IM GESPRÄCH: AMBROISE FAYOLLE, EUROPÄISCHE INVESTITIONSBANK

"Mit dem Juncker-Fonds ändert sich die DNA der Bank"

EIB-Vizepräsident erklärt, warum das Fördervolumen in Deutschland gesunken ist und welche Firmen dennoch besonders profitieren - Initiative fürs EU-Budget

"Mit dem Juncker-Fonds ändert sich die DNA der Bank"

Das Deutschland-Geschäft der Europäischen Investitionsbank ist im vergangenen Jahr um 15 % gesunken. Dies liegt nach Angaben von Vizepräsident Ambroise Fayolle unter anderem am EFSI. Dieser Fonds kann seiner Ansicht nach auch wichtige Ideen für das EU-Budget liefern.Von Andreas Heitker, BrüsselDie deutliche Ausweitung des Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) verändert die Struktur der Finanzierungen der Europäischen Investitionsbank (EIB) – auch in Deutschland. Darauf verwies der Vizepräsident des Instituts, Ambroise Fayolle, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Die Finanzierungen verschöben sich von den großen Einzelfinanzierungen für Investitionen von Konzernen oder staatlicher Infrastruktur hin zu kleinen und mittelgroßen Firmen, sagte der Franzose, der auch das Deutschland-Geschäft der EIB-Gruppe verantwortet. Dies bedeute zwangsläufig auch niedrigere Darlehensbeträge und damit ein insgesamt geringeres Finanzierungsvolumen. “Mit dem Juncker-Fonds ändert sich auch die DNA der Bank.”In Deutschland hat sich das Fördergeschäft der EIB im vergangenen Jahr nach den Worten von Fayolle “robust” entwickelt. Das Finanzierungsvolumen ging allerdings aufgrund der strukturellen Verschiebungen um 15 % auf ein Volumen von knapp 7,3 Mrd. Euro zurück. 6,6 Mrd. Euro entfielen dabei auf die EU-Bank und 700 Mill. Euro auf den Europäischen Investitionsfonds. Für EFSI-Finanzierungen stellte die Bank in Deutschland 2017 rund 1,9 Mrd. Euro zur Verfügung. “Die Garantiefazilität ermöglicht es der EIB-Gruppe, in Projekten ein höheres Risiko als bisher einzugehen, wie etwa beim Biotech-Unternehmen Evotec, um so den Weg für privates Kapital in die Projekte zu ebnen”, betonte Fayolle in dem Gespräch. Mit Unterstützung des Juncker-Fonds seien in Deutschland 2017 Investitionen von 6,7 Mrd. Euro auf den Weg gebracht worden. Seit 2015 sind unter dem Dach der EIB schon EFSI-Finanzierungen von insgesamt 55 Mrd. Euro genehmigt worden. Der Juncker-Fonds wurde mittlerweile bis Ende 2020 verlängert. Die “Crowding-in-Bank”Insgesamt erreichten die von der Europäischen Investitionsbank in Deutschland angestoßenen Investitionen im vergangenen Jahr 29 Mrd. Euro. Dies unterstreicht nach Einschätzung von Fayolle die Ausrichtung der EIB, in Ergänzung zu eigenen Geldern immer auch private Investoren mit ins Boot zu holen. “Zu Recht wird die EU-Bank deshalb die ,Crowding-in-Bank` genannt.”Fayolle, der seit rund drei Jahren bei der in Luxemburg ansässigen Förderbank tätig ist und zuvor unter anderem für den IWF und das französische Finanzministerium gearbeitet hatte, zuletzt als Generaldirektor des Schatzamtes, verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Diskussionen um die künftige Ausrichtung des EU-Haushaltes. Die Europäische Union sei mit zusätzlichen Herausforderungen wie Migration und eine Stärkung der Sicherheitspolitik konfrontiert, sagte er. “Wir müssen daher Wege finden, wie wir mit den vorhandenen Ressourcen besser umgehen.” Die EIB habe die Fähigkeit, Mittel aus dem EU-Haushalt mit effizienten Finanzinstrumenten zusammenzubringen, “indem wir die EU-Mittel als Absicherung für Kredite, Garantien, Equity und andere Instrumente einsetzen und so ihre Wirkung vervielfachen”, erläuterte er. Der EFSI sei das beste Beispiel dafür. Für Deutschland erwartet Fayolle 2018 erneut “ein solides Geschäftsjahr” der EIB-Gruppe, das aber wieder etwas über dem Niveau des letzten Jahres liegen sollte. “Darauf lässt die Pipeline schließen.” Hinzu kommt, dass der Rückgang des deutschen Fördervolumens 2017 auch mit einer “noch eher gedämpften” Nachfrage aus dem deutschen Finanzsektor nach neuen Produkten der EIB-Gruppe mit Risikoteilung und hohem Risiko zu tun hatte, wie er erläuterte. Dies habe sicherlich mit der allgemein guten Versorgung von Unternehmen in Deutschland mit Krediten und dem gut entwickelten deutschen Kapitalmarkt zu tun. “Wir sind uns aber sicher, dass sich dies im laufenden Jahr ändern und die Nachfrage nach den Produkten mit Risikoteilung anziehen wird, nicht zuletzt auch wegen des steigenden Bedarfes an Risikokapital in Deutschland.” Stromnetzausbau im FokusRisikokapital spielt nach den Worten Fayolles bei der EIB-Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eine wichtige Rolle. Er verwies in diesem Zusammenhang auf Unternehmen wie Curetis, einen Anbieter von molekulardiagnostischen Lösungen, und auf Censhare, einen Entwickler von Softwaretools. Obwohl solche Unternehmen die Jobs der Zukunft stellten, hätten sie oftmals Schwierigkeiten, angemessene und langlaufende Ankerfinanzierungen zu bekommen. “Das Besondere an unseren Finanzierungen für kleine, innovative Unternehmen ist, dass wir Eigenkapital durch Risikofinanzierungen ergänzen”, sagt Fayolle. Das höhere Risiko durch diese “Wagniskredite” werde durch eine Beteiligung am Unternehmenserfolg abgedeckt. “Gleichzeitig müssen Geschäftsbanken für weitere Kredite an die Unternehmen in vielen Fällen weniger regulatorisches Eigenkapital bereitstellen, was deren zusätzliche Finanzierung günstiger macht”, sagt der EIB-Vize. In Deutschland lag ein Fokus der EIB-Gruppe im vergangenen Jahr auf Infrastrukturprojekten, die auf ein Finanzierungsvolumen von knapp 2,5 Mrd. Euro kommen (siehe Grafik). Darunter sind neben Autobahn- und Breitbandprojekten auch Finanzierungen zum Klimaschutz. “Wir unterstützen die Energiewende in Deutschland nachdrücklich, besonders mit Finanzierungen für Offshore-Windparks”, unterstreicht Fayolle in dem Gespräch. “Dazu prüfen wir aktuell neue Finanzierungstechniken für den Netzausbau zum Strom- und Gastransport, wovon der Netzverbund Deutschland – Norwegen profitieren sollte.” Ein weiterer Schwerpunkt mit mehr als 2 Mrd. Euro war der Bereich Innovation. So hat das Land Berlin 350 Mill. Euro zur Modernisierung der öffentlichen Forschungsinfrastruktur erhalten und Nordrhein-Westfalen Gelder für das Programm “Gute Schule 2020”. Die Schwerpunkte der EIB würden sich in Deutschland 2018 nicht nachhaltig verschieben, so Fayolle. “Innovation, Forschung und Entwicklung, Energiewende und Klimaschutz, KMU und Infrastruktur, das sollten auch für das laufende Jahr unsere Kernbereiche in Deutschland sein.” Begrenzte Brexit-AuswirkungFayolle sieht keinen Grund zur Beunruhigung, dass der Brexit das Fördervolumen der EIB – auch für deutsche Unternehmen – in Zukunft deutlich beeinträchtigen wird. Die Europäische Kommission habe unter Führung von Michel Barnier für die Bank eine gute Lösung ausverhandelt, sagte er. Die Bank verliere mit Großbritannien zwar einen sehr starken und zuverlässigen Partner. “Allerdings erwarten wir durch den Ausstieg Großbritanniens allenfalls sehr begrenzte Auswirkungen auf unsere Kreditfähigkeit, zumal die verbliebenen 27 EU-Mitgliedstaaten als unsere Eigentümer stets beteuert haben, dass mit dem Brexit das Geschäftsmodell der EU-Bank nicht beeinträchtigt werden darf.”