IM INTERVIEW: CHRISTOPH SEIDEL, J.P. MORGAN

"M&A wird sich in naher Zukunft etwas abkühlen"

Protektionismus und politische Interventionen

"M&A wird sich in naher Zukunft etwas abkühlen"

– Herr Seidel, Sie leiten bei J.P. Morgan das Geschäft für Fusionen und Übernahmen in Deutschland. Was waren die größten Herausforderungen für den M&A-Markt im ersten Halbjahr? Das erste Halbjahr war sicherlich global eines der stärksten M&A-Perioden seit den Höchstständen vor der Finanzkrise. Trotzdem ist der zunehmende Protektionismus und das verstärkte Eingreifen der Politik in das Wirtschaftsgeschehen kritisch zu sehen.- Welche speziellen Herausforderungen stehen im zweiten Halbjahr an? Das Umfeld bleibt weiterhin sehr positiv für eine weltweite M&A-Aktivität. Wir erwarten dennoch, dass sich das M&A-Geschäft in der nahen Zukunft etwas abkühlen wird. Kritisch sehen wir hier insbesondere den zunehmenden Protektionismus und verstärkte politische Interventionen. – Ist die Zeit der Big Deals nach Bayer/Monsanto vorbei? Obwohl wir nach einigen sehr aktiven M&A-Jahren mit einer gewissen Abkühlung in der nahen Zukunft rechnen, bleibt das Thema Konsolidierung von Industrien weiterhin ein Kerntreiber für das M&A-Geschäft. Beispielsweise gehen wir davon aus, dass die Medien- und Telekommunikationsbranche vor einer weiteren großen Konsolidierungswelle in Amerika steht, die auch Auswirkungen auf Europa haben wird. – Treiben Aktivisten die Preise für Übernahmen in Deutschland?Wir sehen gerade für Europa und speziell Deutschland großes Aufholpotenzial für Aktivisten, im Vergleich zum bis dato Kernmarkt Amerika. Ein zunehmender Aktivismus wird sich auch positiv auf die M&A-Aktivität auswirken, aufgrund der häufig gestellten Forderungen von Aktivisten, beispielsweise Unternehmensrandbereiche zu verkaufen.- Hat sich der Mut chinesischer Investoren für Akquisitionen in Deutschland abgekühlt mit Blick auf politische und regulatorische Schwierigkeiten oder auch Problemen des chinesischen Konglomerats HNA?Korrekt, seit den Höchstständen vor zwei Jahren ist die chinesische M&A-Aktivität in Deutschland und Europa sichtlich abgeschwächt. Wir sehen dies jedoch eher temporär und erwarten über die kommenden Jahre erneut eine starke M&A-Aktivität aus China.- Schreitet die europäische Konsolidierung eher im Versicherungssektor voran, wie dies Äußerungen von Allianz-Vorstandsvorsitzendem Oliver Bäte nahelegen, als bei den Banken?Wir sehen sowohl im europäischen Banken-, als auch im Versicherungsbereich Konsolidierungsbedarf.—-Die Fragen stellte Karin Böhmert.