Lupus alpha wagt den Schritt nach Frankreich
Von Silke Stoltenberg, Frankfurt
Die Fondsgesellschaft Lupus alpha wagt einen zweiten Anlauf für eine Auslandsexpansion und hat sich eine neue Strategie verpasst. Wie Gründungspartner und Chief Executive Officer Ralf Lochmüller im Gespräch mit der Börsen-Zeitung verrät, wird im Sommer ein Büro in Frankreich gegründet, das ab Herbst die Vertriebsaktivitäten starten soll. Zudem soll nach dem später als geplanten Erreichen der 15-Mrd-Euro-Schwelle beim verwalteten Vermögen jetzt bis 2025 die Größenordnung von 20 Mrd. Euro zumindest in Sichtweite sein. Außerdem will man an einer veränderten Wahrnehmung der Fondsboutique arbeiten.
Lupus alpha hatte vor Jahren einen ersten Vorstoß ins Ausland in Japan nach dem Atomunfall in Fukushima beendet, nachdem in der Folge dort die Assets under Management dramatisch abgeschmolzen waren. Damit wurde das Japan-Abenteuer nach fünf Jahren im Dezember 2011 beendet, „weil ein Jahr nach Fukushima die Nerven blank lagen“, wie Lochmüller unumwunden einräumt.
Dieses Mal soll es aber klappen. „Für unsere Auslandsexpansion haben wir eine größere Marktanalyse gemacht, auch mit externer Hilfe, und damit sind wir bei Frankreich gelandet. Die Franzosen sind sehr boutiquenfreundlich, sehr derivateaffin und in der quantitativen Ausbildung viel weiter als wir“, führt Lochmüller aus. Für die Büroleitung habe es gleich drei hoch qualifizierte Kandidaten gegeben. Die Wahl fiel auf die junge Französin Marie Fournier, die bereits für die Spezialboutique Alken Asset Management das Frankreichgeschäft aufgebaut hat und zuletzt für Berenberg tätig war.
Vertrieben werden sollen von dem neuen Pariser Büro aus Aktienfonds mit kleinen und mittleren Unternehmen, Volatilitätsstrategien und Collateralized Loan Obligations (CLO, besicherte Unternehmenskredite). Insgesamt soll das Büro drei Mitarbeiter beschäftigen und nach drei Jahren ungefähr 300 Mill. Euro eingesammelt haben.
Ideenwettbewerb
Der Strategieplan 2025 wiederum ist Folge eines Ideenwettbewerbs unter den 90 Mitarbeitern, der von September 2021 bis März 2022 dauerte. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben über 100 Ideen eingebracht, von denen 25 in die intensivere Überprüfung gingen. Ich bin schon erfreut, mit wie viel Herzblut sich alle für unser Unternehmen einsetzen“, berichtet Lochmüller sichtlich mit Stolz. Alles in allem sieht der Strategieplan 2025 vor, dass die Boutique jährlich um 7 % bei den Assets under Management wachsen soll. „Die Fondsbranche blickt auf zwei Dekaden mit unglaublich positiven Einflussfaktoren wie ein langer Aufwärtstrend an den Märkten zurück, das wird sich nicht so wiederholen, wenn auch die grundsätzlichen Treiber wie allen voran das Altersvorsorgegeschäft bleiben werden“, blickt der 60-Jährige nach vorn. Neben dem Ziel, bis 2025 ein verwaltetes Vermögen von 20 Mrd. Euro in Sichtweite zu haben, will Lochmüller auch die Außendarstellung seiner Gesellschaft verändern. „Wir werden im Markt oft nur als Small-and-Mid-Cap-Anbieter gesehen, daher wollen wir unsere anderen drei Produktbereiche durch mehr Vertriebsaktivitäten in der Außendarstellung stärken, damit wir als Multi-Spezialist wahrgenommen werden.“
Die Corona-Pandemie hatte die vorherigen Wachstumspläne von Lupus alpha durchkreuzt, bis Ende 2020 auf 15 Mrd. Euro zu kommen. Das wurde indes per Ende 2021 nachgeholt, als 14,9 Mrd. Euro erreicht wurden. Dafür sorgten neben dem Aufwärtstrend an den Märkten, die die Fondsbewertungen in die Höhe trieben, Zuflüsse von 850 Mill. Euro nach 400 Mill. Euro im Jahr zuvor. Fast die Hälfte des verwalteten Vermögens steckt in Small-Mid-Caps, jeweils rund 3 Mrd. Euro in Volatilitätsstrategien und CLO sowie der Rest in Wandelanleihen
Stabiles Geschäft
Der Start ins neue Jahr sieht bislang trotz der vielfältigen negativen Auswirkungen durch den Ukrainekrieg viel versprechend aus. Die Nettomittelzuflüsse erreichten per Ende April 450 Mill. Euro nach 400 Mill. Euro im Vorjahresabschnitt. Gefragt waren CLO und Volatilitätsstrategien. Das verwaltete Vermögen fiel wegen des Abwärtstrends an den Börsen auf 13,8 Mrd. Euro zurück.
Lochmüller, dessen Gesellschaft als Schwerpunktkunden Versorgungswerke und Pensionskassen hat, ist angesichts des ungelösten Problems in der Altersvorsorge der Deutschen vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung unüberhörbar gefrustet. „Wir wissen seit mehr als zehn Jahren, dass es im Jahr 2025 nur noch zwei Erwerbstätige auf einen Rentner gibt – und die Politik tut nichts dagegen.“
Die Bevölkerung kenne den Effekt des Zinseszinses nicht und sei sich daher überhaupt nicht bewusst, auf welche Zusatzrenten man im Alter kommen könne, wenn über Jahre ein überschaubarer Betrag in einen Aktiensparplan gesteckt werde. „Bei konservativer Rechnung können mit 250 Euro pro Monat über 40 Jahre investiert in einen Aktien-ETF-Sparplan 3 300 Euro monatlich an zusätzlichem Einkommen im Alter werden – die Leute wären dazu schon bereit, wenn sie wüssten, welche Effekte sie mit regelmäßigem Sparen erreichen. Das wissen sie auch deswegen nicht, weil das Thema Vorsorge und Zinseszinseffekt schon in der Schule nicht stattfindet.“
Investoren denken um
Mit Blick auf die geopolitischen Grundsatzdebatten infolge des Ukrainekriegs beobachtet Lochmüller unter seinen institutionellen Investoren ein Umdenken in der Schwellenländerstrategie. „Die Investoren hinterfragen bei den Emerging Markets ihre Investments in China. Das ist schwierig, weil Emerging-Markets-Strategien ohne China schwer darstellbar sind. Und ausschließlich europäische Investments ist auch keine gute Investmentstrategie.“ Doch er geht auch über die Frage der Geldanlage hinaus in politische Überlegungen. „Ich finde es fragwürdig, wenn alle jetzt anfangen, in Blöcken zu denken und sich abzuschotten. Wir können nicht allen unser Wertesystem aufzwingen. Zudem ist der deutsche Mittelstand stark von China abhängig. Es ist grundsätzlich besser, im Gespräch zu bleiben.“
Mit Blick auf die eigenen Bestände in der Kriegsregion berichtet Lochmüller, dass Ende Februar die Aktienbestände am finnischen Reifenhersteller Nokian Tyres verkauft wurden, der einen erheblichen Großteil seiner Produktion in Russland hat und daher mittlerweile den Russland-Sanktionen unterliegt. Dieses Risiko sei antizipiert und frühzeitig verkauft worden. Bei allen Portfolien lag der Wert unterhalb von 1 %. Zudem seien drei Unternehmen in den Fonds womöglich von weiteren Energieboykotten betroffen, bleibt er aus Compliance-Gründen vage.