Lyxor-Übernahme verschiebt die Gewichte im ETF-Geschäft
jsc Frankfurt
Die Konzentration im Markt der ETF-Anbieter in Europa nimmt durch die absehbare Übernahme von Lyxor durch Amundi erstmals seit Jahren spürbar zu: Nach einem Zusammenschluss werden beide französischen Häuser voraussichtlich an der deutschen Fondsgesellschaft DWS vorbeiziehen. Auf Basis der jüngsten Daten der Analysegesellschaft Morningstar stünden sie mit 142 Mrd. Euro auf Rang 2. Die DWS folgt dabei mit 129 Mrd. Euro ein Stück dahinter, der US-Fondsriese BlackRock läge weiter mit 505 Mrd. Euro unangefochten vorn.
Der nach Fondsvolumen 1,14 Bill. Euro schwere ETF-Markt in Euro entfällt derzeit zu rund 75% auf die fünf größten Anbieter. BlackRock mit der Marke iShares, DWS mit Xtrackers, Lyxor, UBS und Vanguard kommen demnach per Ende März zusammen auf ein Fondsvolumen von 854 Mrd. Euro. Schlösse sich Amundi, die laut Morningstar auf Rang 6 steht, mit Lyxor zusammen, käme das Gespann der größten fünf auf 910 Mrd. Euro und einen Anteil von 80%. Damit nähme die Konzentration anders als in den Vorjahren deutlich zu.
Das ETF-Geschäft steht schon seit Jahren in dem Ruf, im weltweit zersplitterten Fondsgeschäft ein Treiber einer Konsolidierung zu sein: Das Geschäft ist margenarm, grenzüberschreitend und lebt von Skaleneffekten. Gerade große Standardprodukte, die etwa den globalen Aktienmarkt, Weltregionen wie die USA und Europa oder Rentenmärkte abbilden, prägten das Segment, wie Morningstar-Experte Ali Masarwah sagt. Diverse Fondskonzepte zur nachhaltigen Kapitalanlage oder alternative Indexgewichtungen im sogenannten Smart-Beta-Segment lassen demnach zwar vereinzelt kleineren Akteuren Spielraum, doch hätten auch große Adressen als Vollsortimenter diese Marktnischen abgedeckt, sagt er.
Zweite Reihe in Bewegung
Die weltgrößte Fondsgesellschaft BlackRock stand dabei über Jahre hinweg unangefochten weit vorn. Der Marktanteil des US-Fondsriesen von zuletzt 44% hat sich im Laufe der Jahre kaum verändert. Darunter gab es allerdings Bewegung. So hat Vanguard, die sich in den USA einen harten Preiskampf mit BlackRock liefert, den europäischen Markt erst später in den Blick genommen und den Marktanteil zuletzt ausgebaut. Auch die UBS, die vor zwei Jahren mit der DWS über eine Fusion gesprochen haben soll, hat im ETF-Segment Marktanteile gewonnen.
Zugleich hat Lyxor als Nummer 3 in den vergangenen Jahren vom ETF-Boom kaum profitiert und nur geringe Nettomittelzuflüsse erzielt, wie Morningstar aufschlüsselt. War die Gesellschaft vor vier Jahren mit damals 66 Mrd. Euro sogar etwas größer als die DWS, hat der deutsche Branchenprimus den französischen Rivalen im ETF-Geschäft längst weit hinter sich gelassen. Daran änderte sich auch nichts, nachdem Lyxor die Produktpalette von Comstage, der ETF-Marke der Commerzbank, übernahm. Die Fondsgesellschaft kam an dieses Geschäft, nachdem die Commerzbank 2018 wesentliche Teile ihres Wertpapier- und Fondsgeschäfts an die Lyxor-Mutter Société Générale verkauft hatte.
Die DWS hat sich zwar wiederholt offen für Fusionen und Übernahmen gezeigt, verfolgt im ETF-Geschäft aber dem Vernehmen nach eine „organische“ Wachstumsstrategie, die also allein auf Neugeschäft und Wertzuwächse setzt. Zugleich will die Gesellschaft „führender europäischer ETF-Anbieter“ sein, wie sie Anfang Februar anlässlich der Präsentation der Geschäftszahlen für das vierte Quartal 2020 erklärt hat. Ähnlich äußert sich der Rivale Amundi, der anlässlich der beabsichtigten Fusion die Rolle als europäischer Marktführer in der übergeordneten Kategorie passiver Anlagestrategien beansprucht. Die Übernahme trage außerdem dazu bei, dass Paris als Finanzstandort nach dem Brexit an Stärke gewinne, erklärt Amundi-Chef Yves Perrier.
Kaum deutsche Adressen
In Deutschland ist im ETF-Geschäft mittlerweile nur noch die DWS mit der Marke Xtrackers als größere deutsche Adresse dabei. Die DekaBank hat laut Morningstar mit 9 Mrd. Euro ein verschwindend kleines Geschäft, während die Deutsche Börse und die Stuttgarter Börse mit speziellen Goldfonds, die zur etwas weiter gefassten Kategorie der börsengehandelten Produkte (ETP) zählen, am Markt mit geringem Gewicht vertreten sind. Weltweit zählen Vanguard und State Street zu den führenden Adressen. Beide Gesellschaften haben mit 62 Mrd. Euro und 42 Mrd. Euro laut Morningstar in Europa ebenfalls Gewicht.