Milliardenlast für Lebensversicherer - BaFin hält Branche für gewappnet

Chefaufseher Frank Grund erwartet Zwangsreserve von über 10 Mrd. Euro - Abwicklungen im Visier

Milliardenlast für Lebensversicherer - BaFin hält Branche für gewappnet

ak Düsseldorf – Die deutschen Lebensversicherer werden in diesem Jahr so viel wie noch nie für hohe Garantieversprechen aus der Vergangenheit zurücklegen müssen. Frank Grund, der neue Chefaufseher der Assekuranz, geht davon aus, dass die Branche mindestens 10 Mrd. Euro an Zinszusatzreserve bilden muss. Der Topf – ein Puffer, den die Branche seit 2011 bilden muss – schwillt angesichts der historisch niedrigen Zinsen immer weiter an und dürfte Ende des Jahres mit etwa 31 Mrd. Euro gefüllt sein. “Nächstes Jahr wird der Zuwachs tendenziell noch etwas höher sein”, prognostizierte der seit Anfang Oktober amtierende BaFin-Exekutivdirektor in seinem ersten Zeitungsinterview. Trotz Klagen in der Branche, die die Reserve aus ihren Rohüberschüssen bilden muss, hält Grund die Belastung “für derzeit noch vertretbar”. Eine kleine, kürzlich beschlossene Entlastung bei der Kalkulation hätten rund eine Handvoll Unternehmen in Anspruch genommen.Der BaFin-Versicherungsaufseher mahnte die Branche, ihre Hausaufgaben zu machen. “Ich erwarte schon, dass sich auf der Kostenseite noch einiges tut, auch wenn sich das im Moment noch nicht beobachten lässt.” Trotz der Belastungen durch das Zinsumfeld rechnet er für die nächsten drei bis fünf Jahre nicht mit Schieflagen bei einzelnen Unternehmen.Grund geht davon aus, dass sich die Produkte der Lebensversicherer sehr heterogen entwickeln werden. Einen klaren Trend, welche Garantieform sich künftig durchsetzen könnte, sieht er noch nicht. Doch auch für das herkömmliche Geschäftsmodell sieht er noch Chancen: “Es wird sicher Anbieter geben, die weiterhin das klassische Lebensversicherungsgeschäft betreiben.”Dem Start in das neue europäische Aufsichtsregime Solvency II in wenigen Tagen sieht Grund gelassen entgegen. Die deutschen Versicherer seien ebenso wie die Aufsicht gut vorbereitet. In hektischen Aktionismus, Schwachstellen im Regelwerk zu überarbeiten, will er nicht verfallen. “Ich wünsche mir zunächst etwas Ruhe und Gelassenheit, weil Branche und Aufsicht erst einmal mit einem völlig neuen Instrument umgehen müssen.” Allerdings sieht Grund ähnlich wie Gabriel Bernardino, der Chef der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA, Nachjustierungsbedarf bei der Behandlung von Staatsanleihen. Die werden im Standardmodell von Solvency II als risikolos gewertet und brauchen bisher nicht mit Eigenmitteln unterlegt zu werden.Eine gewisse Skepsis ließ Grund in Sachen Abwicklung von Lebensversicherungsbeständen durchblicken. Die BaFin werde sich sowohl die Betreiber von Run-off-Plattformen genau angucken, aber auch die Unternehmen, die Portfolien abgeben wollten. “Es macht einen Unterschied, ob ein Versicherer einen Bestand aus Optimierungszwecken abgibt oder ob ein notleidendes Unternehmen diesen Schritt unternimmt.” Der Transfer eines klassischen Bestands sei in Deutschland bislang noch nicht genehmigt worden, betonte Grund. Er machte damit klar, dass die BaFin für die Übernahme eines Bestands der Basler Leben durch den chinesischen Finanzinvestor Fosun bisher kein grünes Licht gegeben hat. Diese war im September angekündigt worden.—– Interview Seite 3