Misere um Musk-Deal lässt US-Banken keine Ruhe
US-Banken ringen mit erodierender Assetqualität
Elon Musks Twitter-Übernahme belastet große Geldhäuser auch zwei Jahre nach Abschluss noch – Abschreibungen in Kreditportfolios ziehen an
Elon Musks Kauf von X (damals Twitter) ist für die beteiligten Banken zum schlechtesten Deal seit der Finanzkrise geworden. Auch zwei Jahre nach Abschluss schleppen sie zur Finanzierung begebene Hochrisiko-Kredite auf ihren eigenen Büchern mit – in einem Umfeld, in dem die Sorgen um die Assetqualität zunehmen.
xaw New York
Das Werben um den reichsten Mann der Welt ist für führende Banken bisher ein Fiasko. Die Übernahme des ehemals als Twitter bekannten Kurznachrichtendienstes X durch Elon Musk stellt sich für die beteiligten Geldhäuser als schlechtester Deal seit der Finanzkrise 2008 heraus – zumindest bemessen daran, wie lange sie zur Finanzierung begebene Kredite schon auf ihren eigenen Büchern mitschleppen.
Internationale Institute betroffen
Im Rahmen des 44 Mrd. Dollar schweren Leveraged Buyout (LBO) der Social-Media-Plattform hatten Musk und andere Investoren selbst 30 Mrd. Dollar aufgebracht, die als Käufer auftretende Holding lieh sich überdies 13 Mrd. Dollar von sieben Finanzinstituten. Zu diesen gehörten neben den Wall-Street-Größen Bank of America und Morgan Stanley auch die britische Barclays, die französische BNP Paribas und ihre Konkurrentin Société Générale sowie die japanischen Häuser MUFG und Mizuho.
Wie bei anderen LBOs üblich wollten die Banken die variabel verzinslichen Junk-Kredite schnell losschlagen – doch die schwache finanzielle Performance von X macht ihnen dies unmöglich. Auch 22 Monate nach der Übernahme könnten die Geldhäuser die Hochrisiko-Darlehen nur zu extremen Verlusten am Markt abladen – stattdessen setzen sie gezwungenermaßen darauf, dass X den hohen Zinsdienst weiter leisten und die Hauptforderungen bei Ablauf begleichen kann.
Historisch schlechter Deal
Der Finanzprofessor Steven Kaplan, dessen Datensammlung bis in die Hochzeit der Corporate Raider in den 1980er Jahren zurückreicht, bezeichnete die Twitter-Übernahme gegenüber dem „Wall Street Journal“ nach Dollar-Nennwert als einen der größten „Hung Deals“ aller Zeiten. Laut der Research-Firma PitchBook verblieben selbst während der Finanzkrise nur wenige zur Übernahmefinanzierung begebene Kredite annähernd so lange auf den Büchern der beteiligten Banken wie die Twitter-Darlehen. Hintergrund ist auch, dass Finanzinstitute die faulen Äpfel in ihren Portfolios damals in der Regel nach rund zwölf Monaten abschreiben konnten, während X sich noch in der Lage zeigt, ihren Zinsverpflichtungen von laut Musk insgesamt rund 1,5 Mrd. Dollar pro Jahr nachzukommen.
Wenngleich im Twitter-Fall sogar eine Hoffnung besteht, dass sich Bank of America und Konsorten letztlich schadlos halten können, rückt die Misere zu einem für die Geldhäuser sehr unglücklichen Zeitpunkt wieder in den Fokus. „Die Assetqualität von US-Banken ist im zweiten Quartal schrittweise weiter zurückgegangen“, betonte Brendan Browne, Analyst für Finanzinstitutionen bei S&P Global Ratings, bei einem Marktupdate. Kredite mit Zahlungsverzug von über 90 Tagen, für die Banken nicht mehr mit einem Zufluss an Zinszahlungen rechnen könnten, hätten inzwischen einen Anteil von 0,9% an den Portfolios von Teilnehmern der US-Einlagensicherung FDIC.
Zunehmende Abschreibungen
Die Quote der Netto-Abschreibungen ist inzwischen auf nahezu 0,7% geklettert, nachdem sie vor der geldpolitischen Straffung der Federal Reserve ab dem Frühjahr 2022 noch bei rund 0,2% lagen. Oder in absoluten Zahlen: Im zweiten Quartal 2024 haben Amerikas vier führende Universalbanken J.P. Morgan, Bank of America, Wells Fargo und Citigroup sowie die Investmentriesen Goldman Sachs und Morgan Stanley zusammengenommen Kredite von fast 7,7 Mrd. Dollar abgeschrieben. Im ersten Quartal waren es rund 7 Mrd. Dollar. „Wir erwarten, dass sich die Kennzahlen im Zuge einer ökonomischen Verlangsamung noch verschlechtern“, sagt Browne.
Dass die Abschreibungen stiegen, liege vor allem an der Schwäche des durch hohe Zinsniveaus und den Homeoffice-Trend gebeutelten Gewerbeimmobilienmarkts sowie dem Kreditkartengeschäft, in dem die Salden in den vergangenen Jahren explodiert seien. Doch auch bei den Unternehmenskrediten liegen die Abschreibungsquoten laut S&P über dem historischen Median.
Kalkül schlägt fehl
Auch an der finanziellen Gesundheit und Schuldentragfähigkeit von X halten sich Zweifel. Der Unternehmenswert ist laut Unternehmensmitteilung aus dem vergangenen Jahr seit dem Taking Private durch Musk um mehr als die Hälfte auf rund 19 Mrd. Dollar eingebrochen, nach kontroversen Aussagen des Eigentümers haben sich zahlreiche Werbekunden von der Plattform verabschiedet. Die Banken hatten sich beim Twitter-Deal laut Insidern ursprünglich als Underwriter betätigt, weil sie darauf hofften, bei Musks Unternehmen einen Fuß in die Tür zu bekommen und sich bei einem potenziellen IPO der Weltraumfirma SpaceX die Aussicht auf hohe Gebühreneinnahmen zu verschaffen. Inzwischen sind Geschäfte mit dem reichsten Mann der Welt für die Geldhäuser aber weit weniger attraktiv.