Globale Kreditwirtschaft

Banken im Bewertungsdilemma trotz steigender Gewinne

Der globale Bankensektor bleibt trotz eines Gewinns von 1,15 Bill. Euro im Jahr 2023 finanziell unterbewertet. Mit einem durchschnittlichen Kurs-Buch-Verhältnis von 0,9 bleibt die Branche hinter anderen Sektoren zurück.

Banken im Bewertungsdilemma trotz steigender Gewinne

Banken im Bewertungsdilemma trotz steigender Gewinne

McKinsey-Studie zu Ertragskraft und Börsenwert der globalen Kreditwirtschaft – sinkende Margen zu erwarten

wbr Frankfurt

Der globale Bankensektor bleibt trotz enormer Erträge und Gewinne finanziell unterbewertet, wie eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung McKinsey zeigt. Obwohl die Banken im Jahr 2023 weltweit einen Gewinn von 1,15 Bill. Euro erwirtschafteten, was einem Wachstum von 8% im Vergleich zum Vorjahr entspricht, liegt die Bewertung der Branche weiterhin deutlich hinter anderen Sektoren zurück.

Dies zeigt sich besonders im Vergleich zum Technologiesektor, der hohe Kurs-Buch-Verhältnisse aufweist, während der Bankensektor weltweit ein durchschnittliches Kurs-Buch-Verhältnis von nur 0,9 hat – das niedrigste aller Branchen. Besonders gravierend ist diese Diskrepanz in Deutschland, wo das Kurs-Buch-Verhältnis im Durchschnitt bei lediglich 0,4 liegt. 86% der deutschen Banken werden sogar unter ihrem Buchwert gehandelt.

Gestiegene Zinsen

„Obwohl die Bankenbranche die Kosten gesenkt und die Kreditqualität stabil gehalten hat, ist die positive Geschäftsentwicklung zu einem großen Teil auf die gestiegenen Zinsen zurückzuführen“, sagt Max Flötotto, Leiter der Banken-Beratung bei McKinsey in Deutschland.

Die McKinsey-Analyse verdeutlicht, dass der Bankensektor zwar seine Profitabilität ausgebaut und vor allem von den gestiegenen Zinsen profitiert habe, jedoch die Nachhaltigkeit dieses Aufschwungs fraglich bleibe. Die aktuelle Eigenkapitalrendite (RoTE) der Banken liegt global bei 11,7% und damit leicht über dem Vorjahreswert von 11,5%. Ohne die Zinssteigerungen wäre sie jedoch Schätzungen zufolge auf 8% gefallen – und damit unter den Kapitalkosten. Es bestehe das Risiko, dass sich der aktuelle Gewinnzuwachs als vorübergehend herausstellen und die Margen im Bankensektor mit sinkenden Zinsen wieder unter Druck geraten.

Margen dürften sinken

Für Deutschland erwartet die Beratungsgesellschaft, dass die Margen im Bankengeschäft bis 2025 um etwa 3% sinken könnten. Dies könnte dazu führen, dass die Eigenkapitalrenditen unter die Kapitalkosten sinken. Die Studie weist darauf hin, dass bloße Kostensenkungen nicht ausreichen werden, um den erwarteten Rückgang der Zinsmargen auszugleichen. Vielmehr müssten Banken ihre Geschäftsmodelle diversifizieren und spezialisierte Bereiche weiterentwickeln, um sich im Wettbewerb zu behaupten.

Die Diskrepanz zwischen der operativen Leistung der Banken und ihrer Bewertung an den Kapitalmärkten sei erheblich. Obwohl die Gewinne stark ausgefallen seien (die Institute haben im Vorjahr fast so viel verdient wie die Energiebranche und die Industrie zusammen), spiegele sich dies nicht in den Marktbewertungen wider.

Die Ursachen für die Entwicklung reichten von strukturellen Herausforderungen bis hin zu branchenspezifischen Problemen wie der wachsenden Konkurrenz durch alternative Finanzdienstleister. Zudem bleibe die Produktivitätsentwicklung im Bankensektor trotz hoher Investitionen in Technologie gemischt.

„Schwer umsetzbar“

Herausforderungen bestehen im Bereich Kostensenkungen. Laut der Studie müssten Banken ihre Kosten (Cost to Assets) um etwa 5% jährlich senken, um die aktuellen Eigenkapitalrenditen aufrechtzuerhalten. Dies wäre jedoch eine Reduktion, die fünfmal so groß wäre wie in den vergangenen Jahren. Das erscheint angesichts der Komplexität und Größe vieler Banken schwer umsetzbar.

„Mit Kostensenkungen allein wird sich der wahrscheinliche Rückgang der Zinsmargen nicht ausgleichen lassen“, sagt Reinhard Höll, Partner bei McKinsey. Vor diesem Hintergrund könnte die Bewertungslücke des Bankensektors bestehen bleiben, solange keine strukturellen und strategischen Maßnahmen ergriffen werden. McKinsey nennt erfolgreiche Beispiele von Banken, die es trotz dieser widrigen Umstände geschafft haben, sich durch eine Kombination aus strukturellen Veränderungen und exzellentem operativen Management an der Spitze zu halten. Diese Institute konzentrierten sich auf profitablere Marktsegmente und nutzen Skaleneffekte in Bereichen, in denen sie Wettbewerbsvorteile realisieren können.

Zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren gehören aus Sicht von McKinsey ein herausragender Kundenfokus, Exzellenz bei spezifischen Kundengruppen wie im Wealth Management, besonders geschultes Personal oder der flächendeckende Einsatz künstlicher Intelligenz.

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