Mehr Vernetzung für moderne Druckweiterverarbeitung

Die digitale Transformation in der Druckindustrie beschleunigt sich durch die Folgen der Corona-Pandemie

Mehr Vernetzung für moderne Druckweiterverarbeitung

Von mittelständischen Unternehmen geprägt, weist die Druckindustrie hierzulande eine traditionell große Vielfalt mit Blick auf die unterschiedlichen Formen der Druckverfahren auf – von Offset-, Flexo-, Tief- und Siebdruck über Digitaldruck bis zu anderen Spezialdruckverfahren und der Druckweiterverarbeitung. Dabei ist die Branche infolge der andauernden Verschiebungen der Mediennutzung seit Jahren im Umbruch, was zu einer Konsolidierung im Markt führt.Erwirtschaftete die Druckindustrie in Deutschland 2019 einen Gesamtumsatz von rund 10,9 Mrd. Euro, wurden 2007 und 2008 noch Umsätze von mehr als 13 Mrd. Euro verzeichnet. Im Zusammenspiel mit den Folgen der Corona-Pandemie stellt dies auch die hochinnovativen Druckdienstleister und Maschinenhersteller aus Baden-Württemberg vor große Herausforderungen, wollen sie ihre weltweite Technologieführerschaft nicht einbüßen.Die Nutzung neuer Technologien ist die zentrale Herausforderung, wenn es darum geht, neue Märkte zu erschließen. Denn die Anforderungen von Kunden haben sich in den vergangenen Jahren massiv verändert: etwa wenn man sich den Trend zu kleineren Auflagen, die in immer kürzer werdenden Abständen wechseln, und mehr und mehr individualisierten Produkten vor Augen führt. Mit Covid-19 hat die Geschwindigkeit des Wandels noch einmal deutlich an Fahrt gewonnen.Vor diesem Hintergrund ist es wenig erstaunlich, dass in der Druckindustrie – genauso wie in anderen Industriezweigen wie etwa der Automobilindustrie – die Innovationszyklen zusehends kürzer werden. Die Notwendigkeit zur technischen Innovation und zur beschleunigten Markteinführung von neuen Produkten ist daher längst keine rhetorische Übung mehr, sondern gelebte Praxis.Es gilt daher, Geschäftsmodelle permanent auf den Prüfstand zu stellen. Die Marktteilnehmer stehen vor der Aufgabe, die Vernetzung aller Prozessschritte im Druck voranzutreiben und den Automatisierungsgrad zu erhöhen. Dazu zählt der konsequente Ausbau von Digitalisierung und IoT-Technologie (Internet of Things – kurz IoT), um Maschinen mit digitaler Intelligenz auszustatten und Roboter einsatzfähig zu machen, um beispielsweise Rüstzeiten zu verkürzen oder teuren Produktionsstillstand zu vermeiden. Fest eingeplante VorhabenViele Druckereien arbeiten bereits mit Hochdruck an der nötigen Standardisierung und Automatisierung. Nach den Ergebnissen einer Umfrage des Bundesverbandes Druck und Medien (BVDM) wollen sie verstärkt in Digitalisierung investieren. So hatten rund 80 % der Befragten in den kommenden zwei Jahren Digitalisierungsvorhaben fest eingeplant.Auch Zusammenschlüsse und Kooperationen von Druckdienstleistern, wie zum Beispiel im Rahmen von Produktions- und Vermarktungsverbünden, gewinnen an Bedeutung, weil sich der nötige Grad an Wettbewerbsfähigkeit häufig erst durch “Größe” beziehungsweise entsprechende Auftragsvolumina sowie durch die Bündelung komplementärer technologischer Kompetenzen einstellt. So steht beispielsweise die Postpress Alliance für ein umfassendes Leistungsportfolio von der Datenübergabe aus dem MIS (Management-Informationssystem) über das Schneiden, Falzen, Stanzen, Klebebinden oder Draht-Heften bis hin zur Verarbeitung von Mailing- und Outsert-Systemen.Insbesondere in Wachstumsmärkten wie dem Verpackungsdruck und der industriellen Druckweiterverarbeitung ist das Automatisierungspotenzial weiter hoch – die Zukunft im Bereich Postpress wird in der vernetzten Produktion mit hochflexiblen Verarbeitungssystemen liegen, die sich voll automatisiert ohne manuelle Eingriffe auf ein neues Produkt vorbereiten. Gleiches gilt für die steigende Bedeutung von Robotik-Anwendungen, die es beispielsweise ermöglichen, das manuelle Abstapeln gefalzter Signaturen auf die Palette zu automatisieren. Solche kollaborierenden Roboter können inzwischen über integrierte Kameras selbständig Entscheidungen treffen, etwa zu welcher Produktion die jeweiligen Signaturenstapel gehören.All diejenigen, die in diesen Wandel hin zu einer vernetzten Weiterverarbeitung investieren wollen, benötigen neben der Hardware die entsprechenden Grundlagen bei der Software, um Datenanalyse und Auftragsplanung in der Weiterverarbeitung zu digitalisieren. Auftragsspezifische Daten wie zum Beispiel verwendete Materialien, Bogengrößen, Falzarten, etc. lassen sich dadurch nutzen, um den Einstellprozess von Falzmaschinen zu optimieren.Zudem wird die Produktion durch ständigen Datenaustausch zu übergeordneten Management-Informations-systemen vorhersehbar und eine effizientere Planung möglich, weil alle Änderungen in der Produktion sofort an die Maschinen weitergereicht werden, also ein Live-Datenabgleich stattfindet. Maschinen können damit nicht nur eigenständig Aufträge erkennen und die automatisierten Bestandteile selbst einstellen, auch die Auftragsplanung besitzt dank dieser Echtzeitdaten stets den Überblick über den Status der Aufträge und kann, wenn nötig, eine situationsbedingte Feinplanung vornehmen. Effizienter planenWenn zum Beispiel eine Falzmaschine länger als geplant belegt ist, können nachfolgende Aufträge auf eine andere verlegt werden, damit der geplante Endtermin gehalten werden kann. All dies macht eine Just-in-time-Produktion möglich, wodurch Zeit und Lagerkapazität gespart und noch schneller geliefert werden kann.Neben der Produktion wird sich auch der Veränderungsdruck im After-Sales-Geschäft durch die Corona-Pandemie weiter erhöhen. Einer Studie zufolge stehen viele Unternehmen in diesem Bereich noch am Anfang der Digitalisierung. Neben der steigenden Automatisierung, Stichwort Condition Monitoring und Predictive-Maintenance-Lösungen, wird es für die mittelständischen Unternehmen in der Region hier darum gehen, ihre Unabhängigkeit in globalen Lieferketten weiter auszubauen, damit auch Ersatz- und Verschleißteile jederzeit für den Kunden verfügbar sind.Wichtige Fertigungswerke vor diesem Hintergrund in Europa aufzubauen oder nach Europa zurückzuholen ist sicherlich ein Aspekt, den es miteinzubeziehen gilt. Zudem steigt in Zeiten von Reise- und Kontaktbeschränkungen die Bedeutung des Digitalisierungsgrades im Service-Portfolio mit entsprechenden Service-Leistungen – angefangen von Online-Shops über das Einrichten von E-Learning-Angeboten für Kunden und Live-Chats bis hin zu digitalen Fernwartungstools. Thomas Heininger, Geschäftsführer der MBO Postpress Solutions GmbH und Berthold Zinth, Geschäftsführer der MBO Postpress Solutions GmbH