Strategietagung der Commerzbank dauert an

Lindner will sich bei Abwehrschlacht nicht einmischen

Die Commerzbank-Aktie legt am Dienstag weiter zu. Bundesfinanzminister Christian Lindner sendet Signale der Zurückhaltung, während die Strategietagung der Commerzbank andauert.

Lindner will sich bei Abwehrschlacht nicht einmischen

Commerzbank sortiert sich

Bundesfinanzminister lehnt aktive Rolle ab – Stil der Unicredit kritisiert

wf/bg Berlin und Frankfurt

Die Bundesregierung hält sich bei einer möglichen Abwehrschlacht gegen eine feindliche Übernahme der Commerzbank durch die italienische Unicredit zurück. „Das ist eine Angelegenheit von Vorstand und Aufsichtsrat der Commerzbank“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) vor der Presse in Berlin auf die Frage, welche Abwehrmöglichkeiten der Bund habe. Zugleich verteidigte Lindner den Kurs des Beteiligungsverkaufs und bewertete die Art und Weise des Vorgehens von Unicredit.

Die Bundesregierung habe immer klargemacht, dass die Commerzbank privatisiert werden müsse, sagte der Minister. Dies habe allein schon einen ordnungspolitischen Hintergrund. „Der Staat kann nicht auf Dauer Anteilseigner an einem im Wettbewerb stehenden Institut sein“, konstatierte er. Der Bund sei rechtlich verpflichtet, die Anteile diskriminierungsfrei in den Markt zu geben. „Es kann also nicht eine industriepolitische Entscheidung sein“, betonte der FDP-Politiker. „Die Bundesregierung ist zudem offen für die Stärkung des Bankenmarktes in Europa.“ Dies sei eine Entscheidung der Marktteilnehmer.

Schlechter Stil

Lindner zufolge hat das Verhalten der Unicredit aber Fragen aufgeworfen. „Die Stilistik des Vorgehens der Unicredit hat in Deutschland viele Anteilseigner und Stakeholder verunsichert.“ Aus diesem Grund habe die Bundesregierung entschieden, keine weiteren Anteile zu veräußern. Der Bund hält noch 12% an der Commerzbank. Für ein Paket von 4,49% aus Bundesbesitz hatte Unicredit in einem Bookbuilding-Verfahren jüngst den Zuschlag erhalten.

Bei der Commerzbank begann am Dienstag die Strategietagung von Aufsichtsrat und Vorstand. Dort könnten Beschlüsse zu einem Abwehrplan getroffen werden, bekundet die Bank doch, eigenständig bleiben zu wollen. Unicredit hat sich Zugriff auf 21% verschafft und beantragt bei der EZB-Bankenaufsicht die Erlaubnis zu einer Aufstockung auf 29,9%. Ein Anteil von 11% wurde über Optionen erworben, die erst mit aufsichtlicher Erlaubnis final vollzogen sind. Nach Informationen der Börsen-Zeitung sind diese Optionsgeschäfte legal gewesen und stellen damit kein Hindernis für die Unicredit dar bei der angestrebten Commerzbank-Übernahme. Die Commerzbank-Aktie legte am späten Mittag um 2,7% auf 15,25 Euro zu. Zu diesem Zeitpunkt war noch nichts von der Strategietagung bekannt geworden.

Rom beäugt Berliner Reaktionen

Nach Informationen der Börsen-Zeitung wird schon morgen im Bundestag der Anteilsverkauf im Rahmen einer aktuellen Stunde behandelt. Es wurde in den vergangenen Tagen allgemein viel Kritik am Vorgehen der Finanzagentur geäußert, die das Verfahren so aufgesetzt hatte, dass in diesem Unicredit als strategischer Käufer für den vollen zur Auktion stehenden Anteil zum Zuge kam. In der Regel werden solche Bookbuildings so aufgesetzt, dass die Anteile breit gestreut werden.

Einem Bloomberg-Bericht zufolge regt sich in Kreisen der italienischen Regierung Unmut über den Widerstand Deutschlands gegen eine mögliche Übernahme der Commerzbank durch die Mailänder Unicredit. Im Verhältnis Roms zu Berlin zeichneten sich Spannungen ab, heißt es. Es sei zu hören, dass Beamte der Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni hinter vorgehaltener Hand kritisierten, dass Berlin sich für mehr europäische Integration einsetze und sich dann jedoch gegen eine mögliche Übernahme der Commerzbank ausspreche. Bundeskanzler Scholz hatte am Montagabend sein Missfallen über das Vorgehen von Andrea Orcel geäußert.

Wie soll die Commerzbank sich gegen die unerwünschte Annäherung der Unicredit verteidigen? Auf einer Strategietagung ringen Vorstand und Aufsichtsrat um die besten Maßnahmen. Noch ist es offen, ob es politische Unterstützung geben wird. Bundesfinanzminister Christian Lindner will nicht eingreifen.

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