Leichter Anstieg der Spreads für Pfandbriefe zu erwarten
“Endlich!” werden sich viele Marktteilnehmer gedacht haben: Am 14. Juni 2018 hat die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrer Ratssitzung einen großen Schritt in Richtung Normalisierung ihrer Geldpolitik getan. Mit der Verkündung des Endes der Nettoankäufe sollte sich bei vielen Anleiheinvestoren Erleichterung breitgemacht haben. So wird die EZB bis September monatlich für 30 Mrd. Euro Anleihen kaufen, ab Oktober 2018 bis einschließlich Dezember 2018 monatlich 15 Mrd. Euro. Im neuen Jahr wird es keine Nettoanleihekäufe mehr geben. Fälligkeiten werden allerdings noch “geraume Zeit” nach dem Ende der Nettokäufe reinvestiert.Im Rahmen des breit angelegten Ankaufprogramms für Vermögenswerte (APP) kaufen die nationalen Notenbanken schon seit Oktober 2014 im Auftrag der EZB Anleihen am Markt auf. Ziel ist es, durch die Käufe die Inflation wieder in Richtung ihres Zielwertes von unter, aber nahe 2 % zu bringen. Im Ergebnis hat sich die Bilanz des Eurosystems um das Ankaufvolumen von beinahe 2,5 Bill. Euro – von 2,0 Bill. Euro auf 4,5 Bill. Euro – verdoppelt. Den Anfang des APP machten im Oktober 2014 Käufe von Covered Bonds (Covered Bond Purchase Programme 3 = CBPP3) und Asset Backed Securities (ABSPP).Während bei den ersten zwei Ankaufprogrammen für gedeckte Wertpapiere (CBPP1 und CBPP2) Zielvolumen und Ende von vornherein festgelegt waren, blieben beim CBPP3 diese wesentlichen Details offen. Mit der Ausweitung der Käufe auf Anleihen aus dem öffentlichen Sektor (PSPP), wie Staatsanleihen sowie Papiere von staatsnahen Unternehmen, wurde das APP dann im März 2015 bedeutend erweitert. Im Juni 2016 kamen zudem Unternehmensanleihen (CSPP) hinzu. Mit 2,0 Bill. Euro macht das PSPP das Gros des Gesamtankaufprogramms aus. Auf das CSPP entfallen 162 Mrd. Euro. Das ABSPP ist mit 28 Mrd. Euro eher von geringer Bedeutung. Covered Bonds liegen mit knapp 255 Mrd. Euro an zweiter Stelle.Werden noch die Volumina aus dem CBPP1 und dem CBPP2 berücksichtigt, ist die EZB mit insgesamt 264 Mrd. Euro am Covered-Bond- Markt investiert. Das weltweit ausstehende Covered-Bond-Volumen liegt bei rund 2,5 Bill. Euro (ECBC: Stand Ende 2016). Davon kommen knapp 1,3 Bill. Euro aus ankauffähigen Ländern des Euroraums. Davon ausgehend, dass die EZB ihre Käufe mehrheitlich im liquideren Benchmark-Segment ausübt, würde die EZB derzeit mehr als 40 % des ausstehenden, ankauffähigen Covered-Bond-Benchmark-Volumens von 643 Mrd. Euro (Stand: erstes Halbjahr 2018) auf sich vereinen.Während sich die EZB insbesondere in den ersten zwölf Monaten des CBPP3 mit einem Anteil von durchschnittlich 75 % vor allem auf den Sekundärmarkt konzentrierte, sorgte die abnehmende Liquidität dafür, dass die weitere Entwicklung des Covered-Bond-Ankaufprogramms stark von den Primärmarktaktivitäten abhängig war. Dies wirkte sich auch auf die Ankaufvolumina aus, welche sich von anfangs 10 bis 12 Mrd. Euro auf 3 bis 4 Mrd. Euro reduzierten.Die starke Primärmarktpräsenz der EZB spiegelte sich auch in den Orderbüchern wider. Lag der Anteil an Zentralbanken und staatsnahen Investoren vor Beginn des dritten Ankaufprogramms im Schnitt bei 10 bis 15 %, führten die zunehmenden Käufe der EZB dazu, dass sich dieser auf mehr als zwei Drittel erhöhte. Gleichzeitig kam es infolge der starken EZB-Nachfrage zu einem Rückgang der Risikoaufschläge. Gemessen am Benchmark-Index iBoxx aé¼ Covered lag dieser in der Spitze bei minus 30 Basispunkten.Noch größer stellte sich das Ausmaß in den Jurisdiktionen aus der Peripherie dar; mit Einengungen von mehr als 100 Basispunkten. Die Funktion des Asset-Swap-Spreads als Instrument zur Risikodifferenzierung wurde damit beinahe ad absurdum geführt. Dies hatte auch Auswirkungen auf das Renditeniveau. Am Tiefpunkt – im Sommer 2016 – notierten mehr als 80 % aller im iBoxx aé¼ Covered notierten Benchmark Covered Bonds im negativen Renditebereich. Im Ergebnis wurden immer mehr klassische Investoren – wie Banken, Assetmanager, aber auch Versicherungen – aus dem Markt gedrängt.Auch der deutsche Pfandbriefmarkt – als größter Covered-Bond-Markt der Eurozone – konnte sich der Einflussnahme der EZB nicht entziehen. So ging zum Beispiel der Anteil an Bankinvestoren von durchschnittlich 54 % im Jahr 2013 auf 37 % im Jahr 2017 zurück. Leichte Rückgänge waren auch bei den Assetmanagern (von 25 auf 19 %) sowie den Versicherungen (von 7 auf 4 %) zu verzeichnen. Im gleichen Zuge stieg die Quote an Zentralbanken und öffentlichen Instituten von durchschnittlich 12 auf 39 %.Andererseits kann der deutsche Pfandbrief auch von seiner 250-jährigen Historie profitieren. So ist die Investorenbasis mit Anteilen von mehr als 70 % schon seit jeher eng im deutschsprachigen Raum verankert. Darüber hinaus ist der deutsche Pfandbrief bei Anlegern aus dem Ausland, auch außerhalb des Euroraums, wie zum Beispiel in Asien sowie in den skandinavischen Ländern fest etabliert. Diese Tradition sollte auch nach dem Ausstieg der EZB zu einer ausreichenden Nachfrage insbesondere im Benchmark-Format beitragen. Allerdings werden bei der Preisfindung Bonität und Größe der Emittenten dann wieder eine bedeutendere Rolle spielen. Dies dürfte sich in größeren Spread-Bandbreiten widerspiegeln.Zudem haben der starke Gesetzesrahmen – in Form des Pfandbriefgesetzes – sowie die qualitativ hochwertigen Deckungswerte auch schon vor Beginn der EZB-Käufe dazu beigetragen, dass die Risikoaufschläge deutscher Pfandbriefe auf einem niedrigen Niveau lagen. Dementsprechend bewegte sich auch die Einengung der Spreads auf einem vergleichsweise moderaten Niveau. Ein Ausstieg der EZB aus den Ankäufen dürfte demnach auch nur eine begrenzte Gegenbewegung bei Pfandbriefen deutscher Emittenten auslösen. Davon abgesehen wird sich die EZB nur schrittweise vom Markt verabschieden. Fällig werdende Papiere unter dem CBPP3 sollen ab 2019 auch weiterhin wieder angelegt werden. Dabei sollte es sich um ein jährliches Volumen von rund 20 Mrd. Euro handeln, womit die monatlichen Käufe der EZB von Covered Bonds aus dem Euroraum bei ca. 1,5 bis 2,0 Mrd. Euro liegen würden. Als einer der führenden Emittenten am Pfandbriefmarkt beobachtet die LBBW die aktuellen Entwicklungen genau. Das laufende Geschäftsjahr 2018 hat für die Bank sehr gut begonnen. Am 2. Januar eröffnete sie – wie bereits in den Vorjahren – erneut den Pfandbriefmarkt; in diesem Jahr mit einem siebenjährigen Hypothekenpfandbrief über 1 Mrd. Euro. Der Spread dieser Emission lag bei 20 Basispunkten unter Mid-Swaps und damit auf dem günstigsten Niveau, mit dem je ein Pfandbrief in Euro bepreist wurde.Vor dem Hintergrund des bevorstehenden Ausstiegs der EZB aus ihrem Quantitative-Easing-Programm ist es aus heutiger Sicht kaum vorstellbar, dass ein solches Spreadniveau kurz- bis mittelfristig noch einmal erreicht wird. Vielmehr ist zu erwarten, dass sich die Spreads für deutsche Pfandbriefe ausweiten dürften, wenngleich nicht in demselben Maß wie für Covered Bonds aus anderen Ländern.Ist das Ganze nun eine unumkehrbare Entwicklung, oder gibt es für die Emittenten Möglichkeiten, gegenzusteuern? Um die erwarteten Effekte zumindest bis zu einem gewissen Grad zu minimieren, sollten Emittenten die gedeckte Refinanzierung auf eine möglichst breite Basis stellen: Da ist zum einen die Verbreiterung der Investorenbasis, sowohl geografisch als auch nach Anlegertyp. Dabei sind kontinuierliche Marketingaktivitäten eine grundlegende Voraussetzung, um neue Investorengruppen zu erreichen – und bestehende Investoren zu pflegen. Eine weitere Möglichkeit für Emittenten ist die Diversifikation der Emissionswährungen. Als gängige Alternativen bieten sich etwa Pfandbriefe in US-Dollar oder britischen Pfund an. Die LBBW zum Beispiel ist bereits seit Jahren ein erfolgreicher Emittent von US-Dollar-Pfandbriefen. Im Mai 2018 begab sie folgerichtig eine Debütemission in britischen Pfund.Für Emittenten ist nicht zuletzt auch die Weiterentwicklung des Produkts “Pfandbrief” eine Option. Vor allem Green und Social Bonds haben in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Emittenten und Investoren begeistern sich für diese neuen nachhaltigen Kapitalmarktprodukte; entsprechend stark sind die Emissionsvolumina gestiegen. Für die LBBW hat das Marktsegment der nachhaltigen Investments eine große Bedeutung. Nachdem sie Ende 2017 ihren ersten eigenen unbesicherten Green Bond begeben hatte, folgte im Juni 2018 der erste Green Bond in Form eines Hypothekenpfandbriefs.—-Uwe Burkert, Chefvolkswirt und Leiter Research der LBBW Landesbank Baden-Württemberg—-Thierry Nardon, Leiter Treasury der LBBW Landesbank Baden-Württemberg