Maas gibt Startschuss für Finanzmarktwächter

Verbraucherschützer erhalten 5,6 Mill. Euro pro Jahr - Systematische Datenerhebung und Frühwarnsystem angestrebt

Maas gibt Startschuss für Finanzmarktwächter

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz beauftragt Deutschlands Verbraucherschützer mit einer systematischen Datenerhebung auf den Finanzmärkten und in der digitalen Welt.gbe Berlin – Der staatlich finanzierte Finanzmarktwächter ist ab sofort im Amt und nimmt die Arbeit auf. Das gaben das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) gestern bekannt. Demnach erhalten die Verbraucherschützer vorerst bis Ende 2017 jährlich 5,6 Mill. Euro dafür, dass sie eine Art Frühwarnsystem etablieren. Dieses deckt zwei Bereiche ab. Neben dem Finanzmarktwächter wurde auch ein “Marktwächter Digitale Welt” ins Leben gerufen, der sich unter anderem um soziale Netzwerke, digitale Einkäufe und Vergleichsportale kümmern soll, die Arbeit allerdings erst zeitversetzt aufnimmt.Grundidee beider Wächter ist es, Erkenntnisse, welche die Verbraucherschützer im Rahmen ihrer Beratungsgespräche und durch empirische Untersuchungen gewinnen, systematisch auszuwerten. Das soll sie in die Lage versetzen, Missstände wie Schneeballsysteme schnell aufzudecken und die Öffentlichkeit zeitig zu warnen. Die Marktwächter kündigten für das laufende Jahr erste Beobachtungsergebnisse an. Zudem sollen Beiräte etabliert werden, welche die Methodik der Wächter und andere Arbeitsgrundlagen diskutieren.Die Einrichtung der Wächter ist einer von drei Punkten des Aktionsplans Finanzmarkt von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD). Die anderen beiden – das geplante Kleinanlegerschutzgesetz und die Verankerung des kollektiven Verbraucherschutzes bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) – stehen in der Umsetzung, so dass die Minister bald einen Haken unter ihren Plan setzen können.”Die Marktwächter stärken den Verbraucherschutz in Deutschland”, sagte Maas. “Empirisch gewonnene Erkenntnisse helfen dabei, Verbraucher zielgenauer und schneller vor Fehlentwicklungen oder dubiosen Angeboten zu schützen.” Damit könne es gelingen, schwarze Schafe künftig schneller zu identifizieren.Der Finanzmarktwächter soll die BaFin über gewonnene Erkenntnisse informieren, welchen die Aufseher dann nachgehen können. Das ist grundsätzlich willkommen: “Die BaFin begrüßt die Einrichtung des Finanzmarktwächters, der dazu beitragen kann, die Erkenntnisse der Aufsicht weiter abzurunden”, hieß es gestern bei der Aufsichtsbehörde.Der Wächter will es aber nicht bei einer Information der Aufseher belassen. VZBV-Vorstand Klaus Müller sagte, die Verbraucherschützer würden parallel die Öffentlichkeit informieren. Er sicherte eine gründliche Arbeit zu, bevor Verbraucher gewarnt werden. “Wir sind keine Institution, die mal eben so aus der Hüfte einen Schnellschuss macht.”Die Datenerhebung für die Marktbeobachtung findet Müller zufolge auf Grundlage der Verbraucherberatung in allen 16 Verbraucherzentralen statt. Dieses Prinzip wurde in den vergangenen vier Monaten in einer Modelluntersuchung aus dem Vorprojekt des Finanzmarktwächters zur Geldanlage und privaten Altersvorsorge getestet. Dabei wurden über 600 Verbraucherberatungen aus sechs Verbraucherzentralen ausgewertet.”Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass die Verbraucher aus der Stichprobe nicht bedarfsgerecht mit Anlage- und Vorsorgeprodukten ausgestattet sind”, so Müller. So sei knapp jedes zweite in der Vergangenheit erworbene Anlageprodukt zum Zeitpunkt der Bewertung durch die Verbraucherzentralen zu teuer, zu wenig rentabel, zu unflexibel oder zu riskant gewesen.Teile der Finanzbranche beäugen den neuen Akteur mit Sorge. So fordert die Deutsche Kreditwirtschaft, der zu errichtende Beirat solle paritätisch mit Vertretern der Aufsicht sowie der Anbieter- und Nachfragerseite besetzt sein. VZBV-Chef Müller zufolge liegen ihm bereits erste Bewerbungsunterlagen aus der Branche vor.Zudem muss der DK zufolge sichergestellt werden, “dass die Unabhängigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht durch die Aktivitäten des Finanzmarktwächters nicht berührt wird”. In Vier-Augen-Gesprächen äußern Finanzmarktvertreter, es sei dem VZBV bereits gelungen, staatliche Mittel für sein Projekt zu gewinnen. Es sei daher auch nicht ausgeschlossen, dass sie im Laufe der Zeit zunehmend an Einfluss bei der Aufsicht gewännen.”Der Finanzmarktwächter muss mit dem Frühwarnsystem verantwortungsvoll umgehen”, mahnte Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI. Schließlich könnten die Auswirkungen können gravierend sein. “Außerdem muss das Verhältnis zwischen dem Finanzmarktwächter und der BaFin genau definiert werden”, fordert auch er.Die Zertifikatebranche zeigte sich indessen gelassen. “Wir machen uns keine Sorgen”, sagte Christian Vollmuth, Geschäftsführer des Deutschen Derivate Verbandes. Schließlich hätten sich die Emittenten bereits freiwillig zu einem hohen Maß an Transparenz und damit dem Anlegerschutz verpflichtet.