AKTIEN

Mit geübtem Blick

Beteiligungsgesellschaften verknüpfen die Beweglichkeit fokussierter Unternehmenseinheiten mit dem Risikoausgleich von Mischkonzernen. Mit ihren Aktien können Anleger vom Know-how erfahrener Investoren profitieren. Von Helmut Kipp Ein Modewort...

Mit geübtem Blick

Beteiligungsgesellschaften verknüpfen die Beweglichkeit fokussierter Unternehmenseinheiten mit dem Risikoausgleich von Mischkonzernen. Mit ihren Aktien können Anleger vom Know-how erfahrener Investoren profitieren.Von Helmut KippEin Modewort unter Topmanagern lautet Agilität. Landauf, landab verkünden Firmenchefs, dass ihr Unternehmen beweglicher und schlanker werden soll. Dafür werden Konzernstrukturen umgekrempelt, operative Einheiten erhalten mehr Eigenständigkeit, Zentralen werden zurückgeschnitten. Siemens-Chef Joe Kaeser greift auf den Vergleich mit einem Flottenverbund zurück, um seine Vision für Deutschlands führenden Technologiekonzern zu beschreiben. Er brachte die Medizintechnik unter dem Namen Healthineers an den Kapitalmarkt und fusionierte die Windkraft mit dem Konkurrenten Gamesa.Das Beispiel macht Schule. Volkswagen will ihr Geschäft mit Nutzfahrzeugen ebenfalls an die Börse führen und Continental ihre Sparte Antriebstechnik. Treibende Kraft hinter den Abspaltungen sind die Investoren. Sie mögen es nicht, wenn Unternehmen völlig unterschiedliche Geschäftsfelder bearbeiten. Die Konzerne sollen sich für ein Segment entscheiden. Davon versprechen sich die Großanleger mehr Effizienz und eine höhere Bewertung der Aktie. Aktivistische Aktionärsgruppen, die Anteilspakete erwerben, um Unternehmen strategische Änderungen aufzuzwingen, verstärken den Trend zur Fokussierung noch. Pure Plays scheinen in, Mischkonzerne out zu sein.Doch das gilt nicht für alle Unternehmen mit weit verzweigten Geschäften. Prominentes Gegenbeispiel ist Berkshire Hathaway. Die Holding des US-Investors Warren Buffett, der seit Jahrzehnten Kultstatus genießt, ist ein Konglomerat erster Güte. Die Geschäfte reichen von Versicherung und Energieversorgung über Konsumgüter, Industrie und Handel bis zu Eisenbahnen und Dienstleistungen. Hinzu kommt ein rund 200 Mrd. Dollar schweres Aktienportfolio. Die Buffet-Holding hält unter anderem Anteilspakete am iPhone-Hersteller Apple, am Getränkeanbieter Coca-Cola und an US-Finanzinstituten wie American Express, Wells Fargo und Bank of America. Buffett investiert in Coca ColaDie Schlüsselrolle in der Gruppe kommt der Assekuranzsparte zu. Die Versicherungsprämien sorgen für einen ständigen Zufluss an Einnahmen, der für Investments genutzt wird. Der inzwischen 88-jährige Buffett favorisiert leicht verständliche Geschäftsmodelle mit stabilen Cash-flows, doch seine Transaktionen sind mitunter hochkomplex. Er hält die Investments langfristig – die ersten Coca-Cola-Aktien kaufte Buffett im Sommer 1988. Doch nicht alle Spekulationen entpuppen sich als Glücksgriff. So erscheint die massive Apple-Wette angesichts der Kursverluste der iPhone-Aktie zumindest gewagt.Andere Beteiligungsgesellschaften agieren ebenfalls erfolgreich, etwa die schwedische Investor AB oder die deutsche Mittelstandsholding MBB. Die von der Familie Wallenberg kontrollierte Investor hat jeweils zwischen 10 und 12 % ihres Vermögens in den Baumaschinenhersteller Atlas Copco, den Industriekonzern ABB, die Bank SEB und den Pharmakonzern AstraZeneca investiert und ist mit EQT im Private-Equity-Geschäft tätig. Die vergleichsweise kleine MBB aus Berlin setzt auf die Megatrends Elektromobilität und Cybersicherheit. Über zehn Jahre brachte die Aktie Anlegern bemerkenswerte 38 % Durchschnittsrendite jährlich.Der Vorteil von Beteiligungsgesellschaften liegt in der Risikostreuung und der dezentralen Organisation. Das operative Geschäft gestaltet nicht die Hauptverwaltung, sondern das Management der einzelnen Firmen. Das Thema Bürokratie, das Großkonzerne lähmt, kennen Beteiligungsgesellschaften also nicht. Ihre wenigen Mitarbeiter beschränken sich auf Controlling, Finanzsteuerung und grundlegende strategische Themen wie Akquisitionen. So gesehen verknüpfen Beteiligungsgesellschaften die Geschwindigkeit von Schnellbooten mit dem Risikoausgleich von Mischkonzernen durch Diversifizierung.Anleger können mit diesen Aktien ganze Märkte oder Länder abdecken. Sie investieren in ein Bündel von Chancen und begrenzen Ausfallrisiken. Gerade in konjunkturell unsicheren Zeiten wie momentan kann eine solche Streuung vor unliebsamen Überraschungen schützen. Außerdem profitieren Anleger von der Expertise der Beteiligungsmanager. Häufig sind die Gesellschaften sogar die einzige Möglichkeit, um in bestimmte Unternehmen zu investieren. Denn viele Perlen des deutschen Mittelstands sind selbst gar nicht an der Börse notiert. Ohne den Umweg über eine Beteiligungsgesellschaft können Anleger sie also nicht ins Portfolio nehmen.Der Finanzberater VVO Haberger hat einen Fonds mit Aktien von Beteiligungsgesellschaften, Holdings und Mischkonzernen initiiert. “Beteiligungsunternehmen sind eine merklich unterrepräsentierte Anlageklasse”, stellt Portfoliomanager Gunter Burgbacher klar. Ihre Aktien notieren nach seiner Einschätzung oft unter dem Substanzwert. Außerdem schütten die Holdings häufig üppige Dividenden an die Anteilseigner aus.Als Buffett Asiens gilt der ebenfalls hoch betagte Milliardär Li Ka-shing. Sein verzweigtes Konglomerat CK Hutchison betreibt neben der Finanz- und Investmentsparte die Kerngeschäfte Containerhäfen, Einzelhandel, Infrastruktur, Energie und Telekommunikation. Viele Kernbeteiligungen sind ebenfalls börsennotiert. CK Hutchison ist weltweit tätig, wobei der Schwerpunkt mit rund der Hälfte des Umsatzes in Europa liegt. Die Bewertung mit nur zwei Drittel des Eigenkapitals stufen Analysten als ausgesprochen günstig ein. Auf Mittelstand konzentriertAuf mittelständische Unternehmen konzentrieren sich Indus und Gesco. Die im Small-Cap-Index SDax vertretene Indus versammelt 45 Gesellschaften unter ihrem Dach, die in den Segmenten Fahrzeugtechnik, Metalltechnik, Maschinenbau, Infrastruktur/Bau sowie Medizin- und Gesundheitstechnik tätig sind. Die Firmen bleiben dauerhaft im Portfolio und werden durch Investitionen, Übernahmen oder Forschung und Entwicklung weiterentwickelt. “Das Geschäftsmodell ist von Langfristigkeit und Solidität geprägt”, sagt der Analyst Volker Stoll von der Landesbank Baden-Württemberg. Eine ähnliche Strategie wie Indus verfolgt Gesco, wenn auch eine Nummer kleiner. Die Wuppertaler konzentrieren sich auf mittelständische Industrieunternehmen, die meist im Zuge einer Nachfolgelösung zur Gruppe stoßen. Von einem aktiveren Investmentprozess und dem Fokus auf Megatrends verspricht sich der Analyst Christoph Schlienkamp vom Bankhaus Lampe anhaltendes Wachstum und höhere Margen. Einen völlig anderen Ansatz verfolgt die Private-Equity-Gesellschaft Deutsche Beteiligungs AG (DBAG). Sie berät geschlossene Private-Equity-Fonds und investiert auf Zeit in mittelständische Maschinenbauer, Autozulieferer, Industriedienstleister oder Hersteller industrieller Komponenten. In der Regel hält die DBAG ihre Anteile vier bis sieben Jahre, bevor sie wieder aussteigt. Damit erzielte sie in den vergangenen zehn Jahren gut 11 % Rendite auf das Eigenkapital. Die ausgewiesenen Erträge schwanken kräftig, weil die Unternehmensbewertungen stark von der Börsenlage abhängen. Für Beständigkeit beim Aktionär sorgt die traditionell üppige Ausschüttung, die stabil sein und “wann immer möglich” steigen soll.