ZERTIFIKATE

Lieferung per Express

Das Marktvolumen von Expresszertifikaten klettert massiv. Aus gutem Grund: Denn bei konservativer Ausstattung liefern diese Produkte mit hoher Wahrscheinlichkeit positive Erträge. Von Werner Rüppel Wer spart, der hat es aufgrund der...

Lieferung per Express

Das Marktvolumen von Expresszertifikaten klettert massiv. Aus gutem Grund: Denn bei konservativer Ausstattung liefern diese Produkte mit hoher Wahrscheinlichkeit positive Erträge.Von Werner RüppelWer spart, der hat es aufgrund der Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank zunehmend schwer. So hat zum Beispiel nach der Raiffeisenbank Gmund am Tegernsee und mehreren anderen Instituten jetzt auch der Discountbroker Flatex negative Zinsen eingeführt: Seit dem 15. März werden auf Bareinlagen 0,4 % im Jahr in Rechnung gestellt.Höhere Erträge als mit Sicht- und Termineinlagen oder Bundesanleihen lassen sich am Markt für strukturierte Produkte erzielen. Dazu müssen Anleger allerdings bereit sein, ein gewisses Aktienmarktrisiko zu tragen. Die Lösung, die in den vergangenen Monaten am stärksten an Volumen zugelegt hat, sind Expresszertifikate. Denn diese Papiere liefern bei konservativer Ausstattung mit hoher Wahrscheinlichkeit positive Erträge und haben diese Eigenschaft in den vergangenen Jahren auch unter Beweis gestellt. “Expressstrukturen gehören aktuell zu den interessantesten Produkten am Zertifikatemarkt”, sagt Hussam Masri, Managing Director und Zertifikatexperte der Deka. Die Statistik des Deutschen Derivate Verbands (DDV) unterstreicht das beeindruckende Wachstum der Expresse. So waren Ende 2013 gerade einmal 4,8 Mrd. Euro in Expresszertifikaten angelegt, die damit auf einen Anteil von 5,7 % am Gesamtmarkt für derivative Wertpapiere kamen. Bis Ende 2015 kletterte der Marktanteil dieser Strukturen bereits auf 10 % bei angelegten Geldern von 6,1 Mrd. Euro. Und bis zum Jahrende 2016 stieg das Volumen der Expresszertifikate laut DDV auf 10,2 Mrd. Euro, so dass ihr Marktanteil satte 17 % beträgt. Damit liegen sie zum Beispiel noch vor den Aktienanleihen. Die führenden Häuser bei Expressen, die als klassische Vertriebsprodukte gelten, waren per Ultimo 2016 übrigens die DZ Bank mit einem Marktanteil von 28,8 % vor der LBBW (17,5 %), der Deutschen Bank (16,2 %) und der Deka (14,9 %).Expressstrukturen werden häufig auf den Euro Stoxx 50 sowie auf Standardaktien als Basiswert begeben. Überschreitet der Basiswert im Rahmen der meist jährlichen Überprüfung die mit Emission bereits festgelegte Tilgungsschwelle, kommt es zu einer vorzeitigen Rückzahlung des Zertifikats. Dann erhält der Anleger zusätzlich zum Nennbetrag eine Prämie, so dass ein positives Ereignis vorliegt. Diese Prämie steigt meist jeweils an, wenn nicht nach einem, sondern nach zwei oder drei Jahren vorzeitig zurückgezahlt wird. Für einen Berater mag es von Vorteil sein, wenn der Express vorzeitig liefert. Denn dann kann er wieder aktiv werden und den Kunden ansprechen.Vor allem sind Expressstrukturen am Ende der Laufzeit von meist drei bis sechs Jahren in aller Regel mit einer niedrigen endfälligen Tilgungsschwelle ausgestattet. Liegt diese zum Beispiel bei einem Produkt auf den Euro Stoxx 50 bei 50 %, kann das Euroland-Aktienbarometer am Ende der Laufzeit bis zu 50 % niedriger als zu Beginn der Emission stehen, und es erfolgt trotzdem eine vollständige Rückzahlung des Nennbetrags. Der bei vielen Emissionen üppige Risikopuffer am Ende der Laufzeit von Expressen führt dazu, dass diese eine niedrige Verlustwahrscheinlichkeit aufweisen. Zusätzlich sind die meisten Emissionen inzwischen so ausgestattet, dass auch am Laufzeitende eine Prämie gezahlt wird, falls die Tilgungsschwelle nicht unterschritten wird. Über Jahre positive ErträgeDie hohe Sicherheit von Expressprodukten stellt auch Peter Bösenberg, Zertifikatexperte der Société Générale, heraus: “Expressstrukturen auf den Euro Stoxx 50 mit einer Laufzeit von sechs Jahren und einer endfälligen Schwelle von 50 % haben in den vergangenen Jahren immer funktioniert. Diese hätten auch nach dem Markteinbruch nach Lehman zu einer positiven Auszahlung geführt.” Dass viele Expresse in den vergangenen Jahren geliefert haben, erklärt mit die wachsende Beliebtheit dieser Struktur.Doch lauern auch Fallstricke. Bösenberg rät zum Beispiel bei Expressen, möglichst endfällige Barrieren zu wählen. Denn fortlaufende Barrieren würden eher gerissen und erhöhen damit das Verlustrisiko.Anleger mit einem hohen Sicherheitsbedürfnis sollten darüber hinaus eine Ausstattung mit einem üppigen Risikopuffer bei Laufzeitende bevorzugen. Diese zahlt zwar niedrigere Erträge als eine Emission mit niedrigerem Puffer, bietet aber dafür ein hohes Maß an Sicherheit. Auch bei der Wahl des Basiswerts gilt es aufzupassen. Marktbreite Indizes wie der Euro Stoxx 50 weisen ein niedrigeres Risiko als einzelne Aktien auf. Bei Einzeltiteln sollten Investoren möglichst Standardwerte wählen, von deren Stabilität sie überzeugt sind. Exotische Aktien bergen meist erhebliche Gefahren eines Einbruchs. Dann reicht auch ein eigentlich großzügig erscheinender Puffer mitunter nicht mehr aus.Darüber hinaus müssen sich Investoren die exakten Zahlungsströme eines Expressprodukts genau anschauen. Denn die Derivateindustrie hat es hier bisher nicht geschafft, für identische Features den gleichen Namen zu verwenden. Konservative LösungenIn der Tabelle (siehe links unten) haben wir ausgewählte Expresse aufgeführt. So bietet das Express-Relax-Zertifikat der DekaBank (DE000DK0KG24), das voraussichtlich noch bis zum 7. April gezeichnet werden kann, bei Laufzeitende im Jahr 2023 einen üppigen Risikopuffer auf den Euro Stoxx 50 von 50 %. Hinzu kommen fallenden Rückzahlungsschwellen von 100 % bis zu 80 % im fünften Laufzeitjahr plus ein maßgeblicher Zinsbetrag von 4 % pro Jahr bei Rückzahlung.Noch konservativer gestrickt ist das Express-Plus-Zertifikat der DekaBank (DE000DK0KG32), das bei Laufzeitende nach vier Jahren einen sehr üppigen Risikopuffer von 60 % auf den Euro Stoxx 50 bietet. Dafür fällt die Zinszahlung mit 1,9 % im Jahr eher mager aus. Das Expresszertifikat der Deutschen Bank auf den Euro Stoxx 50 (DE000DB9T6J4) wurde bereits am 7. März 2017 aufgelegt und kann über die Börsen in Stuttgart und Frankfurt erworben werden. Das fünf Jahre laufende Produkt ist mit fallenden Tilgungsschwellen und einem Risikopuffer von “nur” 35 % bei Laufzeitende ausgestattet. Dafür liegt der maßgebliche Zinsbetrag pro Jahr bei 5 %. Liefert der Express nicht vorzeitig, liegt die finale Tilgungsschwelle bei 2 200,328 Punkten im Euro Stoxx 50. Wird dieses Niveau dann am 4. März 2022 mindestens erreicht, erhält der Anleger bezogen auf den Nennwert von 100 Euro eine Zahlung von 125 Euro. Liegt der Euro Stoxx 50 zu diesem Zeitpunkt allerdings unter der genannten Barriere, nimmt der Investor voll an der negativen Wertentwicklung des Euro Stoxx teil.Ähnlich ist ein Expressprodukt der Deutschen Bank auf BASF (DE000DB9T5F4) aufgebaut, das einen Zinsbetrag von 6,1 % im Jahr sowie einen Risikopuffer bei Laufzeitende von 40 % aufweist. Mitunter sind auch gebrauchte Expresse, sofern Stücke noch erworben werden können, interessant. So ist bei einem 2015 aufgelegten Produkt der DZ Bank auf Daimler (DE000DZ42AH3) bisher keine Rückzahlung erfolgt, weil die jährliche Tilgungsschwelle von 81,64 Euro je Daimler-Aktie am 4. Juli 2016 nicht erreicht wurde. Am finalen Bewertungstag, am 5. Juli 2021, liegt die Tilgungsschwelle bei 57,148 Euro je Aktie. Notiert Daimler dann auf oder über dieser Schwelle, werden auch die aufgelaufenen Zinsen von 306 Euro (entsprechend 5,1 % im Jahr) je Nennwert von 1 000 Euro gezahlt.Noch voraussichtlich bis zum 21. April kann ein Best-in-Express-Plus-Zertifikat der HypoVereinsbank auf den Euro Stoxx 50 (DE000HVB2CC1) gezeichnet werden. Maßgeblich für den Startwert des Produkts ist dabei der niedrigste Schlusskurs in der Best-in-Periode vom 24. April bis 23. Juni 2017. Hohen Puffer wählenDas Memory-Express-Airbag-Zertifikat der Société Générale (DE000SE3RNH9) ist bereits am Markt und weist einen üppigen Risikopuffer von 50 % bei Laufzeitende aus. Zusätzlich fallen mögliche Verluste durch die Airbag-Funktion geringer aus als in der klassischen Variante.Insgesamt bergen Expressstrukturen eine Vielzahl von Möglichkeiten. Wichtig bleibt eine konservative Ausstattung mit hohem Risikopuffer. Dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Express auch liefert.