Mit den Mitgliedern gemeinsam vorwärtsgehen

Genossenschaftliche Identität erhalten und das Erfolgsmodell weiter ausbauen - Für Veränderungen bereit sein, um nichts zu verlieren, was bewahrt werden soll

Mit den Mitgliedern gemeinsam vorwärtsgehen

“Transformation unserer Welt” lautet der Titel der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Die Transformation zur Nachhaltigkeit und der digitale Wandel sind wesentliche Entwicklungstreiber für Wirtschaft und Gesellschaft. Sich seines Wertesystems bewusst zu sein und danach zu handeln, erzeugt Identifikation, verleiht Profil und gibt Kraft dafür, die hiermit verbundenen Veränderungen mitzugestalten. Als genossenschaftlicher Regionalverband gehen wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern vorwärts, um unsere genossenschaftliche Identität zu erhalten und das genossenschaftliche Erfolgsmodell weiter auszubauen. Im Bewusstsein: “Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte”, wie Gustav Heinemann einst feststellte.Zum Beginn eines neuen Jahrzehnts herrscht häufig eine besondere Aufbruchstimmung: Man schaut zurück auf die vergangenen zehn Jahre, resümiert und lotet aus, was die neue Dekade an Veränderungen mit sich bringen könnte und wie die eigenen Ziele dadurch beeinflusst werden. Global betrachtet, scheint jedoch Sorge statt Aufbruchstimmung vorzuherrschen: Klimawandel, Handelskonflikte und soziale Spannungen dominierten die Diskussionen auf dem jüngsten Weltwirtschaftsforum in Davos, und für den Internationalen Währungsfonds ist die höhere Unsicherheit der neue Normalzustand (das “new normal”) der Welt. National schaut nicht einmal jeder Vierte (23 %) optimistisch in seine ökonomische Zukunft, folgt man den Deutschland-Ergebnissen des aktuellen “Trust Barometer” der amerikanischen Kommunikationsagentur Edelman.Die Kombination aus global und national betrachtet wenig komfortabler Gemütslage sowie wirkmächtigen Entwicklungstreibern – Transformation zur Nachhaltigkeit und digitaler Wandel – wird für große Gruppen unserer Mitgliedsunternehmen durch weitere Faktoren gestresst: Bei den Genossenschaftsbanken fressen sich Negativ-, Null- und Niedrigzinsen in die Ertragslage hinein, Regulatorik wirkt immer stärker strangulierend und erhöht – wie die erheblichen Investitionen in die Digitalisierung – den Kostendruck, zudem wirkt der demografische Wandel innerbetrieblich und im Markt. Landwirtschaft gefordertIn der Landwirtschaft sind zusätzlich herausfordernd insbesondere die Dumpingpreise bei Lebensmitteln, ein erhöhter Wettbewerb durch die Globalisierung, im Inland steigende kostenintensive Auflagen für die Tierhaltung und Düngemittelausbringung, steigende Pachtpreise und eine abnehmende Wertschätzung für die Leistung der hoch qualifizierten landwirtschaftlichen Unternehmen durch weite Teile der Gesellschaft. Und nicht zuletzt stehen wir im Energiesektor vor der Frage, wie sich die Energiegenossenschaften mit ihren Geschäftsmodellen unter veränderten politischen Rahmenbedingungen weiterentwickeln können, um auch künftig Gestalter einer dezentralen Energiewende zu sein. WechselwirkungenUnd es gibt Wechselwirkungen: So werden Banken, Versicherungen und Kapitalverwaltungsgesellschaften mit dem von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorgelegten Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken aufgefordert, diese unter anderem in ihr Risikomanagement einzubeziehen. Das tangiert zum Beispiel den Handlungsspielraum im Agrarkreditgeschäft, und hier gilt es, für alle Akteure das richtige Augenmaß zu finden.Dies gilt besonders mit Blick auf die hohe genossenschaftliche Intensität in unserer ländlich geprägten Region Weser-Ems: Die über 300 unserem Verband angehörenden Genossenschaften und genossenschaftlich orientierten Gesellschaften zählen annähernd 555 000 Mitglieder und beschäftigen fast 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Als bedeutender Wirtschaftsfaktor in unserer und für unsere Region vereinen sie wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und soziale Verantwortung. Veränderungen spürbarAls Regionalverband spüren wir mehr denn je den Wind der Veränderungen – im genossenschaftlichen Verbund, in unserer Region, bei unseren Mitgliedern und bei uns als Verband selbst. Gemeinsam stehen wir vor weitreichenden Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft mit noch nie dagewesenen Herausforderungen, die zwar oft schon deutlich spürbar, aber noch nicht vollständig klar sind. Besonders in Transformationsprozessen gilt es, das Für und Wider abzuwägen, klug und besonnen zu agieren, einen langen Atem zu haben und auch mal zu stolpern – um dann schnell wieder aufzustehen im Vertrauen darauf, auch aus Stolpersteinen etwas Gutes bauen zu können.Unser Verband mit seinem Netzwerk versteht sich in diesen Zeiten auch als Veränderungsbegleiter, als Rat- und Impulsgeber. Als Partner seiner Mitglieder, der sie und ihr Umfeld gut kennt, zu dem man Vertrauen hat, weil er ehrlich und kompetent berät und für sie da ist. Diese Nähe, die wir in nunmehr 130 Jahren zu unseren Mitgliedern aufgebaut haben, ist in jeder Hinsicht vorteilhaft: Sie fördert ein hohes Maß an Solidarität und Partnerschaft von Mitgliedern untereinander und mit ihrem Verband. Und sie fördert nachhaltig positive wirtschaftliche Ergebnisse und Entwicklungen.Die Genossenschaftsbanken stehen wie die gesamte Finanzbranche vor der Herausforderung, mit dem digitalen Wandel umzugehen. Auch wenn niemand weiß, wie die Zukunft genau aussehen wird, muss es darum gehen, das Potenzial der Digitalisierung in einem schlüssigen Gesamtkonzept (Stichwort: Omnikanalmodell) für die eigenen Ziele nutzbar zu machen und das Geschäftsmodell so weiterzuentwickeln, dass aus der latenten Bedrohung eine reale Chance wird.Dieser Herausforderung widmen wir uns seit geraumer Zeit im Rahmen der Projektarbeiten auf Verbundebene unter Federführung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken – BVR; dort bringen wir uns als Verband in Abstimmung mit unseren Gremien intensiv ein. Bei diesem Thema gehen wir im Verbund auf einem guten Weg gemeinsam vorwärts, auch wenn noch ein gehöriges Stück Wegstrecke vor uns liegt. Das betrifft die Dimensionen Produkte und Absatzkanäle, aber auch Prozesse und deren Effizienz sowie den Service der Genossenschaftsbanken für ihre Mitglieder und Kunden. In vergleichbarer Weise bringen wir uns in die Projektarbeiten auf Verbundebene zum Thema Nachhaltigkeit ein. Strukturwandel mitgestaltenÄhnlich ist die Diskussion um Nachhaltigkeit und Digitalisierung in der Agrar- und Ernährungswirtschaft als Chance zu begreifen, neben Effizienzgewinnen die verschiedenen Erwartungen an die Erzeugung von Lebensmitteln unter sich verändernden Präferenzen und gesellschaftlichen Erwartungen, etwa beim Tierwohl, in Einklang zu bringen. Auf niedersächsischer Ebene engagiert sich unser Verband dazu als ständiges Mitglied in der “Niedersächsischen Nutztierstrategie – Tierschutz-plan 4.0”. Und auf regionaler Ebene setzen sich Mitgliedsgenossenschaften für die Zukunftsfähigkeit der Agrar- und Ernährungswirtschaft unserer Region ein im Rahmen einer Finanzierung der Stiftungsprofessur “Transformationsmanagement in ländlichen Räumen” der Universität Vechta, die zugleich die Koordinierungsstelle “Transformationsforschung agrar” beheimatet.Die genossenschaftlichen Prinzipien bieten auch für die Transformation zu Nachhaltigkeit und den digitalen Wandel gute Möglichkeiten, Wettbewerbsvorteile zu erschließen und den Strukturwandel mitzugestalten. Denn Genossenschaften profitieren als mittelständisch geprägte Unternehmen von Größenvorteilen durch Kooperation. Und die bereits vorhandene Infrastruktur unseres genossenschaftlichen Verbundes ist die Basis dafür, in einer zunehmend von digitaler Technik bestimmten Geschäftswelt als kooperativ vernetzte Unternehmen mit menschlichem Antlitz und gesellschaftlicher Verantwortung positiv herauszuragen.Den Erfolg der Genossenschaftsidee begleiten wir als Verband mit der Haltung, keinen Selbstzweck zu haben, sondern die Leistungsfähigkeit unserer Mitglieder zu fördern, indem wir betreuend prüfen, praxisgerecht beraten, umfassend und mit modernen Methoden bilden und nachhaltig ihre Interessen vertreten. Dabei wirken die genannten “Veränderungsmotoren” natürlich nicht nur auf unsere Mitgliedsunternehmen, sondern auch auf unseren Verband selbst. Die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen greifen wir seit Mai 2018 in einem Audit “Zukunftsfähige Unternehmenskultur” auf – aus unserer Sicht als Arbeitgeber, aber besonders auch aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Verbandes. Wir tun dies aus der Überzeugung heraus, dass der Schlüssel für unsere Zukunftsfähigkeit unsere eigene Unternehmenskultur ist. Weiterer MeilensteinDas Audit wird von der “Initiative Neue Qualität der Arbeit” angeboten und bundesweit durch die Demografieagentur für die Wirtschaft GmbH umgesetzt. Den zweijährigen Auditierungsprozess werden wir in Kürze abschließen und damit einen weiteren Meilenstein für das gemeinsame Vorwärtsgehen mit unseren Mitgliedern erreicht haben. Mit dem von Hannibal, dem berühmten Feldherrn der Antike, übernommenen Credo: “Entweder wir finden einen Weg, oder wir machen einen.” Johannes Freundlieb, Verbandsdirektor des Genossenschaftsverbandes Weser-Ems