Mittelständischer Leveraged-Finance-Markt setzt Negativtrend fort
Zinswende bremst Leveraged-Finance-Geschäft aus
Finanzierungen für mittelständische Private-Equity-Übernahmen werden teurer – Erstmalig seit 2018 wieder mehr deutsche Industrie- als Software-Deals
Nach zwei aufeinanderfolgenden Rekordjahren bringen Inflation und Zinswende den erfolgsverwöhnten mittelständischen Leveraged-Finance-Markt auf den Boden der Tatsachen zurück, wie ein Bericht der Investmentbank-Boutique Houlihan Lokey zum ersten Quartal verdeutlicht.
Von Philipp Habdank, Frankfurt
Lange Zeit sah es so aus, als würden die makroökonomischen Widrigkeiten komplett am mittelständischen Leveraged-Finance-Markt vorbeigehen. Doch was sich bereits im Schlussquartal 2022 andeutete, hat sich im ersten Quartal dieses Jahres bestätigt: Inflation und steigende Zinsen lassen Private-Equity-Investoren, Banken und Debt Funds vorsichtiger werden mit Blick auf Finanzierungen von mittelständischen Leveraged Buy-outs (LBO) in Europa.
Nur 78 Transaktionen
So haben Debt Funds im ersten Quartal in Europa insgesamt nur 78 mittelständische Private-Equity-Übernahmen finanziert, wie aus dem aktuellen Mid-Cap-Monitor der Investmentbank-Boutique Houlihan Lokey hervorgeht, welcher der Börsen-Zeitung exklusiv vorliegt. Das entspricht einem Rückgang von rund 18% gegenüber dem Schlussquartal 2022 und einem Rückgang um 29% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Europäische Zahlen für ausgereichte Bankenfinanzierungen liefert der Monitor nicht. Da sich Banken und Debt Funds den mittelständischen Leveraged-Finance-Markt jedoch in etwa zu gleichen Teilen untereinander aufteilen, kann zu den 78 Debt-Fund-Finanzierungen gedanklich in etwa dieselbe Zahl an Bankfinanzierungen zugeschlagen werden, um ein Gefühl für den Gesamtmarkt zu erhalten.
Rückgang in Deutschland
In Deutschland fiel der Rückgang verglichen mit dem europäischen Umland deutlich stärker aus, insbesondere mit Blick auf Frankreich und Großbritannien. Die Anzahl deutscher LBO-Finanzierungen sank gegenüber dem Vorquartal um 30% auf 28 Transaktionen. Für Thorsten Weber war das Abschneiden im ersten Quartal eine logische Folge der Stimmung in der zweiten Jahreshälfte 2022. „Was die Finanzierungsbereitschaft betrifft, war das dritte Quartal 2022 aufgrund der hohen Unsicherheit sicherlich das schwierigste“, so der Finanzierungsberater von Houlihan Lokey.
Hoffen auf das zweite Halbjahr
Da sich die Unsicherheit inzwischen wieder gelegt habe, zeigt sich Weber optimistisch. „Wenn die M&A-Prozesse jetzt wieder anlaufen, werden wir ein gutes zweites Halbjahr sehen.“ Es sei zwar unwahrscheinlich, dass der Markt die Rekordwerte aus den beiden Vorjahren mit jeweils knapp 160 Transaktionen in diesem Jahr wird bestätigen können. Dass der Markt seit 2017 jedoch konstant eine dreistellige Anzahl von Transaktionen verbucht, zeige, dass der deutsche Markt reifer geworden sei und mit Rückschlägen umgehen könne.
Sorge um das eigene Portfolio
Die Zahlen zeigen, dass viele Finanzinvestoren und Banken derzeit stark mit sich selbst und dem eigenen Portfolio beschäftigt sind. „Das sind zum einen Add-on-Finanzierungen im Rahmen von Buy-and-Build-Strategien, aber auch Restrukturierungen, Anpassungen bestehender Verträge oder Refinanzierungen bestehender Kredite“, sagt Weber. Häufig wurden Kredite bloß verlängert und nicht aufgestockt, weshalb sie im Mid-Cap-Monitor nicht gezählt werden. „Die Statistik umfasst nur Transaktionen mit einer zusätzlichen zugesagten Finanzierung von mindestens 20 Mill. Euro“, so Weber.
Industrie im Fokus von Private Equity
Der Rückgang der Transaktionen liegt zum großen Teil an der Zinswende. „Allein die Entwicklung des Euribors macht Finanzierungen um rund 3% teurer“, sagt Weber. Hinzu kommt die Zinsmarge, die bei Senior-Finanzierungen von Banken derzeit rund 4% und bei Unitranche-Finanzierungen von Debt Funds 7% bis 7,25% ausmache. Das drückt die Rendite der Private-Equity-Investoren, die Übernahmen zum großen Teil fremdfinanzieren. Bemerkenswert ist daher, dass seit Jahresbeginn zum ersten Mal seit 2018 anteilig wieder mehr Transaktionen im von Private Equity lange ignorierten Industriesektor abgeschlossen wurden als in den Branchen Software/IT und Healthcare, wo die hohe Nachfrage und die günstigen Finanzierungen die Bewertungen in die Höhe getrieben haben.