Mit dem Black Panther zur Bank
Afroamerikanische Banken haben in den Vereinigten Staaten eine lange Tradition. Hart getroffen von der Finanzkrise, versuchen die kleinen Kreditinstitute neue Kunden zu werben – mit gezielt politischen Untertönen.Von Norbert Kuls, New YorkEine Visa-Karte mit dem Bild einer afroamerikanischen Ikone sorgt für Aufsehen und für eine Kontroverse in der US-amerikanischen Finanzwelt. Eine in diesem Monat vom kleinen Bostoner Kreditinstitut One United herausgegebene Debitkarte zeigt Harriet Tubman, die im 19. Jahrhundert als Fluchthelferin von Sklaven und als Frauenrechtlerin Geschichte geschrieben hat. Vorlage dafür war allerdings kein historisches Foto, sondern ein Gemälde, das Tubman mit vor der Brust verschränkten Armen und geballten Fäusten zeigt. Für Kinogänger war die Assoziation klar. Das war der Gruß “Wakanda Forever” aus dem vor zwei Jahren in die Kinos gekommenen Film “Black Panther”. Die zur Zeit der Bürgerrechtsbewegung erfundene Figur des Black Panther war der erste schwarze Comic-Superheld. Wakanda ist ein fiktiver Staat in Afrika, der dem Rest der Welt technisch um Jahrzehnte voraus ist.Kritiker in sozialen Medien sahen das als billigen Marketingtrick, um mit einem immens populären Film und einer bekannten historischen Persönlichkeit für schnödes Plastikgeld zu werben. Bei potenziellen Kunden kam es aber offenbar gut an. “Die Zahl unserer Kontoabschlüsse hat sich verzehnfacht, und Harriet Tubman ist die beliebteste Karte, die die Kunden auswählen”, sagt Teri Williams, die für das operative Geschäft von One United verantwortlich ist.One United ist die größte unter zuletzt noch 22 übrig gebliebenen afroamerikanischen Banken in den Vereinigten Staaten. Das sind relativ kleine Institute, die im Bewusstsein der meisten Amerikaner kaum eine Rolle spielen. Aber die Institute haben eine lange Tradition, die bis auf die Zeit nach dem amerikanischen Bürgerkrieg zurückgeht. Angesichts der Rassendiskriminierung boten diese Banken schwarzen Amerikanern in den Südstaaten die einzige Möglichkeit, ein Konto oder einen Kredit zum Aufbau eines Geschäfts zu bekommen. Mit der Völkerwanderung der Afroamerikaner in die Nordstaaten etablierten sich Anfang des 20. Jahrhunderts dann Banken in den neu entstandenen Schwarzenvierteln der großen Städte, etwa im New Yorker Stadtteil Harlem. Bis heute spielen die Banken, die angesichts ihrer oft ärmeren Klientel von der Finanzkrise hart getroffen wurden, eine wichtige Rolle als Kreditquelle für schwarze Unternehmer oder Hauskäufer, die bei größeren Banken abgelehnt werden.Die afroamerikanischen Banken gelten als Mittel zur wirtschaftlichen Stärkung ihrer Gemeinden, Kontoeröffnungen in manchen Fällen als eine Form von politischem Widerstand. Vor ein paar Jahren führte die Protestwelle wegen tödlicher Schüsse von Polizisten auf Afroamerikaner zumindest zeitweilig zu einem deutlichen Anstieg von Kontoeröffnungen und Einlagen. Prominente und einflussreiche Afroamerikaner wie Solange Knowles, die Schwester von Superstar Beyoncé, eröffneten Konten und machten auf sozialen Medien Werbung dafür.Hinter der Tubman-Visa-Karte stand auch mehr als nur Marketing für ein Bankkonto. Es war ein politisches Signal. “Das wird den Weg für Harriet Tubman auf dem 20-Dollar-Schein ebnen”, hofft Bankmanagerin Williams. Das Porträt von Tubman sollte eigentlich in diesem Jahr das des ehemaligen, unter anderem als Sklavenhalter umstrittenen Präsidenten Andrew Jackson auf dem Geldschein ablösen. Geplant war die Einführung des neuen Designs anlässlich des 100. Jahrestags des Frauenwahlrechts in Amerika. Der amerikanische Finanzminister Steven Mnuchin hatte im vergangenen Jahr die Einführung aber mit Hinweis auf technische Verzögerungen bis auf frühestens 2028 verschoben – also bis weit nach Ende einer möglichen zweiten Amtszeit von Präsident Donald Trump. Trump hatte lange die Staatsbürgerschaft seines Vorgängers Barack Obama, des ersten schwarzen Präsidenten, angezweifelt und in den vergangenen Jahren immer wieder Vorurteile gegen Minderheiten geschürt. Mnuchin wies Vorwürfe zurück, dass die Entscheidung gegen Tubman politisch motiviert war. Donald Trump hatte sich im Präsidentschaftswahlkampf 2016 allerdings gegen Tubman ausgesprochen. Er bezeichnete Tubman zwar als “fantastisch”, hielt die vorgestellten Änderungspläne aber für “reine politische Korrektheit”. Er schlug damals vor, das Konterfei Tubmans lieber auf den 2-Dollar-Schein zu drucken, eine allerdings kaum verbreitete Banknote. Das Tubman-Design auf dem 20-Dollar-Schein war 2016, im letzten Jahr der Obama-Regierung vorgestellt worden. “Ich war besonders von den vielen Kommentaren und Reaktionen von Kindern beeindruckt, für die Harriet Tubman nicht nur eine historische Figur, sondern ein Vorbild für Führung und Teilnahme an der Demokratie ist”, sagte der damalige Finanzminister Jack Lew.Für die One United Bank ist die Harriet-Tubman-Karte vor allem ein “Symbol schwarzer Ermächtigung”, wie das Institut auf Twitter mitteilte. Nur die Verbindung zu dem schwarzen Superhelden wollte die Bank nicht bestätigen. Tubman entbiete nicht den “Wakanda-Gruß”. Es handele sich vielmehr um das Wort “Liebe” aus der amerikanischen Gebärdensprache. Aber die Verwechslung war bestimmt nicht ungewollt. Die gleiche Geste war nämlich auch Vorbild für den Black Panther.