Lichtjahre entfernt
Die Diskussion über die Schaffung einer europäischen Bankenunion nähert sich – und das ist schon mal ein großer Fortschritt – allmählich der Wirklichkeit an. Das wurde beim EU-Finanzministertreffen am Dienstag in Luxemburg deutlich, das hatte schon am Vorabend ein Symposium des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) offenbart und das zeigt nicht zuletzt die in Gang gekommene rechtswissenschaftliche Debatte. Und die Wirklichkeit ist: Von einer Bankenunion sind Euroland oder die EU Lichtjahre entfernt.Zwölf Wochen bevor es nach den von Beginn an illusorischen Brüsseler Vorstellungen mit einem einheitlichen, von der EZB dominierten Aufsichtsmechanismus für “Euro-beschirmte” Banken losgehen soll, steht die Diskussion gerade mal am Anfang. Mehr noch: Tag für Tag werden Beteiligte und Betroffene neuer Hindernisse gewahr. Das liegt primär nicht etwa daran, dass interessegeleitete Bedenkenträger aus den Verbänden der Kreditwirtschaft ihrer Arbeit hier auf besonders destruktive Weise nachgehen. Es liegt vielmehr daran, dass das historische Projekt Bankenunion, das ja prinzipiell durchaus zu Nutz und Frommen der Banken wie ihrer verschiedenen Stakeholder und nicht zuletzt der Steuerzahler sein kann und soll, bisher nicht annähernd zu Ende gedacht ist.Einheitliche Aufsicht in der EU kann schlecht nach unterschiedlichen nationalen Regeln ausgeübt werden. Doch schon am notwendigen “Single Rule Book” als – BaFin-Präsidentin Elke König wies darauf hin – “zwingende Voraussetzung” einer Bankenunion fehlt es. Hier, wo es um hoheitliche Eingriffe geht, gegen die sich die Beaufsichtigten ja wehren können müssen, sind der Rechtsstaat und die demokratische Kontrolle berührt. Will man nach all den Rechtsbrüchen im Zusammenhang mit der Euro-Schuldenkrise beides auch noch an dieser Stelle aushebeln?Ob die Bankenaufsicht bei der EZB überhaupt gut aufgehoben wäre, ist auch mitnichten geklärt. Bevor man sich damit befasst, ob die Notenbank 60 oder 6 000 Institute überwachen soll, wäre aber erst einmal die grundsätzliche Frage zu beantworten, wie die evidenten Interessenkonflikte zwischen Geldpolitik und Bankenaufsicht gelöst werden sollen. Auch in diesem zentralen Punkt, in dem sich die bisherigen Aufsichtsmodelle ja nicht ohne Grund von Land zu Land unterscheiden, driften die Meinungen in der aktuellen europäischen Diskussion eher auseinander, als dass sie konvergieren. Auch daher muss gelten: “Qualität vor Zeitplan.” Zumindest außerhalb Brüssels scheint sich diese Einsicht durchzusetzen.