Mit Aktien bezahlen

Tauschangebote bei öffentlichen Übernahmen etablieren sich zunehmend - Vorbereitung entscheidet über den Erfolg

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Aktienumtauschangebote haben sich bei öffentlichen Übernahmen in den vergangenen Jahren auch im deutschen Markt zunehmend etabliert. Sie sind unter bestimmten Voraussetzungen für Bieter und die Aktionäre der Zielgesellschaft eine attraktive Alternative zum reinen Barangebot. Da solche Aktienumtauschangebote komplexer sind als reine Barangebote, sollten sie bei der Strukturierung von Anfang an mit bedacht werden, um sie sorgfältig vorbereiten zu können. Impuls für TauschangeboteDer ursprüngliche Impuls für Tauschangebote beziehungsweise gemischte Angebote mit Aktienkomponente als Transaktionsstruktur ging vom Immobiliensektor aus (beispielsweise die Transaktionen Deutsche Wohnen/GSW, Vonovia/Gagfah, Adler Real Estate/Estavis und zuletzt TLG Immobilien/WCM). Mittlerweile finden sich Tauschangebote auch in anderen Industrien, wie das Beispiel Diebold/Wincor Nixdorf zeigt.Auch wenn von den freiwilligen öffentlichen Übernahmeangeboten (Gesamtzahl 2014 bis zum dritten Quartal 2017: 64) die große Mehrzahl eine reine Barzahlung (53 Angebote) als Gegenleistung vorsah, sind Tauschangebote beziehungsweise gemischte Angebote mit Aktienkomponente mittlerweile eine feste Konstante in der deutschen Übernahmepraxis: zwei Angebote im Jahr 2014, vier Angebote im Jahr 2015, drei Angebote im Jahr 2016 und bisher zwei Angebote im laufenden Jahr. Darin enthalten sind auch Tauschangebote, in denen der Aktientausch essenzielle Vorbedingung für einen sogenannten “Merger of Equals” war (siehe Linde/Praxair).Die Vorteile von Tauschangeboten für den Bieter liegen auf der Hand: Sie schonen seine Liquidität beziehungsweise limitieren den erforderlichen Fremdkapitaleinsatz und stärken gleichzeitig seine eigene Aktionärsbasis. Für Aktionäre der Zielgesellschaft sind Tauschangebote attraktiver als reine Barangebote, wenn der Zusammenschluss einer industriellen Logik folgt und deshalb Synergien geschaffen werden, an denen der annehmende Aktionär dauerhaft partizipieren kann.Allerdings erfordern Tauschangebote eine gute Vorbereitung. Wenn die Tauschaktien nicht anderweitig zur Verfügung stehen, müssen neue Aktien des Bieters geschaffen, zugelassen und ausgegeben werden. Voraussetzung ist vor allen Dingen, dass diese an einem organisierten Markt in der EU oder einem EWR-Staat zum Handel zugelassen sind. Ausländische Bieter können sich damit behelfen, dass sie (eigens) für die Durchführung des Übernahmeangebots eine weitere Zulassung ihrer Aktien betreiben, beispielsweise zum Handel an der Frankfurter Wertpapierbörse (Prime Standard). Grenzüberschreitende Bezüge gestalten ein Tauschangebot noch komplexer, weil die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften des Drittstaats einbezogen werden müssen und dort in der Regel ein weiteres (paralleles) aufsichtsbehördliches Verfahren durchlaufen werden muss. Wie aber das Beispiel des freiwilligen Übernahmeangebots von Diebold an die Aktionäre von Wincor Nixdorf verdeutlicht, ist dieser Weg durchaus gangbar. Selten genutzte MöglichkeitNeben reinen Tauschangeboten, die in der deutschen Praxis bisher die am häufigsten gewählte Form von Übernahmeangeboten mit Tauschkomponente darstellen, gibt es auch gemischte Angebote und die bislang sehr selten genutzte Möglichkeit, alternativ Barzahlung oder Tauschaktien anzubieten. Gemischte Angebote setzen sich aus einer Bar- und einer Aktienkomponente zusammen. Sie haben für den Bieter insbesondere den Vorteil, dass die darin enthaltene Barkomponente es ermöglicht, ein glattes Umtauschverhältnis herzustellen.Aus der Sicht der Aktionäre der Zielgesellschaft sind gemischte Angebote unter anderem deshalb attraktiv, weil der Aktionär der Zielgesellschaft einen Teil seiner Investition auf einfachem Wege zurückführen kann. Zudem kann er die Barkomponente (teilweise) dafür nutzen, Steuerlasten zu begleichen, die durch den Tausch ausgelöst wurden, wenn der Tausch nicht steuerneutral erfolgt.Wenn sich ein deutscher Bieter entschließt, neue Aktien als Akquisitionswährung für ein öffentliches Übernahmeangebot zu nutzen, stellt sich die Frage, wie diese neuen Aktien geschaffen werden. Grundsätzlich kann der Bieter die neuen Aktien im Wege einer Sachkapitalerhöhung schaffen; entweder auf der Basis eines bestehenden genehmigten Kapitals oder durch einen Direktbeschluss, den er im Rahmen einer (meist außerordentlichen) Hauptversammlung erwirken muss. Dabei ist es im Regelfall vorzuziehen, ein bestehendes genehmigtes Kapital zu nutzen, wenn das ausreicht, um die Ausgabe der Angebotsaktien darstellen zu können. Der DirektbeschlussEin Direktbeschluss erfordert demgegenüber nicht nur die Vorbereitung und Durchführung einer (außerordentlichen) Hauptversammlung parallel zur Vorbereitung des Übernahmeverfahrens, sondern birgt weitere Nachteile: Grundsätzlich besteht das Risiko, dass ein Aktionär den Direktbeschluss anficht. Dafür gibt es eine Frist von vier Wochen ab der Hauptversammlung. Um das Risiko zu minimieren, sollte die Einladung zur Hauptversammlung zeitgleich mit der Mitteilung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG erfolgen (Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots). Damit minimiert der Bieter das Risiko erheblich, dass Berufskläger oder Hedgefonds rechtzeitig ausreichend Aktien des Bieters erwerben können, um in einem Verfahren auf Freigabe des Direktbeschlusses nach § 246 a Abs. 2 Nr. 2 AktG nicht bereits an der “1 000-Aktien-Grenze” zu scheitern.Ein weiterer Nachteil kann darin bestehen, dass die Umsetzung von Direktbeschlüssen zeitlich nicht unbegrenzt möglich ist. Das ist besonders dann relevant, wenn zu befürchten ist, dass der Vollzug des Übernahmeangebots und damit die Schaffung der neuen Aktien lange Zeit dauern können – was wegen der notwendigen behördlichen Genehmigungen, besonders auch eventueller kartellrechtlicher Freigaben tatsächlich oft nicht unwahrscheinlich ist. Schließlich ist zu beachten, dass der Bieter, wenn die Aktien aufgrund eines Direktbeschlusses ausgegeben werden, sein Angebot nicht erhöhen kann, ohne dass eine weitere Hauptversammlung stattfindet. Das ist aber im laufenden Übernahmeverfahren im Regelfall schlicht zeitlich nicht möglich.Die neuen Aktien des Bieters können grundsätzlich prospektfrei angeboten und zugelassen werden. Voraussetzung ist aber, dass die Angebotsunterlage, die erstellt werden muss, um bestimmte Angaben erweitert wird. Im Ergebnis muss sie ein mit einem Wertpapierprospekt gleichwertiges Dokument darstellen. In der Praxis sind die Angaben nicht nur gleichwertig, sondern mit denen eines Angebotsprospekts im Wesentlichen identisch. Dabei ist vor allem bei feindlichen Übernahmesachverhalten frühzeitig zu adressieren, dass bestimmte Prospektangaben nur unter Einschränkungen gemacht werden können. Dazu gehören unter anderem illustrative Finanzinformationen, die die finanziellen und bilanziellen Auswirkungen des Vollzugs der Übernahme darstellen. Diese Fragen sind jedoch für die aufsichtsbehördliche Praxis nicht neu.Der Vollzug des Übernahmeangebots ist im Vergleich zu einem reinen Barangebot etwas aufwendiger, weil die Schaffung der neuen Aktien einige Schritte voraussetzt: eine Handelsregistereintragung, die Zulassung zum Handel und schließlich die Umbuchung der Tauschaktien in die Depots gegen Ausbuchung der eingereichten Aktien der Zielgesellschaft. Der technische Prozess der Abwicklung ist jedoch nicht wesentlich anders als bei der Abwicklung entsprechender Bezugsrechtsangebote. Dies gilt jedenfalls für die Abwicklung von Übernahmeangeboten außerhalb des Immobiliensektors.Bei einer signifikanten Anzahl von US-Aktionären kann es darüber hinaus angezeigt sein, ein sogenanntes Vendor Placement durchzuführen. Das hat zur Folge, dass die US-Aktionäre keine Tauschaktien für ihre eingereichten Aktien erhalten, sondern eine Barzahlung, die aus der marktschonenden Veräußerung der entsprechenden Tauschaktien resultiert.—Markus Lauer, Partner bei Herbert Smith Freehills Germany, spezialisiert auf M & A und Gesellschaftsrecht—Julius Brandt, Senior Associate bei Herbert Smith Freehills Germany, spezialisiert auf M & A und Gesellschaftsrecht