Margendruck setzt Chinas Bankriesen ICBC zu
Margendruck setzt ICBC zu
Chinas Großbanken erzielen schmalere Gewinne – Anleger sehen erstmals Interimsdividende
Chinas führende Kreditinstitute spüren anhaltenden Druck auf die Zinsmargen, der ihre gewohnte Ertragsstärke kompromittiert. Beim Marktführer ICBC zeigen die Gewinne erneut leicht nach unten. An der Börse wissen sich die staatlich kontrollierten Großbanken jedoch mit einer großzügigen Dividendenpolitik zu profilieren.
nh Schanghai
Chinas Großbanken stoßen in einem eingetrübten Konjunkturumfeld auf wachsende Schwierigkeiten, ihre Ertragsqualität zu halten. Zum einen sehen sie sich mit historisch niedrigen Zinsmargen und einer schleppenden Hypothekenkreditnachfrage konfrontiert, zum anderen wachsen Kreditausfallrisiken, die im Zusammenhang mit der Verschuldungskrise chinesischer Immobilienentwickler stehen.
Gewinne weiter rückläufig
Beim führenden Kreditinstitut des Landes, Industrial and Commercial Bank of China (ICBC), ist der Gewinn nach Steuern für die erste Jahreshälfte 2024 um 1,9% auf 170,5 Mrd. Yuan (21,6 Mrd. Euro) abgeglitten, zeigen am Freitag veröffentlichte Zahlen. Damit hat sich der Trend aber zumindest nicht verschlechtert. Im März-Quartal nämlich war der Gewinn etwas deutlicher, um 2,8%, auf 87,7 Mrd. Yuan, zurückgekommen. Im zweiten Quartal für sich genommen glitten die Gewinne um 0,9% auf 82,8 Mrd. Yuan ab.
Zinsmarge auf neuem Tiefpunkt
Was allerdings den Margentrend angeht, gibt es bei ICBC noch keine Entwarnung. Die Nettozinsmarge des Branchenprimus war von 1,61% zum Jahresende 2023 auf 1,48% zum März-Ultimo abgerutscht und hat sich zur Jahresmitte mit 1,43% nochmals niedriger dargestellt. Ähnlich sieht es bei der Nummer 2 China Construction Bank (CCB) aus, wo der Gewinn nach Steuern in der ersten Jahreshälfte um 1,8% auf 164,3 Mrd. Yuan gesunken ist. Hier schnurrte die Zinsmarge von 1,57% zu Ende März auf nunmehr 1,54% weiter zusammen.
Positive Wende bei ABC
Als erfreuliche Ausnahme gilt das drittgrößte unter den von der Zentralregierung mehrheitlich kontrollierten Kreditinstituten, Agricultural Bank of China (ABC). Deren Gewinne stiegen in der ersten Jahreshälfte gegenüber dem Vorjahr um 2% auf 135,9 Mrd. Yuan an. Dahinter steht eine überraschende positive Wende im zweiten Quartal. So kletterten die Gewinne zuletzt um 6,2% auf 65,5 Mrd. Yuan, nachdem sie im ersten Quartal noch um 1,6% gesunken waren. ABC verzeichnet sogar eine winzige Kräftigung der Nettozinsmarge auf 1,45%.
Für alle drei Großbanken gilt, dass sich das als Non-Performing Loan Ratio bezeichnete Verhältnis der als notleidend eingestuften Kredite zum gesamten Darlehensbestand stabilisiert oder nur geringfügig verschlechtert hat. Bei ICBC ist die Quote von 1,35 auf 1,36% zurückgegangen, CCB und ABC liegen bei 1,35 und 1,32%.
Erstmals Interimsdividende
Gegenüber den Anlegern warten die börsennotierten Großbanken mit einer kleinen Überraschung in Form der erstmaligen Auszahlung einer Interimsdividende auf. Bislang erfolgten Ausschüttungen nur für das Gesamtjahr. Dahinter steht eine konzertierte Aktion der Finanzregulatoren, um die führenden staatlich kontrollierten Institute zu großzügigem Dividendenverhalten zu ermuntern.
„Value-Aktien“ überzeugen
Die staatlich orchestrierte Dividendenoffensive beruht auf der Überlegung, dass die in den Blue-Chip-Index CSI 300 mit hohem Gewicht eingehenden Bankaktien ihren „Value-Charakter“ stärken und damit einen Kontrapunkt im schwachen Börsenklima setzen. Tatsächlich weisen die Aktien der Großbanken insbesondere in diesem Jahr auf eine starke Überperformance zum Gesamtmarkt auf. Mit einem Anstieg von etwa 15% im Kalenderjahr heben sich die Banktitel sehr deutlich vom CSI 300 ab, für den sich im Jahr 2024 der Baissetrend weiter fortsetzt.