Luxemburg bekennt sich zu nachhaltigen Finanzierungen

Verlässliche europäische Klassifizierung von Green-Finance-Produkten rückt in greifbarere Nähe - Emittenten sollten deren Potenzial noch mehr erschließen

Luxemburg bekennt sich zu nachhaltigen Finanzierungen

Die nachhaltige, “grüne” Finanzwirtschaft präsentiert sich bis heute eher als ein vages, unreguliertes Konzept als ein klar definierter, investierbarer Sektor. Der Mangel an Definitionen, verbindlichen Standards und Vergleichsdaten verleitet zu dem Eindruck, dass es sich um eine recht begrenzte Investitionsstrategie handeln könnte. Betreiben einige Emittenten lediglich “Windowdressing” oder sogar “Greenwashing”? Müssen Investoren tatsächlich Rendite für ökologische Vorteile aufgeben? Was sind nur Stereotypen, was echte strukturelle Mängel dieses Segments? Nicht nur ein TrendDies sind Fragen, die sich sogar diejenigen stellen, die sich nicht nur gelegentlich mit Green Finance auseinandersetzen. Nicht bezweifelt werden kann zumindest, dass es sich bei Green Finance nicht nur um einen Trend, sondern um eine – im wahrsten Sinne des Wortes – nachhaltige Entwicklung handelt, die die weltweiten Anstrengungen zur Bekämpfung von Klimawandel und weiteren ökologischen Herausforderungen unterstützt und innerhalb kürzester Zeit alle Bereiche der Finanzwirtschaft erfasst hat.Auf europäisch-regulatorischer Ebene ist der Aktionsplan der EU-Kommission vom März 2018 zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums, der sich zum Ziel gesetzt hat, nachhaltige Finanzprodukte gezielt zu fördern, seit dem letzten Jahr konsequent umgesetzt worden. Die Kommission hat Verordnungsvorschläge zur Nachhaltigkeitstaxonomie, zur Änderung der Benchmark-Verordnung durch Einführung von Referenzwert-Kategorien für CO2-arme Investitionen und zur Offenlegung von Informationen über nachhaltige Investitionen und Nachhaltigkeitsrisiken veröffentlicht. Auch die Regelungen über den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten und Mifid II (Markets in Financial Instruments Directive II) sollen um ESG-Erwägungen (Environmental, Social, Governance) ergänzt werden.Ferner hat die Kommission eine technische Sachverständigengruppe eingesetzt, um sie bei den vier Schlüsselthemen Nachhaltigkeitstaxonomie, europäische Green-Bond-Standards, CO2-arme Referenzwertkategorien sowie Unternehmensveröffentlichung von klimarelevanten Informationen zu unterstützen. Ob Ucits (Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities), AIFM (Alternative Investment Fund Managers Directive), Mifid II oder Solvency II (verfolgt die Harmonisierung des Versicherungsaufsichtsrechts), kein Finanzbereich bleibt somit von der Einführung von Nachhaltigkeitserwägungen wirklich ausgenommen. Nach anfänglicher Euphorie in der Finanzwirtschaft ob des regulatorischen Rückenwindes sind nun auch erste kritische Stimmen zu vernehmen, die befürchten, dass eine zu akzentuierte Regulierung kontraproduktiv für die Dynamik des Green-Finance-Bereiches sein könnte.Auch der Finanzplatz Luxemburg hat sich in den letzten Monaten sehr dynamisch im Bereich Green Finance entwickelt. Viele Fondspromotoren bedienten sich luxemburgischer alternativer Fondsvehikel, um ESG-Strategien zu strukturieren. Besonders hervorzuheben ist jedoch nach wie vor wieder einmal die Luxembourg Stock Exchange, die mit dem Listing des ersten Green Bond der Europäischen Investitionsbank (EIB) im Jahr 2007 als Vorreiterin in diesem Sektor gilt. Wirken der LGX honoriertNeben der EIB, KfW, Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Industrial and Commercial Bank of China (ICBC), Bank of China und der Provinz Québec, um nur einige Emittenten zu nennen, sind derzeit über 250 Green Bonds von über 40 Emittenten mit einem Ausgabewert von über 120 Mrd. Euro an der Luxembourg Green Exchange (LGX) gelistet. Dies entspricht einem weltweiten Marktanteil bei Green Bonds von über 50 %. Die im Jahr 2016 gegründete LGX ist damit nach wie vor die größte Plattform, die sich ausschließlich auf nachhaltige Finanzinstrumente spezialisiert hat. Dieses Jahr hat sie nun den Green Bond Pioneer Award der Climate Bonds Initiative gewonnen, die damit die konstanten Bemühungen und Erfolge der LGX im Green-Bond-Segment honoriert.Nach den Green Bonds ist der nächste Wachstumsschub im Bereich Investmentfonds zu erwarten. An der LGX sind bereits über 25 ESG-Investmentfonds notiert. Das Spektrum umfasst hierbei ESG Funds, Green Funds und Social Funds. Die LGX hat sich zudem als zentraler Zugangspunkt für Daten und Informationen über inländische Green Bonds aus der Volksrepublik China positioniert, die an der Shanghai Stock Exchange oder dem Chinese Interbank Bond Market notiert sind. Gesamter Finanzplatz aktivAber nicht nur die LGX, sondern der gesamte Finanzplatz engagiert sich außerordentlich stark für nachhaltige Finanzierungen. Als nur ein Beispiel für viele Initiativen hat Luxembourg for Finance in Kooperation mit dem Bankenverband ABBL, dem Fondsverband ALFI, dem Verband der Versicherungswirtschaft ACA, der LGX sowie LuxFlag, einer unabhängigen, gemeinnützigen Labelling-Agentur, das Sustainable Finance Forum Luxembourg im Juni 2018 ins Leben gerufen. Die gesamte Finanzwirtschaft, politische Entscheidungsträger, Investoren und Emittenten waren hierzu eingeladen, um regulatorische Schlüsselthemen und Marktherausforderungen bei nachhaltigen Finanzierungen zu diskutieren. Aufgrund des großen Erfolgs wird am 26. Juni dieses Jahres ein zweites Sustainable Finance Forum unter der Schirmherrschaft des luxemburgischen Finanzministers stattfinden.Nicht zu Unrecht ist das Großherzogtum somit derzeit im Global Green Finance Index (Stand September 2018) nach Amsterdam und Kopenhagen auf Platz 3 im Bereich Marktdurchdringung und auf Platz 6 nach London, Paris, Amsterdam, Kopenhagen und Stockholm, was den Bereich Qualität angeht. Luxemburg ist überaus engagiert, seine Umwandlung in eine CO2-arme Volkswirtschaft aktiv fortzuführen. Regierung und Finanzindustrie arbeiten bereits seit 2015 zusammen in einer Climate Finance Task Force an einer integrierten Strategie, um Luxemburgs Rolle als internationales Zentrum für nachhaltige Finanzierungen zu stärken.Die United Nations Environment Programme Finance Initiative hat im Oktober 2018 zusammen mit dem Umwelt- sowie dem Finanzminister die “Luxembourg Sustainable Finance Roadmap” präsentiert, die fast alle Facetten des Finanzmarktes berührt. Ziel der Roadmap ist es, den Grundstein für eine nachhaltige Finanzstrategie zu legen und Luxemburgs führende Rolle im Bereich nachhaltiger Finanzen nicht nur zu untermauern, sondern auszubauen. Im Juni 2018 hat Luxemburg ferner ein sogenanntes “Green Covered Bonds”-Gesetz erlassen. Dieses auf luxemburgische Pfandbriefbanken anwendbare Gesetz novelliert das bestehende Pfandbriefgesetz und hat eine neue Kategorie von grünen Pfandbriefen geschaffen, die mit Vermögenswerten aus dem Bereich erneuerbarer Energien besichert sein müssen. Weg für Wachstum geebnetNachdem also eine verlässliche europäische Klassifizierung von Green-Finance-Produkten in immer greifbarere Nähe rückt und sich die luxemburgische Finanzindustrie und Regierung, dynamisch wie nie zuvor, zu dem Thema nachhaltige Finanzierung bekennen und gemeinsam entwickeln, sind nun die Emittenten aufgerufen, das Potenzial von Green-Finance-Produkten noch mehr für sich zu erschließen. Die deutlichen Fortschritte bei der Entwicklung von europäischen Standards und Definitionen für Green-Finance-Produkte werden den Weg für ein starkes Wachstum dieser Produkte weiter ebnen. Es bleibt dann zu hoffen, dass in naher Zukunft niemand mehr bei Green Finance den Eindruck einer nur begrenzt investierbaren Strategie hat.—-Philipp Mössner, Partner bei GSK Luxembourg SA