Mehr Verkäufe als Käufe in der Pipeline
Von Thomas List, Frankfurt”Die Liste der potenziellen Verkäufe ist bei uns länger als die der möglichen Käufe.” So beschreibt Günter Manuel Giehr, Geschäftsführer der Meag und für Immobilien zuständig, die Lage am Markt. Seine gesamte Verkaufspipeline für Immobilien liege im zweistelligen Millionenbereich. Die Meag verwaltet im Wesentlichen das Vermögen des weltgrößten Rückversicherers Munich Re und das der zugehörigen Erstversicherer der Tochtergesellschaft, der Ergo Versicherungsgruppe. Das verwaltete Vermögen betrug Ende März dieses Jahres 270 Mrd. Euro (siehe Grafik). Davon kamen 15,1 Mrd. Euro von Anlegern außerhalb der Munich-Re-Gruppe. Lage noch schwierigerDie Lage am Immobilienmarkt ist für Giehr in den vergangenen zwölf Monaten noch schwieriger geworden (vgl. BZ vom 13.6.2014). “Angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen stehen unsere Mandanten vor besonderen Herausforderungen.” Die Preisentwicklung am Immobilienmarkt bezeichnet Giehr als “noch aggressiver als vor einem Jahr”. Daher würden viele Marktteilnehmer auf schlechtere Lagen ausweichen. “Das erfordert ein aktiveres Assetmanagement mit umfangreichen Baumaßnahmen oder auch Umnutzungen.” Letztlich führe das aber zu mehr Risiko. “Diesen Weg gehen wir nicht”, sagt der Manager. “Wir haben uns zwar viele mögliche Transaktionen angeschaut, sind aber kaum fündig geworden. Generell ist der Ankaufprozess schwierig.”Grundsätzlich betreibe die Meag bei Immobilien kein kurzfristiges Zyklusgeschäft, da die Transaktionskosten zu hoch seien. “Wir setzen auf langfristiges Buy and Hold. 50 Jahre sind da eine gute Größe.” In der Gruppe sei man der Ansicht, dass die Risiken im Versicherungsgeschäft eingegangen werden sollten – und nicht auf der Aktivseite der Bilanz, also in der Kapitalanlage. Favorit WohnenGiehr investiert nach wie vor in Wohnobjekte, “auch wenn ich da Zugeständnisse bei der Rendite machen muss”. Aktuell betreibe die Meag in Hamburg eine zweite Projektentwicklung in Barmbek Süd, die 90 Mietwohnungen umfasst und Mitte 2016 fertiggestellt werden soll – nach einem ersten Projekt auf der Cremon-Insel, das im Frühjahr 2016 vollendet wird. Bei Angeboten, in Wohnungen für Senioren zu investieren, sieht Giehr genau hin. “Betreutes Wohnen als Betreiberimmobilien machen wir nicht.” Barrierefreie Objekte prüft er aber durchaus näher.Auch in der Logistik ist die Meag weiter aktiv. Das Logistikportfolio, das die Meag mit einem Partner aufbaut, hat inzwischen ein Volumen im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Ziel ist ein Portfolioaufbau von 200 Mill. Euro über die nächsten Jahre je nach Verfügbarkeit. “Im Frühjahr haben wir uns eine Projektentwicklung in Lyon gesichert. Insgesamt gilt aber auch für die Logistik: Die Preise sind grenzwertig.” Giehrs Credo ist eindeutig: “Ich kann ankaufen, muss aber nicht. Unsinn machen wir sicher nicht.” Ein Markt entstehtBeim Blick über die Grenze konstatiert der Manager, dass in Ländern wie Spanien, Portugal und den Niederlanden für Objekte mit hohen Leerständen nur noch kurzen Restlaufzeiten bei den Mietverträgen und teilweise sogar erforderlichen Baumaßnahmen ein Markt entsteht. “Das bedeutet für uns, Verkaufsmöglichkeiten aus unserem Bestand heraus zu prüfen.” Dabei gehe es nicht unbedingt um einen sofortigen Verkauf, sondern auch um Modernisierung und Neuvermietungen, um dann beim Verkauf einen besseren Preis zu erzielen. Bestand durchforstenAktuell hat die Meag zwischen 15 und 20 laufende Projekte im Bestand – bei knapp 300 Objekten im Inland und 60 bis 70 Objekten im Ausland. “Wir durchforsten ständig unseren Bestand, um zu entscheiden: abreißen und neu bauen, sanieren, umnutzen oder verkaufen?”Großes Interesse haben die Meag-Mandanten auch am Ausbau des US-Engagements. “Wir bauen unser Reit-Portfolio weiter aus.” Aktuell sei ein dreistelliger Dollar-Millionbetrag investiert. Das seit 2009 im Aufbau befindliche weltweite Portfolio für die Real Estate Investment Trusts (Reits) ist inzwischen rund 300 Mill. Dollar wert. Giehr bevorzugt Reits, weil sie auch in Krisenzeiten hoch liquide seien. Die Meag investiert aber auch direkt. So kaufte sie kürzlich bei einem Washingtoner Trophy Building den Partner für 80 Mill. Dollar aus und hält das Gebäude jetzt zu 98 % mit Option auf 100 %.An den asiatischen Immobilienmärkten und dem australischen ist die Meag über Fonds präsent. “Die laufen gut”, sagt Giehr. Dies gelte für Länder wie Malaysia, Hongkong, Singapur und Japan, nicht aber für Indien. China, wo die Meag über einen Retailfonds präsent ist, bezeichnet der Manager als “herausfordernd”. Denn der Markt sei sehr volatil. “Und es ist noch unklar, welche Erfolgsfaktoren eigentlich am chinesischen Immobilienmarkt ausschlaggebend sind. Für westliche Investoren ist das chinesische Konsumverhalten mit Blick auf den Einzelhandel schwer einzuschätzen. Gut funktionierende Shopping-Malls finden sich selten.” Zurückhaltung bei FondsBei Neuengagements in Fonds hält sich Giehr im Moment generell zurück. Zum einen seien Fonds vergleichsweise illiquide. Zum anderen müsse man für eine Rendite von 8 % bis 10 % mindestens Value-add-, wenn nicht sogar opportunistische Objekte auswählen. “Das ist aber nicht unser Fokus.” Außerdem missfällt Giehr, dass er als Investor sich für Zeiträume von zehn bis zwölf Jahren verpflichten müsse, eine bestimmte Summe zur Verfügung zu stellen. Diese Summe werde aber erst nach und nach abgerufen. “Den Rest des Kapitals muss man dann über Jahre irgendwo parken – meist zu schlechten Konditionen.”