Lloyds weitet Nettozinsmarge aus

Geringere Kosten der Vergangenheitsbewältigung treiben Gewinn um knapp zwei Fünftel in die Höhe

Lloyds weitet Nettozinsmarge aus

Die Lloyds Banking Group hat von der Bereitschaft der britischen Verbraucher profitiert, ihren Konsum auch mit Schulden zu finanzieren. Für den Skandal um nutzlose Restschuldversicherungen musste nur halb so viel zurückgestellt werden wie ein Jahr zuvor.hip London – Lloyds Banking Group hat im ersten Halbjahr besser abgeschnitten als von Analysten erwartet. Wie die schottische Großbank mitteilt, zog der bereinigte Zinsüberschuss um 7 % an. Trotz aller Unsicherheit rund um den Brexit halten sich die britischen Verbraucher beim Schuldenmachen nicht zurück: Wie aus Daten der Bank of England hervorgeht, wurden im Juni so viele Hypotheken für den Erwerb von Wohnimmobilien vergeben wie zuletzt im Januar. Das Volumen der im gleichen Monat vergebenen Verbraucherkredite lag um 8,8 % über Vorjahr. Die Kreditkartenschulden waren um 9,5 % höher.Die Nettozinsmarge von Lloyds Banking Group verbesserte sich um 11 Basispunkte auf 2,93 %. Hier machten sich neben steigenden Zinsen auch ein veränderter Produktmix, Wachstum im Verbraucherkreditgeschäft und die Übernahme des Kreditkartenanbieters MBNA bemerkbar. “Nicht ganz die Expansion, auf die wir gehofft hatten”, schrieb der Jefferies-Bankenexperte Joseph Dickerson in einer ersten Einschätzung. Das bereinigte operative Ergebnis stieg auf 4,23 (3,95) Mrd. Pfund. Das Gewinnwachstum zeige, dass die Bank “bei bester Gesundheit” sei, urteilte der Analyst Laith Khalaf vom Vermögensverwalter Hargreaves Lansdown. Unter dem Strich blieben 2,27 Mrd. Pfund hängen – knapp zwei Fünftel mehr als ein Jahr zuvor. Der Gewinnsprung erklärt sich daraus, dass für die Aufarbeitung des branchenweiten Skandals um den Verkauf nutzloser Restschuldversicherungen (Payment Protection Insurance, PPI) nur noch halb so viel zurückgestellt werden musste wie ein Jahr zuvor. Im zweiten Quartal waren es 460 Mill. Pfund. Damit hat der PPI-Skandal das Institut in den vergangenen acht Jahren insgesamt 19,2 Mrd. Pfund gekostet – mehr als jede andere Bank, die daran beteiligt war. Bis zum Ende der von der Finanzaufsicht gesetzten Frist im August wird mit einer höheren Zahl von Forderungen geschädigter Kunden gerechnet – 13 000 Anträge wöchentlich statt wie bislang angenommen 11 000. Bessere KapitalausstattungTrotz erhöhter Investitionen in die Digitalisierung und Übernahme der Kostenbasis von MBNA, des britischen Kreditkartengeschäfts von Bank of America, schaffte es die Bank, die Kosten stabil zu halten. Lloyds Banking Group betreibt in Großbritannien auch weiterhin das größte Netz von Bankfilialen. Chief Executive António Horta-Osório strich die verbesserte Kapitalausstattung des Instituts, das sich nahezu vollständig auf den britischen Heimatmarkt konzentriert, heraus. Die Kernkapitalquote erhöhte sich seit Jahresbeginn um 60 Basispunkte auf 14,5 %. Die Eigenkapitalrendite (ROTE) erreichte 12,1(8,2) %. Bereinigt lag sie bei 16,3 (14,5) %. Der Nettoinventarwert ohne immaterielle Vermögenswerte (tNAV) wurde mit 52,1 Pence angegeben.Nachdem sich Lloyds TSB am Kauf des angeschlagenen Hypothekenexperten HBOS verhoben hatte, musste die aus der Fusion hervorgegangene Lloyds Banking Group vom britischen Steuerzahler mit 20 Mrd. Pfund gestützt werden. Mittlerweile ist die Staatsbeteiligung, die einst bei 39 % gelegen hatte, komplett abgeschmolzen. Ein Verkauf der Lloyds-Aktien auch an Kleinanleger war vom damaligen Schatzkanzler George Osborne geplant, dann aber wieder abgeblasen worden. Sie notieren derzeit deutlich unter dem Einstiegskurs der öffentlichen Hand in der Finanzkrise, der bei 73,6 Pence gelegen hatte. Gestern legten sie in London 1,9 % auf 63,54 Pence zu. Seit Horta-Osórios Amtsantritt hat sich der Aktienkurs nicht groß bewegt, obwohl das Institut unter seiner Führung die Wende von einem Jahresverlust zu einem Milliardenüberschuss geschafft hat. “Das liegt größtenteils daran, dass manche Anleger wegen des Brexit auf den Heimatmarkt fokussierte Unternehmen nicht mit der Kneifzange anfassen würden”, sagte Khalaf. Diese Stimmung werde sich nicht so schnell ändern, aber die Aktionäre der Bank würden für das Warten auf Kursgewinne gut bezahlt. Im laufenden Jahr dürfte die Dividendenrendite bei 5,5 % liegen.