Mietpreiswachstum wird sich beschleunigen
Die Büromärkte in deutschen Großstädten befinden sich seit 2015 im Aufschwung und verzeichnen stetig steigende Flächenumsätze bei gleichzeitig sinkenden Leerständen. Da verwundert es nicht, dass in den A-Städten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Stuttgart) im Jahr 2017 erstmals die Grenze von 4 Mill. qm bezogen auf den insgesamt registrierten Büroflächenumsatz übertroffen und damit ein neues Rekordergebnis aufgestellt wurde. Und auch im ersten Halbjahr 2018 wurde erneut ein herausragendes Resultat erzielt, das nur leicht unter dem im Vorjahr aufgestellten Bestwert zurückbleibt.Verantwortlich für diesen Aufwärtstrend ist in erster Linie die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung, die zu einem kontinuierlichen Anstieg der Beschäftigtenzahlen geführt hat. Darüber hinaus haben aber auch neue und flexiblere Arbeitswelten sowie wachsende Anforderungen an die Qualität, Konzeption oder den Standort von Arbeitsplätzen zu einer steigenden Nachfrage beigetragen. Da gerade jüngere Arbeitnehmer zunehmend Wert auf ein modernes, kreatives und inspirierendes Umfeld legen, müssen viele Unternehmen neue und hochwertige Flächen anmieten, um im sogenannten “War for Talents” bestehen und sich gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter sichern zu können.Die Märkte sind also von einer steigenden Nachfrage bei gleichzeitig sinkendem Angebot gekennzeichnet. Den ökonomischen Regeln und Wirkungsmechanismen folgend, spiegelt sich diese Situation in der Mietpreisentwicklung wider, die in den letzten Jahren zu beobachten war. In den genannten Metropolen hat sich die erzielte Durchschnittsmiete seit 2015 um rund 6 % p.a. erhöht. Etwas moderater fiel die Entwicklung der Spitzenmiete aus, die im Schnitt um gut 4 % zugelegt hat.Diese Durchschnittswerte werden allerdings überproportional von Berlin beeinflusst, wo in den vergangenen Jahren die mit Abstand größte Dynamik in Europa verzeichnet wurde. Verantwortlich hierfür sind der sich beschleunigende konjunkturelle Aufholprozess der Hauptstadt, die steigende internationale Bedeutung und ein Angebot deutlich unterhalb der Fluktuationsreserve. Aber selbst ohne diesen besonderen “Berlin-Effekt” verbuchten die großen deutschen Standorte bei der Durchschnittsmiete ein Plus von über 4 % p.a. und die Höchstpreise kletterten um knapp 3 % p.a. Auch dies sind im langjährigen Vergleich durchaus beeindruckende Werte. Wie geht es weiter?Die sich automatisch anschließende Frage ist: Wie geht es weiter, und was bringen die nächsten Jahre? Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der aktuelle ökonomische und damit auch der Immobilienzyklus bereits seit acht Jahren nur eine Richtung kennt und somit volkswirtschaftlichen Theorien zufolge eine Phase mit zumindest deutlich niedrigeren Wachstumsraten bevorstehen sollte.Unterstellt man ein solches Szenario mit geringerem Bruttoinlandsprodukt(BIP)-Wachstum und leicht steigender Arbeitslosigkeit in den nächsten Jahren, wäre die normale Reaktion der Mietpreise auf den Büromärkten, dass sie vermutlich noch einige Quartale steigen würden, um sich dann auf dem erreichten Niveau für einen etwas längeren Zeitraum zu stabilisieren. Externe Schocks, welche die globale Gesamtwirtschaft erschüttern würden, sind hierbei ausgeblendet, da sie weder zu prognostizieren noch kalkulierbar sind.Aktuell spricht allerdings vieles dafür, dass die Büromieten selbst bei einer zyklusbedingten Abkühlung der Konjunktur mittelfristig weiter steigen werden. Sollte die Weltwirtschaft aufgrund neuer Impulse in den nächsten Jahren in geringerem Maße runterfahren als momentan erwartet, was wir aktuell nicht ausschließen, gilt dies natürlich umso mehr. Was sind die wesentlichen Gründe für diese Einschätzung?Ein entscheidender Faktor der letzten Büromarktzyklen war das jeweils stark anziehende Neubauangebot, das häufig erst fertiggestellt wurde, wenn die Nachfrage im Zuge eines gesamtwirtschaftlichen Abschwungs bereits rückläufig war. Zwar ist auch aktuell eine spürbare Ausweitung der Bauaktivitäten zu beobachten, allerdings sind die Volumina noch weit entfernt von beispielsweise den Werten während der Dotcom-Krise und das bei heute deutlich höheren Flächenumsätzen.In den genannten A-Städten haben sich die verfügbaren Flächen im Bau seit 2015 um rund 580 000 qm auf aktuell 1,37 Mill. qm erhöht. Im gleichen Zeitraum haben sich die modernen Leerstände, also das mit Abstand am stärksten nachgefragte Marktsegment, um gut 550 000 qm auf 1,36 Mill. qm reduziert. Fasst man diese beiden Angebotskomponenten zusammen, verfügen die großen deutschen Metropolen im Moment über 2,74 Mill. qm moderne Büroflächen, die von Unternehmen angemietet werden können. Bei Flächenumsätzen von über 4 Mill. qm und Absorptionsraten, also dem echten Flächenneubedarf, zwischen einem Drittel und fast 40 %, würde dieses Angebot nur knapp zwei Jahre reichen. Damit ist die aktuelle Situation schon rein quantitativ nicht mit vorherigen Büromarktzyklen vergleichbar. Hinzu kommen aber noch einige weitere Einflussparameter, die auf weiter steigende Mieten hindeuten.Wichtige Aspekte sind auch die Grundstücksverfügbarkeit und -kosten. Nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Ansprüche der Mitarbeiter kommt innenstadtnahen, infrastrukturell gut ausgestatteten und mit ÖPNV leicht erreichbaren Standorten eine zunehmende Bedeutung zu. Gerade in den zentralen Lagen sind verfügbare Grundstücke für neue Büroentwicklungen aber sehr begrenzt und weisen spürbar anziehende Preise auf.Hinzu kommt seit einigen Jahren eine Wettbewerbssituation, die es vorher in dieser Form nicht gab. Durch die stark gestiegenen Wohnungsmieten sind Citystandorte auch für Wohnungsentwickler zunehmend attraktiv. Damit entsteht immer häufiger eine Konkurrenzsituation zwischen Büro- und Wohnungsnutzungen, die sich ebenfalls in steigenden Grundstückspreisen niederschlägt. Noch nicht berücksichtigt sind zukünftige Entwicklungen im Zusammenhang mit der Lieferlogistik von Onlinehändlern. Für die sogenannte “letzte Meile” werden auch hier in den nächsten Jahren innenstadtnahe Grundstücke benötigt, so dass der Wettbewerb zwischen den Nutzungen tendenziell noch weiter zunehmen wird. Nicht zu vernachlässigen ist vor allem auch der beschleunigte Preisanstieg für Bauleistungen. Aufgrund der guten konjunkturellen Entwicklung der letzten Jahre sind die Kapazitäten der Bauwirtschaft überaus angespannt, wodurch sich nicht nur die Bauzeiten verlängern, sondern auch die Preise deutlich angezogen haben. Vor diesem Hintergrund wird es für Projektentwickler zunehmend schwieriger, ein Projekt über die gesamte Bauphase abgesichert zu kalkulieren, so dass sich das wirtschaftliche Risiko erhöht.Wie angespannt die skizzierte Situation aktuell ist, zeigt sich auch daran, dass es mittlerweile mehrere Fälle gibt, in denen Projektentwickler nicht nur bereits Mietverträge abgeschlossen, sondern auch den Verkauf schon durchverhandelt hatten. Da sie aber keinen Generalübernehmer finden konnten, haben sich die Vorhaben verschoben oder wurden im Einzelfall sogar vollständig aufgegeben.Fasst man alle Punkte zusammen, so zeigt sich, dass die Kosten für die Errichtung von Büroflächen, gerade in zentralen Lagen, auch mittelfristig weiter steigen werden. Für Entwickler ist es damit nicht mehr möglich, moderne Büroflächen für Mietpreise wie in der Vergangenheit zu erstellen. Berücksichtigt man zusätzlich die kontinuierlich wachsenden Anforderungen im Zusammenhang mit neuen Arbeitswelten, geht an weiter steigenden Mieten in den nächsten Jahren kein Weg vorbei. Dies gilt sowohl für die Spitzen- als auch Durchschnittsmieten in allen großen Städten, auch wenn die Dynamik zwischen den einzelnen Standorten etwas variieren wird.Aus heutiger Sicht deutet sogar vieles darauf hin, dass die Wachstumsraten der vergangenen Jahre noch übertroffen werden und sich das Mietpreiswachstum beschleunigt. Angesichts dieser Tatsache ist es auch nicht verwunderlich, dass Büros weiterhin die beliebteste Assetklasse der Investoren sind und hohe Preise akzeptiert werden. Aufgrund der absehbaren Mietsteigerungspotenziale werden die Capital Values, also die Preise pro Quadratmeter, zukünftig weiter zulegen.—-Piotr Bienkowski, CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland