IN DER SOHLE DES ZINSTALS

Lust auf Londoner Immobilien hält an

Steuer spielt größere Rolle als Zinsschritt

Lust auf Londoner Immobilien hält an

Von Andreas Hippin, LondonAusländische Investoren haben sich von der Unsicherheit rund um den Brexit und hohen Bewertungen nicht davon abbringen lassen, Londoner Gewerbeimmobilien zu erwerben. Sie waren im nun zu Ende gehenden Jahr an nahezu vier von fünf Deals beteiligt. Eine Gruppe von vier Immobiliengesellschaften aus Hongkong, darunter C C Land Holdings, sicherte sich zuletzt die Mehrheit am geplanten Büroturm 40 Leadenhall, der in der Nähe der “Käsereibe” in der City of London entsteht und bereits den Spitznamen Gotham City erhalten hat. Das Leadenhall Building (Cheesegrater) hatte sich C C Land bereits im Sommer für 1,2 Mrd. Pfund gesichert. Diesen Monat erwarb zudem die chinesische Hengli Investments Holding die Londoner Zentrale der Lloyds Banking Group in der Gresham Street. Der Verkaufspreis wurde nicht genannt. Es war der erste Deal der Gruppe aus der Volksrepublik in Großbritannien, allerdings darf man schon lange nicht mehr davon ausgehen, dass Erstkäufer aus dem Reich der Mitte überhöhte Preise zahlen. Kurz zuvor hatte Said Holdings die ehemalige Londoner Zentrale von Bear Stearns in Canary Wharf für 270 Mill. Pfund an die Cheung Kei Group verkauft. “Besser als befürchtet”Robert Noel, der Chef der Immobiliengesellschaft Land Securities (Landsec), und Toby Courtauld, der CEO des REIT Great Portland Estates, haben sich auf der UBS Global Real Estate Conference relativ zuversichtlich gezeigt. Der Leerstand habe zwar zugenommen, bewege sich aber immer noch auf einem niedrigen Niveau. Vor allem im West End sei das Angebot sehr knapp, heißt es in der Zusammenfassung durch die Analysten der Schweizer Bank. Alles in allem ergebe sich “besser als befürchtet” als durchgängiges Urteil. Was neu gebaut wird, ist bereits zur Hälfte vermietet. Firmen nutzen attraktive Büros, um qualifizierte Mitarbeiter anziehen und halten zu können. Dass künftig auch von ausländischen Investoren Kapitalertragsteuer erhoben werden soll, ist für die Branche schädlich. Allerdings dauert es noch eine Weile bis dahin. Zudem kaufen viele Investoren Immobilien in London, um ihr Portfolio zu diversifizieren, nicht um kurzfristig Gewinne zu realisieren.Die erste Zinserhöhung der Bank of England binnen eines Jahrzehnts verblasst gegen die drohende Steuer. Die 25 Basispunkte mehr haben an den Möglichkeiten, sich Geld für Immobilienkäufe zu beschaffen, bislang nichts geändert. Andy Rofe, Managing Director Europe bei Invesco Real Estate, hat jedenfalls keine wesentlichen Folgen ausgemacht. “Die langfristigen Zinskurven, die für den Preis von Immobilienfinanzierungen entscheidend sind, blieben unberührt”, sagt er. “Attraktive Finanzierungsmöglichkeiten sind immer noch weithin verfügbar.”Die Bewertungen sind infolge der lockeren Geldpolitik nicht nur in London, sondern in ganz Europa hoch. “Angesichts der sich verbessernden Fundamentaldaten halten wir die Preisentwicklung für nachhaltig”, sagt Rofe. Im Vergleich zu anderen Assetklassen ließen sich “attraktive Renditen” erzielen, die von den relativ hohen Einnahmen der realen Assets unterfüttert würden. “Der Abstand zwischen der Rendite langlaufender Staatsanleihen und der von Real-Estate-Assets liegt immer noch bei rund 100 Basispunkten.” Aberdeen Standard Investments beziffert die Gesamtrendite von britischen Immobilien im ablaufenden Jahr auf 7,1 %. Die Unterschiede innerhalb der Assetklasse sind den Daten der Fondsgesellschaft zufolge enorm. Warfen Einzelhandelsimmobilien lediglich 5,1 % ab, so brachten Hotels 9,1 % und Industrieimmobilien 12,9 %.Gegen Jahresende zeichnete sich auch am Londoner Wohnimmobilienmarkt eine Trendwende ab. Nachdem die Mieten 18 Monate in Folge gesunken waren, zogen sie im Zentrum der britischen Metropole im November den zweiten Monat in Folge an. Im Vergleich zum Vorjahr lagen sie dem Vermögensverwalter London Central Portfolio zufolge um 3 % höher. CEO Naomi Heaton führt das einerseits darauf zurück, dass die Zahl der verfügbaren Mietwohnungen deutlich zurückgegangen sei. Andererseits habe die Zahl der Verkäufe zugenommen. Zuvor hatten viele Eigentümer wegen des schwierigen Markts lieber vermietet statt verkauft. Dadurch hatten Mieter nicht nur mehr Auswahl, sondern auch die Möglichkeit, günstigere Konditionen auszuhandeln. Das könnte sich nun ändern.