Mehr Transparenz mit weniger Aufwand

Quartalsmitteilungen eröffnen Handlungsmöglichkeiten für punktgenaue Information

Mehr Transparenz mit weniger Aufwand

Erstmals seit langem wird eines der Regulierungsschräubchen für den Kapitalmarkt ein paar Umdrehungen zurückgeschraubt. EU- und deutsches Recht verändern die quartalsweisen Berichtspflichten (Q1 und Q3) börsennotierter Unternehmen tiefgreifend. Worauf müssen sich Investoren und Analysten einstellen?Mit Inkrafttreten der Novellierung des Wertpapierhandelsgesetzes gelten seit November 2015 neue Regelungen für die quartalsweisen Berichtspflichten börsennotierter Unternehmen: Im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) notierte Unternehmen waren bislang gem. § 51 Börsenordnung der FWB (BörsO) zur Erstellung und Veröffentlichung von Quartalsfinanzberichten verpflichtet. Diese Verpflichtung wurde mit der ebenfalls am 26. November 2015 in Kraft getretenen Änderung der BörsO durch die Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung einer Quartalsmitteilung gem. § 51a BörsO ersetzt.Was müssen derartige Quartalsmitteilungen enthalten? § 51a BörsO zufolge finden sich in ihnen mindestens:- Informationen, die die Beurteilung ermöglichen, wie sich die Geschäftstätigkeit des Emittenten im jeweiligen Mitteilungszeitraum entwickelt hat,- die wesentlichen Ereignisse und Geschäfte des Mitteilungszeitraums im Unternehmen des Emittenten,- ihre Auswirkungen auf die Finanzlage des Emittenten,- die Finanzlage und das Geschäftsergebnis des Emittenten im Mitteilungszeitraum sowie- gegebenenfalls Änderungen von Prognosen und sonstige Aussagen zur voraussichtlichen Entwicklung.Die Veröffentlichung eines Zahlenwerks mit Lagebericht und Anhang ist nicht mehr verpflichtend vorgesehen.Diese Vorgabe hat bereits zu einigen Debatten geführt. Werden sich die Emittenten auf schöne Worte verlegen, statt wie bisher auf harte Fakten zu setzen? Werden die Kapitalmarktteilnehmer künftig im Dunklen gelassen? Diese Sorge scheint nach gegenwärtigem Stand unbegründet zu sein. Im Gegenteil, der Austausch zwischen den Dachverbänden der Investoren (BVI Bundesverband Investment und Asset Management und DSW Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz), Analysten (DVFA) und Emittenten (DIRK Deutscher Investor Relations Verband und DAI Deutsches Aktieninstitut) sowie der Deutschen Börse und die daraus erwachsenen Stellungnahmen und Empfehlungen legen den Schluss nahe, dass die Mehrzahl der Beteiligten entschlossen ist, die neue Freiheit intensiv und positiv zu nutzen: “Mehr Transparenz mit weniger Aufwand!” lautet die Parole.Aus Sicht der Emittenten eröffnet sich ein breites Spektrum an Handlungsmöglichkeiten. Einige Unternehmen werden von ihrer bisherigen Berichtspraxis nicht abrücken, andere werden sich sehr pointiert auf eine Auswahl von Leistungskennzahlen beschränken, viele werden voraussichtlich eine Kombination aus Abschlussdaten, Übersichten und Informationen zum Gang der Geschäfte publizieren. Zentrale GrundsätzeDa die überwiegende Mehrzahl der Emittenten auch weiterhin Quartalsabschlüsse fahren wird (weil sie sie zum Beispiel intern oder auf der Fremdkapitalseite ohnehin benötigen), liegen die Daten aus Rechnungswesen und Controlling im Unternehmen ohnehin in aller Tiefe vor. Daher besteht grundsätzlich die Möglichkeit, aus diesem Reservoir eine präzise Auswahl zu treffen, solche Daten hervorzuheben, die zum Verständnis des Unternehmens und seiner Aussichten hilfreich sind. In einer eigens eingerichteten Arbeitsgruppe hat der Deutsche Investor Relations Verband drei zentrale Grundsätze benannt, die für diese Auswahl leitend sein sollten:- Kontinuität,- Wesentlichkeit,- Vergleichbarkeit.Kontinuität sollte gewahrt bleiben, wenn es um die Darstellung wesentlicher Inhalte geht, beispielsweise um die Entwicklung einzelner Segmente. Selbstverständlich sollten auch zuvor angekündigte Entwicklungen weiter verfolgt, Fortschritte ebenso erläutert werden wie eventuelle Schwierigkeiten. Jeder Neuanfang sollte zudem gut überlegt und so angelegt sein, dass er als Startpunkt für eine neue, kontinuierliche Informationspolitik dienen kann.Die bisherigen Quartalsberichte sind stellenweise sehr schematisch aufgebaut und orientieren sich an der Maßgabe der “Vollständigkeit” entlang von Vorgaben von Rechnungslegungsvorschriften (zum Beispiel IFRS). Da diese Vorgaben nicht mehr bindend sind, sind auch der Anhang und der Lagebericht im herkömmlichen Schema entbehrlich, solange wesentliche Veränderungen der Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage hinreichend erläutert werden. Dazu zählen im Sinne des “Expectation Management” auch Änderungen in der Risiko- und Chancenbewertung sowie der Prognose für den weiteren Geschäftsverlauf.Um weiterhin die Vergleichbarkeit mit der Peergroup zu gewährleisten, empfiehlt der DIRK, auf ein Zahlenwerk nicht zu verzichten. Bilanz, Gewinn- und Verlust-Rechnung (GuV) sowie Kapitalflussrechnung sollten verfügbar sein, was gegebenenfalls eine verkürzte Darstellung nicht ausschließt. Dabei sollten selbstverständlich auch branchentypische Besonderheiten und die entsprechenden Kennzahlen mit berücksichtigt werden.Nach § 51a BörsO sind folgende Mindestanforderungen verpflichtend einzuhalten:- Informationen, die die Beurteilung ermöglichen, wie sich die Geschäftstätigkeit des Emittenten im jeweiligen Mitteilungszeitraum entwickelt hat,- die wesentlichen Ereignisse und Geschäfte des Mitteilungszeitraums im Unternehmen des Emittenten,- ihre Auswirkungen auf die Finanzlage des Emittenten,- die Finanzlage und das Geschäftsergebnis des Emittenten im Mitteilungszeitraum sowie- gegebenenfalls Änderungen von Prognosen und sonstige Aussagen zur voraussichtlichen Entwicklung.Der DIRK-Arbeitskreis empfiehlt, folgende Komponenten in die Quartalsmitteilung zu integrieren:- Statement des Vorstands mit Rück- und Ausblick, Erwartungsmanagement,- Diskussion der Prognose,- Bilanz, GuV, Kapitalflussrechnung (auch in verkürzter Form möglich),- Segmentinformationen,- aus dem Geschäftsmodell abgeleitete oder branchenspezifische Kennzahlen,- Erläuterungen zu wesentlichen Veränderungen, auffälligen Posten.Aus Sicht der Empfänger wird sich auf den ersten Blick eine neue Vielfalt an Darbietungsformen präsentieren. Aber zum einen halten sich auch derzeit die Quartalsberichte zwar vordergründig an ähnliche Gliederungssystematiken – die Geschäftsmodelle und jeweiligen Umstände sind aber eben doch hochgradig verschieden. Daher kann im Gegenteil eine individuellere Ausrichtung der Quartalsmitteilungen die Orientierung sogar erleichtern. Dies gilt umso mehr, wenn die Emittenten es sich angelegen sein lassen, diejenigen Kennzahlen und Indikatoren in den Vordergrund zu rücken, die ohnehin auf besonderes Interesse der Kapitalmarktteilnehmer stoßen. Bessere OrientierungFolgt man der Empfehlung, Redundanzen zu vermeiden und kritische, branchentypische und geschäftsmodellbezogene Daten vorrangig zu präsentieren und zu diskutieren, dann erleichtert schon diese inhaltliche Konzentration aufs Wesentliche den Empfängern eine bessere Orientierung. Zugleich bietet die Form der Quartalsmitteilung einen weiteren Vorteil: Sie ermöglicht den verstärkten Einsatz eingängiger Formen. Mit Übersichten, Tabellen, Grafiken sowie knappen und klaren Erläuterungen lässt sich die aktuelle Entwicklung des Unternehmens auf den ersten Blick erfassen. Von hier aus kann man dann entscheiden, inwieweit man sich auch den Details und Hintergründen widmen will oder muss.Schließlich lenkt die Freigabe der Formate der Berichterstattung den Blick auf einen weiteren Trend. Mit der zunehmenden Akzeptanz mobiler Kommunikationstechnologien (Smartphone und Tablet) wird sich auch die Finanzberichterstattung neue Wege suchen. Die Gestaltung der Quartalsmitteilungen kann schon jetzt dazu genutzt werden, ihre dedizierte Verbreitung auch über elektronische Medien in den Vordergrund zu rücken. Hierzu zählen die diversen Kanäle der Social Media und Formate wie Präsentationen oder Videobotschaften. Dem Gedanken schneller und verlässlicher Information auf einen Blick sind alle diese Ansätze verpflichtet. Und den Emittenten wird im Interesse einer fairen Bewertung ihrer Dividendentitel unverändert daran gelegen sein, alle benötigten Informationen in hinreichender Detailtiefe vorzuhalten.—Christoph Schlienkamp, Managing Director Small Cap Research beim Bankhaus Lampe sowie Dozent im CIRO—Joachim Fleing, Investor-Relations-Beauftragter der Phoenix Solar AG und Partner bei Hilfreich-IR sowie Dozent im CIRO