Mit Derivaten Risiken begrenzen und Gewinne festigen

Depotabsicherung mittels Turbo-Short-Produkten und Put-Optionsscheinen - Beide Varianten haben ihre Vorzüge

Mit Derivaten Risiken begrenzen und Gewinne festigen

Im Juli war es so weit. Mit Zuspitzung der verschiedenen geopolitischen Krisen kam es zu der von vielen Analysten und Anlegern schon länger erwarteten Korrektur an den internationalen Aktienmärkten. Dabei lag der maximale Drawdown beim Deutschen Aktienindex (Dax) bei rund 11 %. Gut, wenn man hier mit geeigneten Absicherungsinstrumenten vorgesorgt hatte und einen Teil der Verluste abfedern konnte.An den langfristig positiven Aussichten für deutsche Dividendentitel hat sich damit (bisher) allerdings kaum etwas geändert. Entsprechend dürfte es sich bei den Abschlägen eher um ein vorübergehendes Gewitter als den Anfang einer Baisse handeln. So sollte sich das Gewinnwachstum dank guter Konjunkturentwicklung insbesondere außerhalb der Eurozone sukzessive verbessern, wenngleich es auch nicht ganz an die optimistischen Konsensprognosen für 2014 und 2015 heranreichen wird. Zeithorizont verschiebt sichVerschoben hat sich allerdings der Zeithorizont. Eine ganze Reihe deutscher Unternehmen spürt bereits jetzt die ersten wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Konfliktes sowie der daraus resultierenden Sanktionen gegen Russland. Unser Aufschwung-Szenario für die Aktien-märkte verschiebt sich deshalb um rund ein halbes Jahr. Entsprechend sehen wir fundamental den Dax zum Jahresende auch “nur” bei 9 800 Punkten, für die Jahresmitte 2015 liegt die Prognose unserer Analysten bei 10 200 Punkten.Gleichzeitig haben sich die von der Ukraine-Krise ausgehenden Risiken im Verlauf immer wieder unvorhergesehen und plötzlich erhöht. Nachdem eine schnelle diplomatische Lösung nach wie vor alles andere als sicher ist, ist die Wahrscheinlichkeit für eine längere Fortdauer der Auseinandersetzungen, verbunden mit erneuten Eskalationen, nicht zu unterschätzen. Der Konjunkturausblick für Deutschland würde sich in einem sich zuspitzenden Szenario weiter eintrüben und das Wachstum bliebe nur schwach positiv. Gleichzeitig werden die Märkte noch lange Zeit von Unsicherheit geprägt sein. Ein Dax-Rückgang bis auf 8 800 Punkte zum Jahresende wäre in diesem Fall deshalb durchaus möglich.Aufgrund des kurzfristig doch recht überschaubaren Aufwärtspotenzials spricht unter Berücksichtigung der vorhandenen Risiken somit einiges dafür, das Aktiendepot über einen gewissen Zeitraum hinweg ganz oder zumindest teilweise gegen Kursverluste abzusichern.Möglich ist eine solche Absicherung unter anderem mit Turbo-Short-Produkten. Im Vergleich zu klassischen Put-Optionsscheinen zeichnen sich Short-Turbos insbesondere dadurch aus, dass Volatilitätsveränderungen beim Basiswert nur einen sehr geringen Einfluss auf die Preisbildung haben und bei ihnen ein nur geringer Zeitwertverlust entsteht. Die Kursentwicklung von Turbos ist damit transparent und leicht nachvollziehbar. Dabei lässt sich die zur Teil- oder Vollabsicherung eines Aktiendepots benötigte Stückzahl überaus einfach berechnen.Um beispielsweise ein Portfolio mit deutschen Blue Chips im Wert von 100 000 Euro vollständig abzusichern, muss der Betrag lediglich durch den aktuellen Dax-Stand, multipliziert mit dem Bezugsverhältnis der Scheine, geteilt werden. Bei einem Indexwert von 9 700 Punkten werden zur vollständigen Absicherung beim üblichen Bezugsverhältnis von 0,01 somit 1 031 Short-Turbos auf den Dax benötigt. Bei einer Teilabsicherung von 50 % des Depots sind es 516 Stück. Hohes Risiko bei TurbosNachteilig ist dagegen das hohe Risikopotenzial von Turbo-Produkten. So führt bereits das einmalige Berühren oder Überschreiten der Knock-out-Schwelle, die bei Turbos in der Regel dem Strike entspricht, zum wertlosen Verfall und damit verbunden dem Totalverlust des zur Absicherung eingesetzten Kapitals. Aus diesem Grund ist es ratsam, die Knock-out-Barriere relativ hoch zu wählen, wodurch allerdings ein entsprechend großer Kapitaleinsatz erforderlich ist. So müssten zur vollständigen Absicherung des genannten Portfolios bei einem Strike von beispielsweise 10 700 Punkten, was einem Kurs im Turbo-Short-Produkt von 10 Euro entspricht, bereits 10 310 Euro eingesetzt werden (1 031 Short-Turbos multipliziert mit 10 Euro).Da es sich bei Turbo-Short-Produkten um unbedingte Termingeschäfte handelt, nehmen Anleger mit diesen Papieren für den abgesicherten Depotanteil immer eine vollkommen neutrale Position zum Markt ein. Ihr Einsatz zu Hedging-Zwecken bietet sich deshalb dann an, wenn kurzfristig nicht mit größeren Kurssteigerungen gerechnet wird oder der Verzicht auf Gewinne im Absicherungszeitraum bewusst in Kauf genommen werden soll. Bildlich gesprochen wird das Depot mit diesen Produkten somit ganz oder teilweise auf “Stand-by” gesetzt.Etwas anders verhält sich dies bei herkömmlichen Put-Optionsscheinen. Sie gleichen in Kombination mit Aktien eher einer Versicherung, die bei fallenden Kursen des Underlying greift. Gleichzeitig – und hier liegt einer der wesentlichen Vorteile von klassischen Puts – bleibt die Partizipationsmöglichkeit an steigenden Märkten über den Basispreis hinaus erhalten. Zur VerdeutlichungEin Beispiel: Bei einem Indexstand von 9 700 Punkten kostet ein Dax-Put mit ebendiesem Basispreis sowie einem Bezugsverhältnis von 0,01 bei gut dreimonatiger Restlaufzeit aktuell ca. 3,20 Euro. Zur vollständigen Absicherung eines Depots mit deutschen Standardtiteln im Wert von 100 000 Euro sind bei einem statischen Hedge (bis Laufzeitende ohne Anpassung) wiederum 1 031 Scheine erforderlich. Es ist somit ein Betrag von 3 299 Euro (1 031 Optionsscheine multipliziert mit 3,20 Euro) aufzuwenden.Notiert der Index am Bewertungstag der Puts nur noch bei 8 800 Zählern, hat sich der Wert des Optionsscheins auf 9 Euro erhöht (9 700 – 8 800 multipliziert mit dem Bezugsverhältnis von 0,01). Die Absicherungsposition erhöht sich am Laufzeitende in diesem Fall auf 9 279 Euro. Die Depotverluste der Aktienbestände wurden dadurch exakt ausgeglichen. Dem gegenüber steht allerdings die gezahlte “Versicherungsprämie” von 3 299 Euro. Dies ist der Preis dafür, dass ein Anleger sein Depot gegen fallende Wertverluste der Aktien absichern möchte.Kommt es dagegen zu einem Indexanstieg von 9 700 auf 10 200 Punkte, so wird sich der Wert des besagten Aktiendepots rechnerisch um 5 155 Euro erhöhen (100 000 Euro multipliziert mit 5,155 %). Die Optionsscheine verfallen wertlos. Insgesamt wirft die Strategie in diesem Fall aber immer noch einen Gewinn von 1 856 Euro ab. Dieser ergibt sich aus der Wertsteigerung des Aktiendepots um 5 155 Euro, abzüglich des für die wertlos verfallenen Optionsscheine gezahlten Betrags in Höhe von 3 299 Euro.Gleichwohl zeigt sich, dass das Hedging mit Optionsscheinen trotz des geringeren Kapitalbedarfs in jedem Fall nicht unerhebliche Kosten verursacht. Dies gilt insbesondere bei einer hohen Volatilität des Basiswertes, denn sie spielt neben dem Zeitwert eine wichtige Rolle bei der Preisbildung von Optionsscheinen. Dem liegt folgendes Prinzip zugrunde: Ist die Volatilität des Basiswerts hoch, dann sind die Chancen, mit einem Optionsschein einen Gewinn zu erzielen, größer und der Schein ist somit teurer. Da die implizite Volatilität derzeit aber kein übermäßig hohes Niveau aufweist, bewegen sich die Kosten für Absicherungsgeschäfte mit Optionsscheinen aktuell auf einem akzeptablen Niveau. Konkreten Zeitraum benennenBeim Erwerb von Puts ist es zudem zwingend erforderlich, sich auf einen konkreten Absicherungszeitraum festzulegen. Zum einen steigen die Optionsscheinpreise mit zunehmender Restlaufzeit, und zum anderen wirkt die Absicherung bei einem statischen Optionsschein-Hedge nur zum Laufzeitende. Zumindest bei Short-Turbos ohne Laufzeitbegrenzung, sogenannten Endlos-Turbos, besteht diese Problematik nicht. Hier bleiben Anleger flexibel, da sie sich nicht auf einen bestimmten Zeitraum festlegen müssen. Gleiches gilt zwar auch für dynamische Optionsscheinstrategien, bei denen die Put-Position in Abhängigkeit von der Kursentwicklung des Basiswertes regelmäßig angepasst wird, aufgrund ihrer Komplexität sowie der zusätzlich anfallenden Transaktionskosten kommt die dynamische Variante für die allermeisten Anleger jedoch nicht in Frage. Weder besser noch schlechterZusammenfassend lässt sich sagen, dass bei der Depotabsicherung die Wahl des jeweiligen Instruments im Wesentlichen vom Zeithorizont, dem für die Absicherung zur Verfügung stehenden Kapital sowie insbesondere der Präferenz hinsichtlich des einen oder anderen Absicherungstyps (Versicherungscharakter versus Komplettabsicherung) abhängig gemacht werden sollte. Hinzu kommt natürlich die Berücksichtigung aktueller Marktparameter wie etwa der impliziten Volatilität des Basiswertes. In der gegenwärtigen Phase noch verhältnismäßig niedriger Volatilität sind die Konditionen von Optionsscheinen attraktiv: Denn Absicherungskosten von 10 % und mehr sind keine Seltenheit, derzeit liegt die Versicherungsprämie jedoch nur bei 3 bis 4 %.Das einfache Handling, die geringen Kosten sowie die Flexibilität beim Absicherungszeitraum sprechen wiederum für den Einsatz von Turbo-Short-Produkten. Da sich mit ihnen einerseits zwar eine Komplettabsicherung darstellen lässt, Anleger gleichzeitig aber von einer Partizipation an steigenden Märkten vollständig abgeschnitten sind, eignen sich Turbos tendenziell eher für das kurzfristige Hedging.Beim Einsatz von Put-Optionsscheinen bleibt die Chance auf Zugewinne bei steigenden Aktienmärkten dagegen bestehen. Mit ihnen lassen sich deshalb auch vielfältigere Szenarien abdecken. Vorteilhaft ist zudem der recht überschaubare Kapitaleinsatz, der jedoch “verloren” ist, wenn es zu keinem Rückschlag oder Crash gekommen ist. Zudem sollte sich die Restlaufzeit der Papiere weitestgehend mit dem vorgesehenen Absicherungszeitraum decken, was eine Vorabfestlegung erfordert. Sinnvoll erscheint es dabei, keinen zu kurzen Zeitraum zu wählen, sondern auf Papiere mit mindestens drei, besser noch bis zu sechs Monaten Restlaufzeit zurückzugreifen. Aufgrund der Schwierigkeit des exakten Market Timing sollte die Restlaufzeit immer mit einem ausreichenden Zeitpuffer gewählt werden.Davon abgesehen bietet sich der Einsatz klassischer Puts immer dann besonders an, wenn Anleger bei niedriger oder mittlerer impliziter Volatilität kurzfristig mit einem sehr schnellen und heftigen Aktienmarktrückschlag rechnen. Der mit fallenden Kursen in der Regel einhergehende Volatilitätsanstieg sorgt dann für einen zusätzlichen Preisschub, der den bei Optionsscheinen typischen Zeitwertverlust zumindest kurzfristig deutlich überkompensieren kann. Wer also im aktuellen Umfeld von einem deutlichen Rücksetzer oder gar einem Crash ausgeht, für den sind Put-Optionsscheine die erste Wahl zur effizienten Absicherung seines Depots.—Von Stefano Angioni Senior Manager Public Distribution bei der DZ Bank AG