Zinsanstieg

Lebensversicherer erhöhen Verzinsung

Immer mehr Lebensversicherer zahlen ihren Kunden wieder höhere Zinsen. Garantiezins und Überschussbeteiligung steigen 2024 auf durchschnittlich 2,45% – von 2,2% im Jahr 2023.

Lebensversicherer erhöhen Verzinsung

Lebensversicherer erhöhen Verzinsung

„Der Trend zeigt nach oben“ – Zinszusatzreserve verzögert Anpassung

dpa-afx Frankfurt
dpa-afx Frankfurt

Millionen Altersvorsorgesparer können nach Jahren der Flaute wieder mit höheren Zinsen für Lebensversicherungen rechnen. „Der Trend zeigt nach oben. Viele Anbieter gehen diesen Schritt“, sagt Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata. Mehrere Versicherer, darunter Branchenprimus Allianz Leben, haben die laufende Verzinsung fürs kommende Jahr 2024 bereits angehoben. „Der Zins ist zurück. Davon profitieren alle Angebote“, sagt Vorstandsmitglied Volker Priebe. Verbraucherschützer sehen allerdings „Luft nach oben“.

0,25 Prozentpunkte mehr

Versicherungsexperte Heermann rechnet bei klassischen privaten Rentenversicherungen mit einer Erhöhung der laufenden Verzinsung aus Garantiezins und Überschussbeteiligung auf durchschnittlich etwa 2,45% – nach 2,2% in diesem Jahr. „Das ist ein deutliches Signal, nachdem es in diesem Jahr noch eher zaghaft nach oben gegangen ist“, sagt der Experte. Bei Produkten mit abgespeckter Garantie könnte die laufende Verzinsung auf 2,5% steigen.

Lars Gatschke vom Bundesverband der Verbraucherzentralen sieht aber „noch Luft nach oben. Man bekommt für Tagesgeld inzwischen mehr als bei der Überschussbeteiligung.“ Ein wichtiger Grund für die Verzögerung ist aus seiner Sicht der Kapitalpuffer – im Fachjargon Zinszusatzreserve genannt. Lebensversicherer mussten den Puffer in der Zinsflaute aufbauen, um die hohen Versprechen von bis zu 4% für Altverträge abzusichern. Dieses Geld konnte nicht an die Kunden ausgeschüttet werden. „Beim Abbau der Zinszusatzreserve wäre mehr drin, wenn die Auflösung schneller gehen könnte. Davon könnten Kunden bei der Überschussbeteiligung profitieren“, sagt Gatschke.

Die laufende Verzinsung setzt sich zusammen aus der Überschussbeteiligung, über deren Höhe die Versicherer je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie entscheiden, und dem vom Bundesfinanzministerium festgelegten Höchstrechnungszins – auch Garantiezins genannt. Die laufende Verzinsung bezieht sich nur auf den Sparanteil unter anderem nach Abzug von Abschluss- und Vertriebskosten. Hinzu kommt am Ende der Laufzeit des Vertrages der Schlussüberschuss.

Experte Heermann sieht im Anstieg der laufenden Verzinsung einen eher langwierigen Prozess. „Versicherer können ihre langfristig angelegten Gelder nicht von heute auf morgen komplett umkrempeln.“ Ein Großteil des Geldes der Assekuranzen steckt in vergleichsweise niedrig verzinsten Anleihen mit guter Bewertung und langen Laufzeiten aus den vergangenen Jahren. Deren Marktwert ist durch die stark gestiegenen Zinsen gesunken.

Dadurch sind stille Lasten in Bilanzen entstanden. Würden die Versicherer die Papiere vor Ablauf der Fälligkeit verkaufen müssen, würden sie damit Verluste machen. Die Wahrscheinlichkeit von Verlustverkäufen im großen Stil hält Heermann zwar für sehr gering. Die stillen Lasten würden die Unternehmen aber zur Vorsicht zwingen.

Weitere Gesellschaften erhöhen

Neben der Allianz erhöhen unter anderem auch die R+V, die Alte Leipziger, die Nürnberger Leben und Ergo die Gesamtverzinsung einschließlich Schlussüberschuss. Andere Versicherer halten die Verzinsung stabil, etwa die Axa Lebensversicherung oder die Bayern Versicherung Lebensversicherung nach einer Anhebung 2023.

Für ein höheres Zusatzplus im Alter könnte längerfristig für Neukunden auch die Empfehlung der Deutschen Aktuarvereinigung sorgen, den Höchstrechnungszins von zurzeit 0,25% ab 2025 auf 1% zu erhöhen. Die endgültige Entscheidung trifft das Bundesfinanzministerium. Altverträge sind nicht betroffen.