LEITARTIKEL

Mittelprächtige Banken

Die 2 ist gefallen. Zum ersten Mal seit fast einem halben Jahrhundert - so lange gibt es die Statistik der Bundesbank zur Ertragslage der Banken - hat die Zinsmarge der in besonderem Maße von Zinserträgen abhängigen Sparkassen und...

Mittelprächtige Banken

Die 2 ist gefallen. Zum ersten Mal seit fast einem halben Jahrhundert – so lange gibt es die Statistik der Bundesbank zur Ertragslage der Banken – hat die Zinsmarge der in besonderem Maße von Zinserträgen abhängigen Sparkassen und Kreditgenossenschaften 2016 die Schwelle von 2 % der Bilanzsumme unterschritten. Nun gilt natürlich nicht, dass oberhalb dieses Wertes die Finanzwelt heil ist und darunter die Krise ausbricht. Der erneute spürbare Rückgang der Margen auf historische Tiefstände macht aber deutlich, dass die bizarre Zinspolitik der EZB zunehmend das Geschäftsmodell dieser Institutsgruppen untergräbt, für die der Zinsüberschuss nun mal lebensnotwendig ist. Noch umso mehr leiden relativ gesehen die Bausparkassen unter der Ertragserosion.Niedrig-, Null- und Negativzinsen, das zeigt der Monatsbericht der Bundesbank jetzt sozusagen amtlich, tun der Branche allmählich richtig weh, von den Sparern an dieser Stelle einmal zu schweigen. Und die zinspolitische Lage ist ja nicht besser geworden seit dem Bilanzstichtag, der wie immer, wenn die Analyse zur Ertragslage der deutschen Banken erscheint, achteinhalb Monate zurückliegt. Es dauert halt eine Weile, die Daten der HGB-Einzelabschlüsse von diesmal 1 611 Instituten zu erfassen und zu bewerten.Doch sosehr die von den Hütern des Euro oktroyierten Rahmenbedingungen für die Kreditwirtschaft auf Dauer existenzgefährdend sein können: Aktuell ist die Situation des Gewerbes in der Gesamtschau mitnichten dramatisch. Branchenweit brach der Zinsüberschuss als mit Abstand wichtigste Ertragsquelle (mehr als 70 % der operativen Erträge) zuletzt zwar um fast 5 % auf 91 Mrd. Euro ein. Rechnet man aber die darin enthaltenen laufenden Erträge aus Aktien und Beteiligungen heraus, reduziert sich das Minus für den Zinsüberschuss im engeren Sinne, wenn auch begünstigt durch einen Einmaleffekt aus der Neubewertung von Pensionsverpflichtungen, auf nur noch gut 2 %. Und 2013 war das Ergebnis insgesamt sogar schon mal niedriger.Während das provisionstragende Geschäft im Berichtsjahr keine große Hilfe war, was eingedenk des intensiven Werbens für Wertpapieranlagen und des ständigen Drehens an allen möglichen Gebührenschrauben aus Bankensicht als herbe Enttäuschung gelten muss, laufen die Effekte der Zinspolitik eben nicht einseitig nur gegen die Institute. Die mussten zwar für ihre bei der Bundesbank gehaltene Überschussliquidität reichlich 1 Mrd. Euro an “Strafzinsen” zahlen, halten aber zugleich immer öfter in Form von Verwahrentgelten für Einlagen selbst die Hand auf, wenn auch in aller Regel noch nicht bei Kleinsparern. Hier verändern sich Aufwand und Ertrag etwa im Gleichschritt. Und auch ohne Minuszinsen: Fälligkeiten teurer Passiva bringen eine erhebliche Zinsersparnis, weil die Kunden bei der Neuanlage bestenfalls noch Gotteslohn bekommen.Wie gut oder schlecht geht es dem Gewerbe nun unterm Strich? Mittelprächtig. Kennzahlen wie Betriebsergebnis oder Jahresüberschuss bewegen sich mit 31 Mrd. respektive 20 Mrd. Euro für die Branche im mehrjährigen Vergleich auf unauffälligen Niveaus. Es gab schon bessere, aber auch viel schlechtere Jahre. Doch hinter den aggregierten Zahlen verbergen sich, diesmal besonders augenfällig, zum einen eine ausgeprägte, wie die Bundesbank es trocken nennt, “Heterogenität” der Abschlüsse und zum anderen ein Sammelsurium von Einmaleffekten. Das zeigt sich schon im Vergleich der Institutsgruppen, in dem die Landesbanken mit einem Jahresverlust unangenehm auffallen.Es gilt umso mehr beim Vergleich einzelner Banken. Da genügt ein Sonderfaktor in einem Haus, um das Resultat einer Gruppe und auch das Gesamtergebnis stark zu verzerren. Namen nennt die Bundesbank nicht: Datenschutz. Es lässt sich aber unschwer ableiten, dass der außerordentliche Ertrag von 3,9 Mrd. Euro “aus der vollständigen Abwicklung eines Realkreditinstituts” (Eurohypo) bei der Commerzbank anfiel, was den Großbanken in der Position zum ersten positiven Saldo seit 2007 verhalf. Es braucht auch nicht viel Fantasie, sich auszumalen, welches die “zwei von der Schiffskrise massiv betroffenen Landesbanken” sind, die zur Verlustminderung 1,4 Mrd. Euro aus der Substanz nahmen (Nord/LB und Bremer LB).Diese Entwicklungen im Einzelnen können das Gesamturteil an der einen oder anderen Stelle relativieren. An der Grundtendenz ändern sie nichts: Das deutsche Bankgewerbe ist trotz des extrem belastenden Zinsumfelds in robuster Verfassung. Nicht zuletzt, weil Gewinne – falls vorhanden – entschlossen zur Stärkung der Kapitalkraft genutzt werden. Man darf die Belastung freilich nicht noch weiter auf die Spitze treiben.——–Von Bernd WittkowskiDie Zinspolitik der EZB untergräbt das Geschäftsmodell von Sparkassen und Kreditgenossenschaften, aber bisher ist die Branche in robuster Verfassung.——-