Finanzmarkt

Londons Börsenbetreiber verfehlt die Markterwartungen

Die London Stock Exchange Group ist mit ihrem Halbjahresergebnis hinter den Schätzungen von Analysten zurückgeblieben. CEO David Schwimmer erwartet dennoch eine glänzende Zukunft.

Londons Börsenbetreiber verfehlt die Markterwartungen

Londons Börsenbetreiber verfehlt Markterwartungen

Starkes Wachstum im Post-Trade-Geschäft – Große Hoffnungen auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz

hip London
Andreas Hippin, London

Die London Stock Exchange Group ist mit ihrem Halbjahresergebnis hinter den Schätzungen von Analysten zurückgeblieben. CEO David Schwimmer erwartet dennoch eine glänzende Zukunft. “Die Nachfrage nach Daten ist größer als je zuvor”, sagte er in einer Telefonkonferenz mit Journalisten.

Die London Stock Exchange Group (LSEG) hat im ersten Halbjahr trotz der Flaute bei Börsengängen Wachstum gezeigt. Die Treiber waren das Datengeschäft und die Sparte Post Trade. Der Umsatz stieg um insgesamt 7,9%, wie der Marktinfrastrukturbetreiber mitteilte. Finanzchefin Anna Manz sprach in einer Telefonkonferenz von “starkem nachhaltigem Wachstum über unser ganzes Geschäft hinweg”. Das bereinigte operative Ergebnis von 1,87 Mrd. Pfund lag allerdings unter dem von Analysten im Schnitt erwarteten Wert von 1,91 Mrd.

Zudem fiel das Wachstum des bereinigten Werts der jährlichen Subskriptionen (Annual Subscription Value, ASV) mit 6,9% niedriger aus als die für das erste Quartal gemeldeten 7,6%. Aus Sicht des Unternehmens ist das lediglich ein Timing-Effekt, der sich im laufenden Halbjahr umkehren wird. Manz verwies darauf, dass man das jährliche Wachstum des ASV seit der Übernahme des Finanzdatenanbieters Refinitiv um 390 Basispunkte gesteigert habe. “Wir sind zuversichtlich, dass wir alle unsere Ziele für das Gesamtjahr erreichen werden”, sagte Manz.

“Die Nachfrage nach Daten ist größer als je zuvor”, sagte CEO David Schwimmer. “Und sie wird ab jetzt nur noch wachsen.” LSEG entwickele gemeinsam mit Microsoft die nächste Generation von Workflow-Werkzeugen für die Kapitalmärkte. Im Dezember vergangenen Jahres ging der Börsenbetreiber eine auf zehn Jahre angelegte strategische Kooperation mit Microsoft ein. Der US-Softwarehersteller beteiligte sich mit 4% an der LSEG. Ziel war unter anderem die Entwicklung einer neuen Version von LSEG Workspace, die reibungslose Interoperabilität mit MS Teams (Chat, Anrufe, Konferenzen) sowie Microsoft 365 bieten soll – mit eingebauter Compliance. 

Seitdem ist Microsoft bei OpenAI eingestiegen, dem Unternehmen hinter ChatGPT, und nutzt für ihre Produkte eine Technologie, die auf ähnlichen Grundlagen beruht. Anfangs sei es darum gegangen, die enormen Datenmengen, über die die Gruppe verfüge, in einer Microsoft-Cloud-Umgebung zur Verfügung stellen zu können, sagte Schwimmer. Nun diskutiere man mit Kunden darüber, wie sie diese Daten zusammen mit ihren eigenen Daten in einer sicheren proprietären Umgebung nutzen können, ohne dass sie von anderen KI-Anwendungen abgegriffen werden. Die Kunden seien am Design und am Beta-Testing beteiligt. “Wir sind fortlaufend aktiv im Gespräch mit Regulierern und Regierungen aus aller Welt”, sagte Schwimmer. “Es gibt ein Interesse daran, was wir tun. Viele verschiedene Beteiligte versuchen, mehr über diese neue Technologie zu lernen, und wir versuchen, ihnen dabei zu helfen.”

Abschied von Eikon naht

Schwimmer nannte vier Bedingungen für den erfolgreichen Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI): die Qualität und Breite der verwendeten Daten, ihre Integrität, ihre Herkunft und das Vertrauen der Kunden. Man verwende selbst KI, um Ressourcen freizusetzen. LSEG sei für Microsoft der “Kunde null”. Man mache gute Fortschritte bei der Entwicklung von Workspace und von Analytikprogrammen. “Die Transformation der LSEG ist in vollem Gange”, sagte Schwimmer.

Dazu gehört auch der Abschied vom vielen Marktteilnehmern vertrauten Eikon-Terminal, das “vermutlich ziemlich früh im Jahr 2025” in den Ruhestand geschickt werden soll. “Wir erwarten, dass die Migration auf Workspace Ende 2024 im Wesentlichen abgeschlossen sein wird”, sagte Schwimmer. Das Post-Trade-Geschäft verzeichnete im ersten Halbjahr ein Wachstum von 19,2%. Es sei schwer, das künftige Marktumfeld vorherzusehen, aber man habe festgestellt, dass sich dieses Geschäft in unterschiedlichen Umfeldern stark entwickele, sagte Schwimmer. Derzeit fokussiere es sich stark auf Clearing. Künftig wolle man den Kunden dabei helfen, ihre Bilanzen zu managen, ihr Kapital zu optimieren und ihr Risiko zu managen, egal ob es sich um geclearte oder ungeclearte Positionen handele.

Schwimmer äußerte sich auch zu zahllosen Reformen und Initiativen, die den Finanzplatz London attraktiver machen sollen – von der Zusammenlegung von Handelssegmenten über die Vereinfachung des Listing-Regimes bis hin zu geplanten Änderungen bei der Altersvorsorge. “Wir fühlen uns sehr gut damit, wohin die Reise geht”, sagte Schwimmer. “Es werden eine Menge Fortschritte gemacht.”

Mehr Verschuldung

Das Unternehmen traut sich mit Blick auf das Geschäft einen höheren Verschuldungsgrad (Leverage) zu. Es setzte die Zielspanne, die bislang beim Ein- bis Zweifachen des operativen Gewinns (Ebitda) gelegen hatte, auf 1,5 bis 2,5 herauf. “Wir sind sehr zufrieden damit, dass wir unser Kreditrating mit der neuen Spanne beibehalten können”, sagte Manz.

| Quelle:
BZ+
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