Lloyds Banking Group schreibt Milliarden auf Kredite ab

Geschäftszahlen der schottischen Großbank zeigen Ausmaß der Covid-19-Misere in Großbritannien - Nettozinsmarge schrumpft

Lloyds Banking Group schreibt Milliarden auf Kredite ab

Die Lloyds Banking Group hat eine ganze Milliarde Pfund mehr für mögliche Kreditausfälle zurückgelegt als Analysten auf der Rechnung hatten. Die Geschäftszahlen der schottischen Großbank zeugen von den verheerenden Auswirkungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie. hip London – Die Lloyds Banking Group geht davon aus, dass sie im laufenden Jahr bis zu 5,5 Mrd. Pfund auf faule Kredite abschreiben wird. Wie die schottische Großbank mitteilte, nahm sie bereits im abgelaufenen Quartal Wertberichtigungen von 2,39 Mrd. Pfund vor. Analysten hatten im Schnitt 60 % weniger auf der Rechnung. “Der Ausblick ist seit der Veröffentlichung unserer Zahlen für das Auftaktquartal herausfordernder geworden”, schrieb CEO António Horta-Osório, der das Amt im Juni kommenden Jahres niederlegen will, den Anteilseignern. “Die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns sind viel größer als damals erwartet.” Die Erträge schrumpften um ein Fünftel. Der bereinigte Vorsteuerverlust von 839 Mill. Pfund fiel deutlich höher aus als die 13 Mill. Pfund, die Analysten im Schnitt auf der Rechnung hatten.Auch die Einführung von IFRS 9 dürfte ihren Anteil daran gehabt haben, dass branchenweit mehr Risikovorsorge betrieben wird. Zwar ändert sich durch den Rechnungslegungsstandard nichts an der Gesamtsumme der während eines Zyklus erforderlichen Rückstellungen. Sie fallen jedoch früher an. Es lohnt sich, einen Blick in die Annahmen zu werfen, die den Wertberichtigungen zugrundeliegen. Das Basisszenario unterstellt für das laufende Jahr eine Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts um 10 %. Die Arbeitslosenquote wird bei 7,2 % verortet und für das kommende Jahr auf 7,0 % geschätzt, obwohl für 2021 bereits wieder ein Wirtschaftswachstum von 6,0 % erwartet wird. Das hat Auswirkungen auf den Immobilienmarkt, der für Lloyds als einen der größten Hypothekenanbieter des Landes von besonderem Interesse ist. Für 2020 erwartet das Institut nun einen Rückgang der Wohnimmobilienpreise um 6 %. Gewerbeimmobilien dürften sich dagegen um ein Fünftel verbilligen. Das negativste Szenario geht davon aus, dass die Immobilienpreise drei Jahre lang fallen werden – bei Wohnimmobilien um insgesamt 29,2 %, bei Gewerbeimmobilien um 41,9 %. Kunden halten sich zurückOb bei Neuwagen, beim Shopping mit der Kreditkarte oder beim Hauskauf: Die Kunden hielten sich angesichts der Ungewissheit rund um die Coronavirus-Pandemie sowohl bei den Ausgaben als auch bei der Kreditaufnahme zurück (siehe Grafik). Zudem verschlechterte sich der Mix im Firmenkundengeschäft hin zu Covid-19-Hilfskrediten, die niedrigere Margen bieten als reguläre Kredite. Mehr als 9 Mrd. Pfund wurden in Form von Bounce Back Loans oder unter dem Coronavirus Business Interruption Loan Scheme und Coronavirus Large Business Interruption Loan Scheme an Unternehmen ausgereicht. Seit Beginn der Krise hat die Bank Verbrauchern in 1,1 Millionen Fällen Zahlungsferien gewährt – bei Autofinanzierungen ebenso wie bei Hypotheken und anderen Krediten. “Wir sind uns darüber im Klaren, dass die Unterstützung, die wir unseren Privat- und Firmenkunden bieten, um ihnen durch die Krise zu helfen, mit Kosten für die Gruppe verbunden ist”, schrieb Horta-Osório. “Wir denken, dass es das Richtige ist. Unsere Kunden zu unterstützen, trägt direkt zur wirtschaftlichen Erholung bei, von der wir profitieren.” Die Nettozinsmarge schrumpfte innerhalb eines Quartals um 39 Basispunkte auf 2,40 %.Beim Ausblick gab sich Horta-Osório zurückhaltend. Die Nettozinsmarge wird nach Schätzung des Managements im zweiten Halbjahr nicht weiter zurückgehen. Die Kosten sollen unter 7,6 Mrd. Pfund bleiben. Im abgelaufenen Quartal waren sie niedriger als von Analysten erwartet. Bei den risikogewichteten Assets sei ein moderater Anstieg denkbar. “Unglückliche Umstände”Man könne kaum von idealen Bedingungen für Lloyds sprechen, eher von einer “Verkettung unglücklicher Umstände”, schrieb der Analyst Nicholas Hyett von Hargreaves Lansdown. Es gebe aber auch positive Aspekte. Weil die Bank früh damit begonnen habe, digitale Wege zu nutzen, weise sie eine der niedrigsten Aufwand-Ertrags-Relationen der Branche auf. “Das ist in schlechten Zeiten ein Wettbewerbsvorteil”, schrieb Hyett. Mit 17 Millionen aktiven Kunden betreibt Lloyds nach eigenen Angaben die größte Digitalbank im Vereinigten Königreich. Die Zahl der täglichen Log-ins sei in einem Jahr um 12 % gestiegen.