LONDON STOCK EXCHANGE

Mars Attacks!

Xavier Rolet hat es jahrelang erfolglos versucht. Nun hat David Schwimmer, sein Nachfolger an der Spitze der London Stock Exchange, die Möglichkeit, den Marktinfrastrukturbetreiber zu einem lukrativen Preis zu verkaufen. Das 30 Mrd. Pfund schwere...

Mars Attacks!

Xavier Rolet hat es jahrelang erfolglos versucht. Nun hat David Schwimmer, sein Nachfolger an der Spitze der London Stock Exchange, die Möglichkeit, den Marktinfrastrukturbetreiber zu einem lukrativen Preis zu verkaufen. Das 30 Mrd. Pfund schwere Angebot von Hong Kong Exchanges & Clearing (HKEx) klingt zunächst verlockend. Dem Vereinigten Königreich würde es bei der weiteren Internationalisierung der Kapitalmärkte der Volksrepublik China einen Platz in der ersten Reihe verschaffen. Die Macht von HKEx-Chef Charles Li würde einen neuen Höhepunkt erreichen. Hongkong könnte seine Position mit der ehemaligen Kolonialmacht im Rücken besser gegen aufstrebende Wettbewerber wie Singapur verteidigen.Es gibt gleich eine ganze Reihe von Gründen, warum der Deal in dieser Form nicht zustande kommen dürfte: Die Finanzinvestoren, die den Datenanbieter Refinitiv bei der LSE abladen wollten, müssten sich einen neuen Abnehmer suchen, denn an diesem Geschäft hat Li kein Interesse. Schwimmer hält den Zukauf dagegen für einen großen Wurf. Er dürfte sich kaum mit der Rolle eines Abteilungsleiters der fusionierten Gesellschaft zufriedengeben, mit der Li den eigenen Worten zufolge die weltweiten Kapitalmärkte auf Jahrzehnte hinaus neu definieren will. Sollte nicht London bei so einer Transaktion die Führungsrolle übernehmen? Oder ist man im Board der LSE wegen der anhaltenden Brexit-Ungewissheit schon so kleinlaut geworden, dass man eine Zukunft als Wurmfortsatz der HKEx für erstrebenswert hält? Zumindest ist man zu schwach, die unverlangte Offerte ohne weitere Prüfung abzulehnen. Man fühlt sich unweigerlich an die Komödie “Mars Attacks!” erinnert, in der die Menschheit erst einmal abwartet, ob die Invasionsflotte aus dem All wirklich in friedlicher Absicht gekommen ist, denn schließlich hatten die Aliens das behauptet.Man darf nur hoffen, dass der politische Widerstand in Großbritannien gegen eine Akquisition durch einen Käufer, der in letzter Konsequenz dem chinesischen Staatschef Xi Jinping untersteht, mindestens so groß sein wird wie der gegen die Fusion mit der Deutschen Börse. Denn zumindest eines dürfte nach den anhaltenden Unruhen der vergangenen Wochen in Hongkong klar geworden sein: Mit der Rechtsstaatlichkeit dort ist es nicht mehr allzu weit her. Das Risiko, dass China diese Akquisition dazu nutzt, den Kapitalmärkten weltweit seinen Stempel aufzudrücken, sollte bei Anlegern die Alarmglocken schrillen lassen.