SPARKASSEN SUCHEN IHR ZUKUNFTSMODELL

Mit dem roten "S"-Tattoo auf dem Weg zur Love Brand

Von Bernd Wittkowski, Hamburg Börsen-Zeitung, 26.9.2017 Sparkassen beschäftigen sich auf ihren Konferenzen mit der absurden Zinspolitik der EZB, der überbordenden Regulierung und der für sie womöglich nicht minder bedrohlichen Digitalisierung,...

Mit dem roten "S"-Tattoo auf dem Weg zur Love Brand

Von Bernd Wittkowski, HamburgSparkassen beschäftigen sich auf ihren Konferenzen mit der absurden Zinspolitik der EZB, der überbordenden Regulierung und der für sie womöglich nicht minder bedrohlichen Digitalisierung, richtig? Nicht ganz. Im Mittelpunkt kann auch mal die Liebe stehen. So war es diesmal bei der Jahrestagung des Verbandes der Freien Sparkassen, also der privatrechtlich verfassten, nicht kommunal gebundenen Institute: Die Sparkassen insgesamt rechnen sich nämlich laut Tim Nesemann, Verbandspräsident der Freien, gute Chancen aus, von ihren Kunden nicht nur geschätzt, sondern – ähnlich wie zum Beispiel Apple, Nespresso oder Porsche – sogar geliebt zu werden. “Wir können selbst eine ,Love Brand` werden”, sagte er. Der Mensch bleibt analogZwei Entwicklungen kommen den Sparkassen als Marktführer der deutschen Kreditwirtschaft dabei entgegen. Erstens, so Nesemann: “Die große ,Entdeckung` der vergangenen Jahre war vor allem die Bedeutung der Emotionalität” von Marken, sowohl seitens vieler Unternehmen als auch in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit. Erfolgreich sind eben vor allem Marken, die bei den Verbrauchern starke positive Gefühle wecken, weil sie nicht nur für ein Produkt stehen, sondern für ein bestimmtes Lebensgefühl oder gar Kult sind.Zweitens: Bei aller Digitalisierung gerade auch auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen – der Mensch bleibt analog, er hat oder sucht eine Heimat und lebt gerne in einer Community von Gleichgesinnten (auch außerhalb des World Wide Web). Hierauf wollen die Sparkassen, die in Deutschland, aber zum Beispiel auch in Österreich zu den bekanntesten und beliebtesten Marken gehören und sich selbst einen “enormen Vertrauensbonus” bei den Kunden bescheinigen, aufbauen.Die Liebe der Kunden oder bestenfalls sogar der Fans zur Marke allein reicht freilich – zumal in der zunehmend digitalisierten Welt – nicht aus, um auf Dauer am Markt erfolgreich zu sein. Die Sparkassen müssen mithin gerade auch im Netz einen Mehrwert bieten und setzen dabei auf traditionelle Markenattribute wie Verantwortungsbewusstsein und Glaubwürdigkeit. Auch die Orientierung am Gemeinwohl statt an der Gewinnmaximierung oder die soziale Verantwortung für die Region “sind für unsere Marke selbstverständlich”, sagte Nesemann, der im Hauptberuf Chef der Sparkasse Bremen ist.Doch auch wenn – neben der Nutzung des Vertrauens in die Marke “Sparkasse” – an der konsequenten Ausrichtung des Geschäftsmodells auf die digitale, allerdings intelligent mit persönlicher Beratung verknüpfte Welt kaum ein Weg vorbeiführt und von daher Communities als Plattformen für den Austausch bereitgestellt werden sollen – noch und absehbar auch noch eine ganze Weile lebt man in hohem Maße vom traditionellen Geschäft. Nesemann: “Eine schicke Facebook-Fanseite reicht nicht aus.” Hinzu kommt: Die Überfülle an Möglichkeiten in der digitalen Welt erschöpfe die Menschen auch.Und so müssen und wollen die Sparkassen auch in der realen Welt Wertegemeinschaften etablieren beziehungsweise pflegen, um vorhandene und potenzielle Kunden, Multiplikatoren, Anwohner und Sparkassenmitarbeiter zusammenzuführen. Hamburger Sparkasse (Haspa) und Sparkasse Bremen, die Schwergewichte unter den freien Sparkassen, sind gerade dabei, entsprechende Konzepte umzusetzen. Es gehe nicht in erster Linie um den Verkauf von Bankprodukten, sondern darum, echte menschliche, empathische und glaubwürdige Nähe zu zeigen und die Nachbarschaft zu beleben, das sei die Unique Selling Proposition (USP), also das Alleinstellungsmerkmal der Sparkassen im Wettbewerb gegen Google & Co., sagte Haspa-Vorstandssprecher Harald Vogelsang auf der Jahrestagung. Sein Institut investiert rund 30 Mill. Euro in die Umgestaltung der künftig 120 (bisher 138) Filialen. Nesemann nannte als Beispiele der Interaktion auf lokale Themen fokussierte Kundenveranstaltungen etwa mit Stadtteilkünstlern oder Handwerksbetrieben in einladenden Filialen als “Orten der Begegnung”, gern auch “mit Wohnzimmercharakter”. Beispiel Harley-DavidsonDamit die Sparkassen ihre starke Marke noch besser in geschäftliche Erfolge umsetzen und zu einer wahren “Love Brand” werden können, muss die Marke jedoch in der Gemeinschaft gelebt werden. Konstruktive und fantasievolle Ideen dafür gab es auf der Jahrestagung der freien Sparkassen auch. Die renommierte Marken- und Marketingexpertin Silvia Danne verwies in ihrem Vortrag auf das Exempel Harley-Davidson. Die Motorradmarke habe es geschafft, dass sich die Menschen das Logo des US-Unternehmens auf den Körper tätowieren lassen. “Warum nicht auch das Sparkassen-S?”, fragte Danne in die sichtlich verblüffte Versammlung und zeigte schon mal ein hübsches Model mit dem HKS-13-roten Tattoo auf dem Oberarm.Die einschlägigen Studios dürfen sich also wohl auf einen Ansturm der 321 000 Mitarbeiter der S-Finanzgruppe und später auch der Kunden einstellen. Sicher werden die Verbandspräsidenten auch hier mit gutem Beispiel vorangehen. ——–Die Sparkassen wollen von ihren Kunden nicht nur geschätzt, sondern geliebt werden – wie Apple, Nespresso oder Porsche.——-