Lebensversicherer pokern um Zinspuffer

Branche zapft kaum Reserven an und hofft auf Berlin

Lebensversicherer pokern um Zinspuffer

ak Düsseldorf – Die Lebensversicherer gehen davon aus, dass sich die Bundesregierung in Sachen Zinszusatzreserve (ZZR) zügig bewegt. Unternehmen der Branche haben zu Jahresbeginn ihre Kapitalanlagepolitik darauf eingestellt. “Im Moment ist es so, dass wir auf die Neuregelung setzen und noch keine stillen Reserven aufgelöst haben”, sagte Volker Heinke, Kapitalanlagenvorstand der Provinzial Rheinland, am Dienstag in Düsseldorf. Mit dieser Taktik steht der öffentliche Versicherer nicht alleine da. Heinke schätzt, dass ein Großteil der Branche ähnlich agiert.Die Lebensversicherer und die Finanzaufsicht BaFin fordern eine Entlastung bei der Dotierung der Zinszusatzreserve, um die Unternehmen kurzfristig nicht zu überfordern. Im vergangenen Jahr haben die deutschen Lebensversicherer 15 Mrd. Euro zur ZZR zugeführt, die seit 2011 zur Absicherung der hohen Garantieversprechen der Vergangenheit gebildet werden muss. Der gesamte Topf ist auf rund 60 Mrd. Euro angeschwollen. Im laufenden Jahr würde die Reservebildung noch höher ausfallen. Deshalb soll die Berechnungsmethode verändert werden. Die vorgeschlagene “Korridor-Methode” würde von der Provinzial Rheinland statt knapp 300 Mill. Euro ZZR in diesem Jahr 150 bis 200 Mill. Euro weniger verlangen, sagte Heinke.Auch die Debeka hält sich zurück. “Wir haben derzeit noch bewusst keine stillen Reserven gehoben”, sagte Vorstandsmitglied Roland Weber der Börsen-Zeitung. Wenn die Änderung der Berechnungsmethode komme, könne die Debeka die erforderliche Dotierung 2018 komplett aus dem operativen Ergebnis finanzieren. Er wies darauf hin, dass eine Neuregelung spätestens bis zum 1. Dezember wirksam werden müsse, da die Branche sonst nach alter Methodik noch reservieren müsste. “Geiselhaft” angeprangertDie Änderung der Berechnungsmethode kann das Bundesfinanzministerium eigentlich allein beschließen. Denn hier geht es lediglich um eine Verordnung. Aus Transparenzgründen will die Politik das Thema aber im Finanzausschuss diskutieren, der sich in diesem Jahr darüber hinaus mit der Überprüfung des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) beschäftigt. Die Provinzial Rheinland ärgert sich über die Verquickung von LVRG und dem “sinnvollen Vorschlag” zur Neuregelung der ZZR. “Das mit der Evaluation des LVRG zu verbinden, halte ich für Geiselhaft”, sagte Provinzial-Leben-Vorstand Guido Schaefers.Die Ergo hat ihre Strategie ebenfalls auf eine neue Berechnungsmethode ausgerichtet und im ersten Quartal weniger Bewertungsreserven gehoben als im Vorjahr. Im Ergebnis trug das unter anderem dazu bei, dass das Kapitalanlageergebnis der Ergo Leben in den ersten drei Monaten zurückging. Den (negativen) Nettoeffekt bezifferte Finanzchef Christoph Jurecka auf 28 Mill. Euro. “Für den Fall, dass die Regelung geändert wird, wollen wir nicht zu viel getan haben.”Doch was passiert, wenn sich die Berechnungsmethode wider Erwarten nicht ändert? Dann müssten die Lebensversicherer geballt im zweiten Halbjahr stille Reserven heben und würden damit innerhalb viel kürzerer Zeit Zinspapiere im Milliardenvolumen auf den Markt werfen. Die Branche fürchtet den Preisdruck.