Deutscher Gewerbeimmobilienmarkt

LBBW-Chefvolkswirt Kraemer wirft Blick auf Immobilienmärkte

Deutsche Büroimmobilien leiden immer noch unter den ungewissen Auswirkungen des Homeoffice. Bei Wohnimmobilien ist die Entwicklung zweigeteilt: Die Preise für Einfamilienhäuser steigen wieder, während bei gewerblich nachgefragten Wohnungen die Preise bis zum Jahresende weiter nachgeben dürften.

LBBW-Chefvolkswirt Kraemer wirft Blick auf Immobilienmärkte

„Wir sind in der Warteschleife“

LBBW-Chefvolkswirt Kraemer erwartet Bodenbildung bei Gewerbeimmobilien zum Jahresende – Büros schwächeln weiter

tl Frankfurt

Die Umsätze im gewerblichen Immobilien-Investmentmarkt haben im zweiten Quartal angezogen. Dadurch ergab sich im ersten Halbjahr ein deutliches Plus im Vergleich zum Vorjahr. Besonders gefragt waren bei professionellen Anlegern Wohnimmobilien, Logistik und Einzelhandelsobjekte. Büros sind weiterhin weit von ihrer einstigen Spitzenposition entfernt.

Büropreise fallen weiter

„Wir sind in einer Warteschleife“, beschrieb Moritz Kraemer, Chefvolkswirt der LBBW, die Lage auf den gewerblichen Immobilienmärkten. „Wir sehen weiter fallende Preise bei den Büroimmobilien. Dazu tragen die schwache wirtschaftliche Gesamtlage und die hohen Leerstandsquoten bei“, sagte er am 10. Juni bei der Vorstellung des jüngsten LBBW Immobilien Quarterly. Marktstützend wirke die geringe Zahl an Baugenehmigungen.

Im ersten Quartal gingen die Preise nach Angaben des Pfandbriefbankenverbandes VDP nur noch um etwa 0,6% zurück. „Das ist aber trügerisch. Denn die Umsätze waren im Vergleich zum langfristigen Mittel sehr, sehr gering.“ Kraemer bezeichnete dies als „Aussitzen für Fortgeschrittene“.

Die Puste kann ausgehen

Beim Aussitzen könne einem aber auch die Puste ausgehen, warnte der LBBW-Chefvolkswirt. „Denn man muss die Liquidität und die Solvenz so lange vorhalten können.“ Immerhin verringerten sich die langfristigen Zinsen nur langsam. „Es kann so weit kommen, dass Notverkäufe nur herausgezögert werden und plötzlich geballt auftauchen.“ Kraemer erwartet noch etwa 8% Preisrückgang. „Wenn wir das Niveau von 2017 erreicht haben, müsste die Talsohle durchschritten worden sein.“

Das Homeoffice werde langfristig bleiben. Allerdings nehme die Zahl derer, die ausschließlich von zu Hause arbeiten, wieder ab. „Besonders bemerkenswert ist, dass die Homeofficequote in den Branchen besonders hoch ist, die für den Büromarkt besonders relevant sind.“ Das sind Informationstechnik, Beratung, Finanzdienstleistungen und Versicherungen. Kraemer gibt zu bedenken: „In vielen Verträgen, die jetzt zur Neuverhandlung anstehen, ist das Homeofficephänomen noch gar nicht berücksichtigt.“

Bei Wohnen sieht es besser aus

„Bei den Wohnimmobilien sieht es etwas positiver aus“, so Kraemer weiter. „Wir glauben, dass Teile des Marktes, also Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen, die Talsohle durchschritten haben. Die Bewertung der Wohnimmobilien hat sich in Deutschland viel stärker korrigiert als in anderen europäischen Staaten. Damit ist das Bewertungsniveau im Vergleich zum langfristigen Mittel wieder ganz okay.“ Stützend wirkten das Mietwachstum, das dynamische Bevölkerungswachstum und der darniederliegende Auftragseingang im Wohnungsbau.

Im gewerblichen Wohnungsmarkt ist der LBBW-Chefvolkswirt skeptischer. „Die Bodenbildung dürfte noch bis Jahresende dauern.“

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