KOMMENTAR

Liebesgrüße aus Aschheim

Die Coronakrise hat der LBBW das Geschäft verhagelt - dieser Gedanke drängt sich beim Blick in den Halbjahresbericht der Landesbank auf. Erstmals seit Jahren ist es den Stuttgartern nicht gelungen, das Halbjahresergebnis zu steigern. Rechnerisch...

Liebesgrüße aus Aschheim

Die Coronakrise hat der LBBW das Geschäft verhagelt – dieser Gedanke drängt sich beim Blick in den Halbjahresbericht der Landesbank auf. Erstmals seit Jahren ist es den Stuttgartern nicht gelungen, das Halbjahresergebnis zu steigern. Rechnerisch steckt dahinter der massive Anstieg der Risikovorsorge, die sich im Vergleich zum Vorjahr auf 281 Mill. Euro mehr als vervierfachte. Schlägt sich da schon die Not der Autobauer und der mittelständisch geprägten schwäbischen Weltmarktführer nieder, die schon vor dem Ausbruch der Pandemie in Europa mit Lücken in der Lieferkette zu kämpfen hatten?Wohl eher nicht. Im Finanzbericht führt die Landesbank den massiven Anstieg der Risikovorsorge vor allem auf Einzelfälle zurück. Besonders ins Kontor geschlagen hat offenbar die niemals dementierte 200-Mill.-Euro-Kreditlinie an den in Aschheim bei München ansässigen Zahlungsdienstleister Wirecard.Wie zu hören ist, macht der in diesen Tagen fertiggestellte Bericht des Insolvenzverwalters Michael Jaffé den Wirecard-Gläubigern wenig Hoffnung auf eine hohe Verwertungsquote. Konsequenterweise hat die LBBW den aus dem Engagement resultierenden Verlust von 160 Mill. Euro komplett abgeschrieben. Somit bleiben nur noch gut 121 Mill. Euro für weitere Einzelfälle und das im Zusammenhang mit den Folgen der Corona-Pandemie gebildeten “Post-Model-Adjustment”. Mit dieser auf Individualmodellen und branchenbezogenen Einschätzungen basierenden Nachjustierung reagiert die LBBW darauf, dass die bislang zur Berechnung der Risikovorsorge eingesetzten Modelle auf historischen Daten basieren, in denen ihre Kunden sich mit anderen Problemen herumschlagen mussten als mit einer globalen Pandemie.Wie dem Risikobericht zu entnehmen ist, musste die LBBW lediglich 0,8 % des gesamten Kreditportfolios als Problemkredit bezeichnen, und auch die Ratingverschlechterungen scheinen eher anekdotischen Charakter gehabt zu haben. Offensichtlich sind die Folgen von Pandemie und Lockdown bei der Mehrzahl der LBBW-Kunden bislang noch gar nicht angekommen. Wie tief die Corona-Schleifspuren in der Bilanz tatsächlich ausfallen, wird sich wohl frühestens im nächsten Jahr zeigen, wenn die Unternehmen wieder ohne staatliche Unterstützung ihre Kredite zurückzahlen müssen.