Londons Börse wird globaler
Der Betreiber der Börsen von London und Mailand macht einen großen Schritt weg vom traditionellen Kapitalmarktgeschäft und übernimmt den Finanzdatenanbieter Refinitiv. Damit bewegt sich die Gruppe auf Augenhöhe mit der CME Group und der Intercontinental Exchange.hip London – Die London Stock Exchange Group (LSEG) wird sich durch die Übernahme des Finanzdaten- und Handelsplattformbetreibers Refinitiv für 27 Mrd. Dollar auf Augenhöhe mit den US-Rivalen CME Group und Intercontinental Exchange begeben. Wie der Betreiber der Börsen von London und Mailand mitteilt, wird aus dem Zusammenschluss der nach Umsatz größte börsennotierte Anbieter von Finanzmarktinfrastruktur weltweit hervorgehen. Die ebenfalls vorgelegten Geschäftszahlen für das erste Halbjahr entsprachen weitgehend dem Schnitt der Analystenerwartungen. Die Gruppe habe ein weiteres Mal “eine starke Performance” geliefert, sagte Finanzchef David Warren. Allerdings wuchs das einstige Zugpferd Information Services, zu dem auch die Indexsparte FTSE Russell gehört, nur noch einstellig.”Unsere Strategie war, ein globaleres Geschäft zu werden”, sagte Chief Executive David Schwimmer in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Man sei begeistert von dem “weltweiten Fußabdruck”, der sich aus der Transaktion ergebe. “Das war der Antrieb. Es ging nicht um den Brexit.” Man habe auch nicht vor, sich von Unternehmensteilen zu trennen. Borsa Italiana sei für die LSEG ein wichtiges Asset. Durch die Transaktion vergrößere sich die “Plattform” der London Stock Exchange Group in Europa. Bei all der Ungewissheit rund um den britischen EU-Austritt dürfte es ihn allerdings nicht stören, dass sich der Umsatzanteil Großbritanniens durch die Übernahme von zuvor 39 % auf 23 % reduziert (siehe Grafik). Resteuropa steuert künftig nur noch 21 % (zuvor: 28 %) bei. Daten als ErfolgsgarantSchwimmer kennt sich aus, wenn es um Finanzmarktinfrastruktur (FMI) geht. Er gehörte zu den Architekten des Zusammenschlusses von New York Stock Exchange (Nyse) und Archipelago Group. FMI sei eine sich rasant entwickelnde Branche, in der sich die Bedürfnisse der Kunden veränderten, erklärte er in der Telefonkonferenz. Diese setzten vermehrt auf wenige Firmen, von denen sie mehr erwarteten. Um in diesem Umfeld erfolgreich zu sein, müsse man global tätig sein, verschiedene Assetklassen abdecken und über große Datenanalysefähigkeiten verfügen. Die Londoner Börse habe in der Vergangenheit immer früh erkannt, wohin die Reise gehe, etwa, als man den Trend zu passiven Investments wahrgenommen und zuerst FTSE und dann Russell akquiriert habe. Die vom Regulierer getriebenen Trends im Post-Trade-Geschäft hätten zum Kauf von LCH geführt. “Daten-Ressourcen werden in Zukunft den Erfolg von FMI bestimmen”, so der Branchenveteran.Kritik am Kaufpreis wies Schwimmer zurück. Zwar bekomme Blackstone mehr als ein Drittel mehr als den Einstiegspreis für Refinitiv. Andererseits sei in dieser Zeit auch der Kurs der Aktie der London Stock Exchange Group “um 30 % bis 40 %” gestiegen. Der Finanzinvestor habe eine Menge Arbeit in das Unternehmen gesteckt und einen hohen Prozentsatz der angestrebten Kostensenkungen erreicht sowie den Börsengang von Tradeweb erfolgreich über die Bühne gebracht. “Ich fühle mich mit der Bewertung sehr wohl, zu der ich diese Transaktion abgeschlossen habe.”In den ersten drei Jahren nach Abschluss der Transaktion soll ein Wachstum von 5 % bis 7 % erreicht werden. Ab dem fünften Jahr sollen Umsatzsynergien von jährlich 225 Mill. Pfund erzielt werden. Bereits im ersten Jahr soll der Deal das bereinigte Ergebnis pro Aktie um mehr als 30 % nach oben treiben, in den Folgejahren noch kräftiger. Der Verschuldungsgrad soll binnen 24 bis 30 Monaten wieder innerhalb der Zielspanne liegen, die vom Management zwischen dem 1,0- bis 2,0-fachen operativen Ergebnis festgelegt wurde. Einsparungen von jährlich 350 Mill. Pfund wurden bereits in Aussicht gestellt, als die Verkaufsverhandlungen noch liefen.