Minimum-Varianz-Portfolios liefern Mehrwert

Beliebtestes Alternative-Beta-Investment - Schwankungen im Vergleich zu traditionellen Aktienindizes signifikant reduziert - Ertragschancen bleiben bestehen

Minimum-Varianz-Portfolios liefern Mehrwert

Lange dominierten in der Welt der passiven Investments Produkte auf traditionelle Aktienindizes wie Dax, Euro Stoxx, Nikkei oder S & P 500. Seit einigen Jahren etablieren sich insbesondere im Bereich der Exchange Traded Funds (ETF) jedoch zusehends auch Indizes mit alternativen Gewichtungsmethoden. Diese sogenannten Alternative-Beta-Strategien sind dabei als Reaktion auf die Schwächen traditioneller Aktienindizes zu verstehen. Denn anders als das bereits in den 1960er Jahren entwickelte Capital Asset Pricing Model (CAPM) unterstellt, bilden die traditionellen, nach Marktkapitalisierung gewichteten Indizes keine effizienten Portfolios ab. Breit diversifiziertDie Ineffizienzen dieser Indizes, wie beispielsweise die starke Übergewichtung von wenigen Titeln mit hoher Marktkapitalisierung oder die übermäßige Spiegelung von Trends, die sich aus irrationalem Verhalten der Marktteilnehmer ergeben, sollen Alternative-Beta-Ansätze systematisch adressieren. Dafür beziehen alternative Beta-Strategien Faktoren ein, die klassische Indizes nicht berücksichtigen, etwa Bewertungen, Größe, Momentum und Volatilität. Ziel dieser streng regelbasierten Ansätze ist, das Risiko-Ertrags-Profil gegenüber herkömmlichen Indizes zu verbessern, sei es durch eine Verringerung der Schwankungen, eine Erhöhung des Ertrags oder eine Kombination aus beidem. Anders als thematisch eng gefasste Ansätze oder sektorspezifische Investments sollen die meisten Alternative-Beta-Strategien dabei breit diversifizierte Portfolios liefern und damit das bieten, was ihr Name suggeriert: eine Alternative zu klassischen Indizes.Dafür gibt es unterschiedliche Herangehensweisen: Alternative-Beta-Lösungen können auf Diversifikationsgrundsätzen fußen, indem sie etwa alle Titel eines Index gleich gewichten (Equal-Weight-Indizes). Sie können auf eine Allokation nach fundamentalen Kriterien wie Dividendenrendite oder Kurs-Gewinn-Verhältnis und andere Value-Kriterien ausgerichtet sein. Und schließlich können sie nach Risikogesichtspunkten wie einer Verringerung der Volatilität ausgerichtet sein wie Risk-Weighted- und Minimum-Varianz-Indizes. Historie ist fortschreibbarLetztere zählen zu den bekanntesten und beliebtesten Alternative-Beta-Strategien, insbesondere bei institutionellen Investoren. Wichtigstes Ziel dieser Strategie ist, die Schwankungen gegenüber klassischen Indizes signifikant zu reduzieren, ohne das Renditepotenzial deutlich zu beschneiden. Insbesondere während schwacher Marktphasen führt die Strategie tendenziell zu deutlich geringeren Verlusten als traditionelle Marktindizes. Dafür werden aus dem jeweiligen Investmentuniversum die Titel mit der geringsten Volatilität und der niedrigsten Korrelation zu anderen Titeln des Marktes ausgewählt. Denn eine statistische Analyse zeigt, dass sich die Volatilitäten einzelner Aktien über längere Zeit auf einem ähnlichen Niveau halten können. In der Vergangenheit vergleichsweise wenig schwankende Aktien werden wahrscheinlich auch in Zukunft relativ wenig volatil bleiben.Minimum-Varianz-Strategien wählen daher nach einem systematischen Verfahren derartige Aktien aus dem zugrunde liegenden traditionellen Index aus. Allerdings zeigt sich, dass verschiedene Anbieter unterschiedliche Lösungsvarianten vorsehen – die unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich Performance und Risiko zur Folge haben. Nebenbedingungen wählenDas wesentliche Unterscheidungsmerkmal für Minimum-Varianz-Portfolios ist die Formulierung geeigneter Restriktionen bzw. Nebenbedingungen für das Portfolio. Sie müssen sicherstellen, dass das Portfolio ausreichend diversifiziert ist und auch unter ungünstigen Marktbedingungen bleibt. Sie müssen zudem jegliche Risiken adressieren, die außerhalb der Kontrolle des Investmentmodells selbst liegen. Beispiele sind hier das Liquiditätsrisiko, aber auch das Risiko, das sich aus fehlerhaften Modellschätzungen ergeben kann.Nur durch die Hinzunahme derartiger Bedingungen ist gewährleistet, dass sich der Ansatz in jedem denkbaren Marktumfeld streng systematisch und ohne Korrektiv durch menschliche Interventionen durchhalten lässt. Gleichzeitig sollten die Nebenbedingungen aber nicht zu restriktiv ausfallen, da dies das Hauptziel gefährden würde – nämlich die Volatilität des Portfolios gegenüber dem kapitalisierungsgewichteten Standardindex signifikant zu reduzieren. Sorgfältig konstruierenEin sorgfältig unter Berücksichtigung der notwendigen Nebenbedingungen konstruiertes Minimum-Varianz-Portfolio ist somit Voraussetzung für eine systematische Lösung, die einerseits sicherstellt, dass die gesetzten Investmentziele erreicht werden, und andererseits dabei die klassischen Vorteile passiven Investierens wie Transparenz und geringe Kosten nicht aus den Augen verliert, die ebenfalls einen positiven Effekt auf das Risiko-Ertrags-Profil haben.Ausgangspunkt für die meisten Minimum-Varianz-Indizes sind die historischen Volatilitäten der in einem breiten Marktindex enthaltenen Aktien. Der einfachste Weg ist, diejenigen Titel mit den geringsten Volatilitäten zu identifizieren und in einem Portfolio zu kombinieren. Sinnvoller erscheint jedoch, auch die Korrelationen der Titel zueinander zu berücksichtigen. Denn je niedriger die Korrelation der Portfoliobestandteile untereinander ist, desto größer ist der erzielte Diversifikationsnutzen. Mittels eines mathematischen Optimierungsprozesses zur Minimierung der erwarteten Portfoliovarianz lässt sich sodann bestimmen, welche Aktien mit welcher Gewichtung im Portfolio berücksichtigt werden sollten.Welche Nebenbedingungen müssen im Rahmen des Minimum-Varianz-Optimierungsprozesses berücksichtigt werden? Da das kleinstmögliche Risiko exakt null beträgt – am geringsten schwankt ein Portfolio, das in keine Aktie investiert ist – ist zuallererst eine Bedingung erforderlich, die sicherstellt, dass das Anlagekapital überhaupt voll investiert ist. Darüber hinaus sollten Leerverkäufe ausgeschlossen sein, die ein restriktionsloses Modell vorsehen könnte, aber zu einer geringeren Diversifikation führte. Eckdaten festlegenDiese Kriterien sind naturgemäß nur der Anfang. Weitere Nebenbedingungen sind erforderlich, um sicherzustellen, dass das Minimum-Varianz-Portfolio ausreichend diversifiziert ist. Dafür muss zusätzlich eine Maximalgewichtung pro Aktie oder eine Mindestanzahl von Titeln im Portfolio festgelegt werden. Das erreichbare Diversifikationsniveau hängt naturgemäß von der Größe des zugrunde liegenden Index ab. Das Portfolio sollte aber in jedem Fall den Anforderungen von Investoren an eine ausreichende Diversifikation genügen. Wünschenswert kann es zudem sein, das Engagement in bestimmten Sektoren oder Ländern zu beschränken, um eine übermäßige Konzentration auf einzelne Marktsegmente zu vermeiden.Hierbei eignen sich indessen absolute Obergrenzen bezüglich der Sektor- oder Länderallokation besser als maximale Über- oder Untergewichtungen relativ zur traditionellen Benchmark – beinhalten Letztere doch das Risiko, im Standardindex vertretene Sektoren gerade dann stärker berücksichtigen zu müssen, wenn sich deren Gewichtung im Index aufgrund überdurchschnittlicher Wertentwicklung erhöht hat. Eine weitere Bedingung, die in einer durchdachten Minimum-Varianz-Strategie berücksichtigt sein sollte, ist die Begrenzung des “unsichtbaren” Liquiditätsrisikos. Dafür erscheint die Definition eines relativen Schwellenwertes sinnvoll. So erscheint bei einem Fokus auf die am wenigsten volatilen Aktien eines vorgegebenen Universums nicht ganz unwahrscheinlich, dass einige der Titel nur deswegen wenig schwanken, weil sie schlicht wenig gehandelt werden. Weil sich das über den Ansatz nicht ausschließen lässt, bedarf es hier einer weiteren Nebenbedingung. Da aber die Börsenumsätze in absoluten Einheiten über die Zeit und von Markt zu Markt stark schwanken können, empfiehlt sich, die jeweils liquidesten Aktien schon bei der Bestimmung des Investmentuniversums zu identifizieren und nur sie zu berücksichtigen.Konsequent angewandt, liefert die Minimum-Varianz-Strategie erwiesenermaßen einen Mehrwert gegenüber einem Direktinvestment in eine große Zahl von klassischen Aktienindizes wie etwa dem US-Index S & P 500, verschiedenen Europa-Aktienindizes, aber auch globalen und Schwellenländerbarometern, wie es beispielsweise bei einem Emerging-Market-Produkt aus der Minimum-Varianz-Palette von Ossiam der Fall ist.—Ksenya Rulik, Head of Quantitative Research bei Ossiam