Mit System zur Nachhaltigkeit

Die Sparkassen in Baden-Württemberg folgen klar definierten Konzepten

Mit System zur Nachhaltigkeit

Peter SchneiderPräsident des Sparkassenverbands Baden-WürttembergBis vor wenigen Jahren hat das Thema Nachhaltigkeit für die Finanzbranche eine Nebenrolle gespielt. Doch nun befinden wir uns in einem Paradigmenwechsel. Nachhaltigkeit wird immer mehr zum Ausdruck der persönlichen Lebenseinstellung. Wer heute im Supermarkt Bioprodukte kauft, erwartet auch nachhaltige Produkte, wenn er eine Bank betritt. Eine vom Sparkassenverband in Auftrag gegebene Studie bestätigt dies: Rund ein Viertel der Sparkassenkunden legt verstärkten Wert auf Nachhaltigkeit. Nicht nur die Kundenwünsche ändern sich, sondern auch die Anforderungen von Seiten der Politik: Im August 2015 einigten sich die Vereinten Nationen auf 17 nachhaltige Entwicklungsziele, die bis 2030 umzusetzen sind. Beim Klimagipfel in Paris unterschrieben alle Länder erstmals verbindliche CO2-Reduktionsziele. In diesem Jahr tritt die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in Kraft. Darüber hinaus arbeiten zwei von der G 20 eingesetzte Arbeitsgruppen an Instrumenten und Konzepten für mehr Nachhaltigkeit an den Kapitalmärkten. Neu ist das Prinzip Nachhaltigkeit für Sparkassen nicht. Man kann es sogar als Teil der Unternehmens-DNA sehen. Die ersten Sparkassen im 18. Jahrhundert waren eine gezielte Maßnahme der Landesfürsten gegen die Armut. Große Teile der Bevölkerung waren damals von der Landwirtschaft und damit von der Witterung abhängig. Auf schlechte Ernten folgten Hunger und Elend. Die Sparkassen boten die Möglichkeit, in guten Zeiten Vorsorge zu treffen. Sie sind damit gute Beispiele für konsequent und erfolgreich umgesetzte Nachhaltigkeitsstrategien. Verantwortung für ihre Regionen übernehmen Sparkassen bis heute. Sie stärken den Wirtschaftskreislauf, schaffen Arbeit, zahlen Steuern und fördern durch Stiftungen und Spenden das Gemeinwohl. Regionale Verwurzelung und Engagement allein reichen jedoch heute nicht mehr aus. Verbraucher wollen heute vor allem wissen, ob die Produkte eines Unternehmens nachhaltigen Kriterien entsprechen, ob im eigenen Haus nachhaltig gewirtschaftet wird und ob faires und ökologisches Handeln Teil der Firmenphilosophie sind. Alle Bereiche stehen also im Fokus: die Geschäftsstrategie ebenso wie der Geschäftsbetrieb und das Kerngeschäft. Handeln ist gefragt, bloßer Aktionismus jedoch wenig förderlich. Die Sparkassen haben den Vorteil, dass nicht jede für sich allein Lösungen entwickeln muss. Um Stärken und Bedarf zu definieren, hat beim Sparkassenverband Baden-Württemberg Dr. Tobias Peylo 2011 einen “Nachhaltigkeits-Check” entwickelt. Die Bereiche Geschäftsstrategie, Geschäftsbetrieb und Kerngeschäft werden dabei getrennt nach Handlungsfeldern betrachtet. Ziel ist es, das Potenzial der Felder zu erfassen und zu definieren, wo der größte Fortschritt zu erreichen ist. Ermittelt werden die Daten in Interviews mit der Unternehmensführung und den Fachabteilungen. Dazu kommen Informationen z. B. aus dem Energie-Audit. Die Ergebnisse des Checks fließen direkt in die Nachhaltigkeitsberichterstattung ein. Erfolge können in der Unternehmenskommunikation aufgegriffen und mit Daten und Fakten nach außen kommuniziert werden. Darüber hinaus wird festgelegt, welche Projekte konkret angepackt werden. Diese werden dann in der nächsten Bestandsaufnahme erneut bewertet.Im Ergebnis erfahren die Institute, wie sie im Vergleich zueinander und zu Wettbewerbern stehen. Vier Levels werden unterschieden: Unternehmen auf Stufe 1 liegen im Marktdurchschnitt, bei Stufe 2 gehören sie bereits dem Bereich “Best Practice” an. Stufe 3 ist erreicht, wenn Nachhaltigkeit durchgängig im Kerngeschäft umgesetzt ist; Stufe 4, wenn sie für das gesamte Unternehmen fest verankert ist. Bundesweit haben rund 50 Institute Dr. Tobias Peylo bereits als Berater angefordert, andere haben den Nachhaltigkeits-Check selbst durchgeführt. Die meisten Sparkassen erreichen derzeit Stufe 1. Ein gutes Dutzend ist jedoch schon auf dem Weg zur “Best Practice”. In der Region Stuttgart gehören dazu zum Beispiel die Kreissparkassen in Böblingen, Ludwigsburg, Reutlingen und Waiblingen sowie die Sparkasse Pforzheim/Calw. Die Größe spielt übrigens keine Rolle. Auch kleinere Häuser gehören zu den Vorreitern in Sachen Nachhaltigkeit.An den Nachhaltigkeits-Check schließen sich konkrete Handlungsempfehlungen an. Der Sparkassenverband Baden-Württemberg hat für fast alle Handlungsfelder Konzepte und teilweise eigene Produkte entwickelt, die sich günstig und ohne großen Aufwand umsetzen lassen, dafür aber große Wirksamkeit entfalten. Im Fokus: Produkte, Eigengeschäft und Energieverbrauch. Drei Beispiele dafür:1. Ein erster Schritt in Richtung Nachhaltigkeit kann es sein, Investments im Eigenhandel mit dem “Controversy Monitor” abzugleichen, der von der unabhängigen Ratingagentur Oekom Research eigens für die Sparkassen entwickelt wurde. Investitionen in kritische Unternehmen, so etwa Produzenten von Landminen und Streumunition, lassen sich damit vermeiden. 2. Die Kreissparkasse Köln hat zusammen mit DSGV und SVBW Empfehlungen zu Lieferanten und Einkauf erarbeitet. Diese Empfehlungen stehen nun allen Sparkassen bundesweit zur Verfügung.3. Mit dem Sparkassenbrief “Impulsgeber Nachhaltigkeit” hat der Sparkassenverband Baden-Württemberg ein eigenes Sparprodukt mit nachhaltigem Verwendungszweck entwickelt. Es bietet Kunden die Möglichkeit, gezielt verantwortungsvolles Engagement und sinnvolle Investitionen in ihren Regionen zu fördern.Jede Sparkasse entscheidet für sich selbst, wie weit sie gehen möchte. Die Vision des Verbands ist es, mit dem Nachhaltigkeits-Check und den weiterführenden Empfehlungen Qualität und einfach umsetzbare Lösungen zu bieten. So profitieren am Ende sowohl die Kunden als auch die Sparkassen von der stärkeren Fokussierung auf die Nachhaltigkeit.