETC (“enhanced” oder “optimized”) setzen daher entweder auf mehrere Futures oder rollen statt in die nächsten in die günstigsten Kontrakte. Grundsätzlich sind ETC zudem Inhaberschuldverschreibungen und kein Sondervermögen wie ETF oder Fonds, im Insolvenzfall sind sie also nicht geschützt. Es gibt aber zahlreiche Produkte mit Absicherung: Hier werden bei einem Treuhänder Sicherheiten hinterlegt, die im Fall einer Insolvenz des Emittenten veräußert und an die ETC-Anleger ausgeschüttet werden. Die Kosten von ETC differieren stark, es gibt Produkte für eine Gesamtkostenquote von 0,45 %, bei anderen liegt diese bei 1 %. Renditeturbo mit Zertifikaten Eine weitere Möglichkeit, von der Ölpreis­entwicklung zu profitieren, sind klassische Zertifikate. Die Angebotspalette ist, wie immer bei Zertifikaten, riesig, die Risikobandbreite reicht von konservativ bis hochspekulativ. Die einfachsten sind Index-Zertifikate, die an die Entwicklung des Ölpreises gekoppelt sind. Laut Bagci versprechen Turbozertifikate den schnellsten Zugang zu steigenden oder auch fallenden Preisen. “Daher sind sie sehr beliebt.” Mit Turbozertifikaten sind wegen des Hebels hohe Gewinne möglich, Anleger müssen im Gegenzug aber auch hohe Risiken in Kauf nehmen – bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Interessant sind Bagci zufolge Discount-Optionsscheine, also Optionsscheine, die Anlegern einen günstigeren Einstieg ermöglichen, dafür aber auf der Gewinnseite begrenzt sind. “Besonders bei moderaten Kursbewegungen können diese Produkte ihre Vorteile ausspielen.” Die Nachfrage sei grundsätzlich aber eher gering. Auch bei den klassischen Zertifikaten handelt es sich im Übrigen nicht um Sondervermögen. Direktinvestments in EinzelaktienEine weitere Möglichkeit, von einer eventuellen Renaissance des Energiesektors zu profitieren, sind Direktinvestments in Aktien von Ölkonzernen. Hier muss aber aufgepasst werden: Zu unterscheiden ist zwischen Upstream-Unternehmen, deren Hauptgeschäft die Erschließung und Förderung von Erdöl ist, und Downstream-Unternehmen, die sich auf die Raffinierung und Vermarktung konzentrieren. Das Downstream-Geschäft reagiert auf Ölpreisrückgänge weniger sensibel. Zu den Upstream-Unternehmen gehören zum Beispiel die US-Ölförderer ConocoPhillips, Occidental sowie EOG Resources, ein klassisches Downstream-Unternehmen ist die Conoco-Phillips-Abspaltung Phillips 66. Die integrierten Ölkonzerne wie Royal Dutch Shell, ExxonMobil, Total und OMV sind in beiden Bereichen tätig. Passive und aktive FondsDaneben gibt es auch ETF, die an Aktien von Ölkonzernen gekoppelt sind. Beliebter Bezugsindex ist der Stoxx Europe 600 Oil & Gas, der 20 große europäische Öl- und Gas­unternehmen aus dem Stoxx Europe 600 abbildet, neben den großen Ölkonzernen auch Zulieferer wie Technip und Saipem. Weitere wichtige Indizes sind der MSCI World Energy, der die Entwicklung von 92 Industrieländer-Energieunternehmen aus dem MSCI World nachzeichnet. Der MSCI Europe Energy ist das kleinere Pendant mit 17 Unternehmen aus dem MSCI Europe. Auf US-Aktien aus dem S&P 500 bezieht sich der S & P U.S. Energy Select. Die Kosten der ETF liegen in der Regel um 0,30 % im Jahr.Letzte Möglichkeit sind aktiv gemanagte Fonds mit Aktien von Ölkonzernen. Branchenprimus ist hier der BGF World Energy, der weltweit auf Energieunternehmen setzt und den es sowohl in einer Dollar- als auch in einer Euro-Variante gibt. Top-Positionen Ende Februar waren Royal Dutch Shell, BP, ExxonMobil, ConocoPhillips und EOG Resources. Der Nachteil: Im Vergleich zu ETF und auch ETC sind aktiv gemanagte Fonds teuer, so beläuft sich die Gesamtkostenquote beim BGF World Energy auf mehr als 2 % im Jahr. Kein Konsens zu ÖlpreisentwicklungUnd wie geht es weiter mit dem Ölpreis? “Seit dem Preistief im Mai 2016 ist die Anzahl an Ölförderanlagen in den USA um 85 Prozent gewachsen”, bemerkt Hein von ETF Securities. Zusätzlich sei auch deren Effizienz erhöht worden. “Angesichts der weiter steigenden Produktion und der wachsenden Öllagerbestände in den USA glauben wir, dass die Ölpreise in der nächsten Zeit weiter unter Druck bleiben werden.” Auch Eugen Weinberg, der Leiter des Rohstoffresearchs der Commerzbank, ist skeptisch, was die Entwicklung des Ölpreises angeht und rät Anlegern, Produkte zu kaufen, die von einem fallenden Ölpreis profitieren (vgl. hierzu Interview auf der linken Seite). Langfristig wieder Knappheit möglichStefan Eppenberger, Investment & Commodity Strategist bei der Schweizer Privatbank Vontobel, sieht das indes anders: Er geht davon aus, dass sich der Ölpreis innerhalb eines Jahres auf ein Niveau von 60 Dollar erholen wird. Angesichts der günstigen Aussichten für die Weltwirtschaft werde die globale Nachfrage das Angebotswachstum übersteigen. “Grund dafür sind ein stabiles strukturelles Wachstum in den Schwellenländern und der globale konjunkturelle Rückenwind.” Die Analysten der BNP Paribas prognostizieren für 2018 einen Durchschnittspreis von 63 Dollar für Brent und 61 Dollar für WTI – nicht nur wegen der Opec-Produktionskürzung. “Für das weltweite Wirtschaftswachstum erwarten sie in diesem Jahr immerhin fast 3,6 %”, stellt Bagci fest. Zudem hätten die Ölkonzerne ihre Investitionen um ein Drittel zurückgefahren. “Vor diesem Hintergrund kann in den kommenden Jahren auch eine Ölknappheit wieder zum Thema werden.”