Lebensversicherung

Mehr Geld für Versicherte

Angesichts steigender Zinsen könnte die Überschussbeteiligung nach Jahren des Rückgangs wieder steigen. Das erwartet Frank Grund, oberster Versicherungsaufseher bei der BaFin. Allerdings birgt die Zinsentwicklung auch Gefahren für die Versicherer.

Mehr Geld für Versicherte

dpa-afx Frankfurt

Millionen Altersvorsorgesparer können nach Ende der Zinsflaute auf steigende Überschüsse bei Lebensversicherungen hoffen. „Ich rechne schon damit, dass die Überschussbeteiligung in der Breite steigen wird, natürlich abhängig von der Situation am Kapitalmarkt insgesamt einschließlich der Aktien- und Immobilienmärkte“, sagte Deutschlands oberster Versicherungsaufseher Frank Grund den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-afx. Der Branchenverband GDV rechnet mit einer Trendwende. Erste Versicherer haben die Überschussbeteiligung bereits für 2023 angehoben, andere halten sie zumindest konstant.

Grund geht nicht davon aus, dass sich Lebensversicherer im großen Stil wieder hohe Garantien in die Bücher holen. „Die Risiken hoher Garantien haben wir gesehen. Ich denke, das dürfte keiner mehr machen.“ Die Branche konnte die Zinsversprechen aus Altverträgen von bis zu 4% in der Zinsflaute auf dem Kapitalmarkt kaum erwirtschaften. Die große Mehrheit bietet Neukunden seit einigen Jahren nur noch Produkte mit abgespeckter Garantie an.

In der Zinsflaute mussten Lebensversicherer einen milliardenschweren Kapitalpuffer bilden, um die hohen Versprechen der Vergangenheit abzusichern. Das Geld konnte nicht an die Kunden ausgeschüttet werden. Angesichts steigender Zinsen am Kapitalmarkt dürften in den kommenden Jahren Gelder aus der sogenannten Zinszusatzreserve frei werden. Das Geld wird über die Überschussbeteiligung den Kunden zugutekommen.

Verluste bei Staatsanleihen

Ein Großteil des Geldes der Versicherer steckt allerdings in vergleichsweise niedrig verzinsten Staatsanleihen aus den vergangenen Jahren. Deren Wert ist wegen des jüngsten Zinsanstiegs gesunken. In der Bilanz entstehen stille Lasten. Sind Versicherer gezwungen, die Papiere vor dem Ende der Laufzeit zu verkaufen, müssten sie den Wert entsprechend abschreiben. Das würde die Bilanz belasten. Branchenexperten rechnen daher damit, dass sich manche Versicherer zunächst um die stillen Lasten kümmern, bevor sie die Überschüsse erhöhen. „Ich könnte mir vorstellen, dass die Entlastung bei der Zinszusatzreserve zunächst genutzt wird, um stille Lasten abzubauen“, sagte Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata unlängst.

Hinzu kommt die stark gestiegene Inflation, die nach Einschätzung Grunds Folgen für das laufende Geschäft haben könnte. „Die Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass das Neukundengeschäft nicht so läuft wie geplant.“ Auch Kündigungen bestehender Verträge oder Beitragsfreistellungen durch die Kunden seien nicht auszuschließen, weil Verbraucher Geld für andere Dinge brauchten. „Die ganz große Kündigungswelle sehen wir bislang aber noch nicht. Gleichwohl sollten die Unternehmen für ein ausreichendes Liquiditätsmanagement sorgen.“

Im Moment stehen Grund zufolge 15 der insgesamt etwa 80 Lebensversicherer unter intensivierter Aufsicht. „Ich gehe davon aus, dass die Zahl in absehbarer Zeit deutlich sinken wird“, sagte der BaFin-Exekutivdirektor. Derzeit müsse kein Lebensversicherer mehr die Übergangsmaßnahmen des europäischen Aufsichtsregelwerks Solvency II in An­spruch nehmen. Vielmehr erfüllten die Unternehmen schon jetzt die ­Vorgaben, die ab 2032 verpflichtend greifen.

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