"Mischen Sie sich ein"

Politik und Sustainable-Finance-Beirat hoffen auf Ideen aus der Finanzbranche - Erste Thesen sind vage

"Mischen Sie sich ein"

Die Ideen für ein nachhaltiges Finanzwesen sind noch unscharf – das gilt vor allem für die ersten Thesen des Beirats für Sustainable Finance, der vor vier Monaten gegründet wurde und die Bundesregierung berät. Die Finanzbranche solle sich einbringen, lautet der Appell. Damit reagiert das Gremium auch auf Kritik. jsc Frankfurt – Die Bundesregierung und der neue Beirat für Sustainable Finance fordern die Finanzbranche auf, sich bei der Entwicklung eines nachhaltigen Finanzwesens einzubringen. Ziel sei es, Deutschland zu einem führenden Standort für ein nachhaltiges Finanzwesen auszubauen, sagte Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, am Mittwoch zum Auftakt des Sustainable-Finance-Gipfels in Frankfurt. Der Bundesregierung sei ein ausgewogenes Bild wichtig, daher rege er eine Beteiligung der Branche an, betonte er. “Mischen Sie sich ein”, erklärte auch Karsten Löffler von der privaten Hochschule Frankfurt School, der den Beirat anführt. Der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir rief die Zuhörer dazu auf, einen “Early Mover Advantage” im nachhaltigen Finanzwesen anzustreben.Die gestern vorgestellten Thesen des Beirats sind noch vage. Bisherige Risikomanagementsysteme bilden demnach relevante Nachhaltigkeitsparameter meist nicht adäquat ab. Der Beirat fordert eine “systemische Berücksichtigung” der Nachhaltigkeitskennziffern sowie eine Nutzung von Szenario-Analysen. Die Aufseher sollen darlegen, ob bestimmte Ziele wie kurzfristige Liquidität oder die Solvenz einer Mobilisierung von Kapital für langfristige Projekte womöglich im Weg stehen.Für den Umgang mit Endkunden regt das Gremium entsprechende Label an, ohne dabei auf bestehende Siegel einzugehen. Eine Vorreiterrolle komme darüber hinaus etwa vermögenswirksamen Leistungen, der Riester- und Rürup-Rente sowie der betrieblichen Altersvorsorge zu. Unternehmen sollten wesentliche Nachhaltigkeitsangaben “branchenübergreifend wie branchenspezifisch” bereitstellen, zu Investitionsobjekten soll es europaweit eine “einheitliche Rohdatenbank für ESG-Kriterien” geben. Kukies verwies außerdem auf ein Merkblatt der Finanzaufsicht BaFin, das ebenfalls einige Prinzipien skizziert und für Anmerkungen aus der Branche offensteht.Verärgert zeigt sich der Beirat über die Kritik der finanzwirtschaftlichen Verbände von Dienstag. Die Deutsche Kreditwirtschaft moniert, dass es im Beirat an Finanzierungsexpertise mangele, der Versichererverband GDV kritisiert die Rolle von Nichtregierungsorganisationen, die in die Eigenkapitalregulierung eingreifen wollten, und der Fondsverband BVI sieht einen Fokus auf Einzelpersonen, die nicht die Position der Wirtschaft widerspiegelten. Kristina Jeromin, Nachhaltigkeitsverantwortliche der Deutschen Börse, erklärte auf der Konferenz, in dem Gremium sei viel Expertise vorhanden, jeder könne mitmachen. “Wer abseits stehen möchte, dem sei das unbenommen auch natürlich freigestellt.””Die Deutsche Kreditwirtschaft steht bereit, um ihre Expertise einzubringen”, erklärte gestern Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB). Der Sparkassenverband DSGV wandte sich unterdessen gegen die Forderung, Sparkassen bei Finanzierung nachhaltiger Projekte besondere Pflichten aufzuerlegen. Die Rolle von Kreditinstituten müsse wettbewerbsneutral ausgestaltet werden, wurde mitgeteilt: “Einzelne kreditwirtschaftliche Gruppen oder Marktteilnehmer hier mit Sonderaufgaben zu belasten ist kein zielführender Ansatz.”