IM GESPRÄCH: KAI OSTERMANN

Leasing-Branche steht vor weiterem Rekordjahr

BDL-Präsident sieht auch 2017 Wachstum, doch Regulierung bereitet Sorge - Konsolidierung geht weiter

Leasing-Branche steht vor weiterem Rekordjahr

Von Andreas Heitker, BrüsselIn der deutschen Leasing-Branche hält der Schwung aus dem Rekordjahr 2016 weiter an. Der seit zwei Monaten amtierende neue Präsident des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL), Kai Ostermann, kündigte für das erste Halbjahr bereits ein “spürbares Wachstum” an. “Auch im Gesamtjahr wird es Wachstum geben”, sagte er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Im vergangenen Jahr hatte die Branche ein Neugeschäft von 64,2 Mrd. Euro verbucht – so viel wie nie zuvor.Für Verunsicherung auch in den eher mittelständisch geprägten Leasing-Gesellschaften sorgt nach Angaben von Ostermann aktuell der Brexit. Er verwies in dem Gespräch auf die starken Verflechtungen der deutschen und britischen Wirtschaft. “Derzeit ist es aber noch völlig unklar, wie genau der Brexit im Endeffekt gestaltet wird und welche Dominoeffekte er haben könnte.”Chancen sieht Ostermann unter anderem beim Thema Digitalisierung. Zwar habe man heute mit anderen Leasing-Objekten zu tun und brauche mehr Klarheit darüber, wem die Daten dieser Objekte gehörten, sagte der BDL-Präsident. Er sehe aber zugleich auch die Möglichkeit, Kunden im Zuge der Digitalisierung ganz neue Services mit viel stärker nutzungsabhängigen Ratenzahlungen anbieten zu können. “Solche Modelle gibt es im Grundsatz schon lange – wie Kopierer, die nach Anzahl der gedruckten Kopien bezahlt werden, oder bei Autos mit Kilometerverträgen. In einer digitalen Welt gibt es aber ganz neue Möglichkeiten, Daten auch für neue Angebotspakete zu nutzen.”Zudem könnte auch das Online-Geschäft der Branche, das mit einem Anteil von maximal 1 % bis 2 % des Gesamtmarktes heute “eine eher zu vernachlässigende Größe” darstellt, einen Schub erfahren. Es gebe immer noch eine Vielzahl an Problemen, von der Online-Identifizierung bis zur digitalen Unterschrift. Sofern die rechtlichen Fragen aber geklärt seien, “sind deutliche Steigerungen im Online-Vertrieb vor allem in dem kleinteiligen, eher standardisierten Geschäft vorstellbar, weniger bei den größeren Abschlüssen”.Weiter Sorgen bereitet der Branche dagegen die Regulierung, vor allem da sie in eine Finanzmarktregulierung eingebunden ist, die eigentlich ganz auf Banken ausgerichtet ist. “Leasing-Gesellschaften sind aber ,a different kind of animal`, wie man so schön sagt”, meint Ostermann. Natürlich gebe es auch Parallelen, aber die Leasing-Branche sei mittelständisch geprägt – mit kleineren Unternehmen und einem anderen Risiko. “Es gab im Zuge der Krise keine Leasing-Gesellschaft, die umgekippt ist und mit Steuergeldern gerettet werden musste.”Das Missachten der Proportionalität in der Bankenregulierung nach der Krise hat nach Worten des BDL-Präsidenten in der Leasing-Branche “zu einem tiefgreifenden Konsolidierungsprozess beigetragen”. Die Zahl der Anbieter sei seither deutlich zurückgegangen. “Und wir befürchten, dass dieser Prozess noch nicht zu Ende ist”, so Ostermann. Die Geschwindigkeit dieser Konsolidierung habe zwar abgenommen. Aber aktuell gehe die Anzahl der Leasing-Unternehmen in Deutschland immer noch um bis zu 20 pro Jahr zurück.”Das ist nicht nur auf das Thema Regulierung zurückzuführen. Diese spielt dabei aber immer auch eine Rolle”, betont Ostermann, der von der Politik – vor allem in Brüssel – wieder eine stärkere Differenzierung und mehr Proportionalität in der Regulierung fordert, zum Beispiel bei den Offenlegungs- und Meldevorschriften. Es gebe mittlerweile allerdings Anzeichen dafür, dass dies in Brüssel ebenfalls so gesehen werde, gab er sich optimistisch.Das Bemühen der EU-Kommission, eine europäische Kapitalmarktunion aufzubauen, verfolgt der Verband mit einer gewissen Skepsis. “Dem Wettbewerb mit Kapitalmarktanbietern bei der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen wollen wir uns gerne stellen”, unterstreicht Ostermann. Es dürfe durch die Politik aber keine Präferenz für Kapitalmarktprodukte ausgerufen werden. Diese gebe es im deutschen Mittelstand nämlich gar nicht. Dieser brauche für sein Geschäft eher kleinere Banken und Leasing-Unternehmen. “Mit seiner Wirtschaftsstruktur benötigt Deutschland auch ein anderes Finanzsystem als etwa Frankreich oder Großbritannien.” WiederbelebungsversucheDass im Zuge der Kapitalmarktunion der Verbriefungsmarkt in Europa wiederbelebt werden soll, wird vom BDL begrüßt. Verbriefungen seien auch für die Leasing-Branche ein interessantes Finanzinstrument. Die jüngste Einigung in Brüssel auf einen neuen Gesetzesrahmen sieht laut Ostermann aber noch hohe Anforderungen in Bezug auf den Risikoselbstbehalt und die Eigenkapitalunterlegung vor, die abschreckend wirken könnten. “Wir haben daher gewisse Zweifel, dass es damit jetzt wirklich gelingt, dem Markt einen neuen Schub zu geben.”Auch die Brüsseler Vorschläge zu neuen Insolvenzregeln stoßen nur begrenzt auf Wohlwollen: “Für uns wäre es ein Problem, wenn wir im Zuge der neuen Regeln in bestimmten Fällen Rechte an Leasing-Objekten – also an unserem Eigentum – verlieren würden, zum Beispiel für eine längere Zeit Zugriffsrechte, während die in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Kunden die Objekte ohne Aufwandsentschädigung weiter nutzen könnten”, so Ostermann. Dann würden bestimmte Geschäfte, die stark aufs LeasingEigentum abstellten, nicht mehr gemacht.