MLP hat wenig Appetit auf Insurtechs
jsc Frankfurt
Der Finanzkonzern MLP zeigt sich nach Jahren des Umsatzwachstums und diverser Zukäufe weiterhin für Übernahmen offen, blickt gleichwohl aber skeptisch auf das junge Segment sogenannter Insurtechs: Wenn ein mittelständischer Finanzkonzern wie MLP ein spezialisiertes Unternehmen übernehme, bestehe das Risiko, dass die Fokussierung der betreffenden Firma verloren gehe, sagte Konzernchef Uwe Schroeder-Wildberg am Donnerstag auf der Jahrespressekonferenz der Gruppe. Übernahmen in diesem Segment seien nicht ausgeschlossen, stünden aber auf der Prioritätenliste nicht oben, erklärte er.
Der Konzern verfolgt seit Jahren die Strategie einer Diversifizierung: Hatte MLP früher vor allem von dem Verkauf von Altersvorsorgeprodukten gelebt, so haben seither andere Geschäftsfelder wie die Vermittlung von Sachversicherungen an Bedeutung gewonnen oder kamen wie die Vermittlung von Immobilien hinzu. Der Konzern mit Sitz in Wiesloch nahe Heidelberg hat mehrere Firmen erworben, darunter den Vermögensverwalter Feri, den Assekuradeur Domcura und einen Mehrheitsanteil der Marktplattform Deutschland-Immobilien. Schroeder-Wildberg hatte 2004 die Konzernführung übernommen, nachdem MLP wegen Vorwürfen einer unsauberen Bilanzierung eine Vertrauenskrise durchlaufen hatte und nach einem Kursrutsch aus dem Dax ausgeschieden war.
Den „unfreiwilligen Stresstest“ der Coronakrise habe der Konzern solide überstanden, sagte der Firmenchef. Die Gesamterlöse kletterten im vergangenen Jahr um 8% auf 767 Mill. Euro. Die Vermögensverwaltung stellt mit 262 Mill. Euro mittlerweile den größten Beitrag zu den Umsatzerlösen und hat das geschrumpfte Geschäftsfeld der Vermittlung von Altersvorsorgeprodukten überholt. Die Zahl der Berater im Konzern wuchs 2020 um 105 auf 2086. Für die Aktionäre stellt MLP eine Dividende von 23 Cent in Aussicht nach zuvor 21 Cent für das Jahr 2019. An der Börse in Frankfurt ging die Aktie am Donnerstag mit einem Plus von 4,9% auf 6,58 Euro aus dem Handel.
Neues Familienmitglied
Den Industrieversicherungsmakler RVM, den der Konzern derzeit übernimmt, will MLP um kleinere Marktteilnehmer ergänzen und als größere Adresse in Deutschland etablieren. RVM bediene primär den Mittelstand und ergänze damit das Vermittlungsangebot in der betrieblichen Altersvorsorge der MLP-Tochter TPC. Die MLP-Adresse Domcura wiederum könne Deckungskonzepte für RVM erarbeiten, zudem stehe der Firma das Vermittlernetz anderer MLP-Töchter zur Verfügung.
Künftig soll RVM einen mittleren Millionenbetrag zum Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) beitragen. Nachdem das Ebit von MLP im zurückliegenden Jahr wie angekündigt bei 59,4 Mill. Euro lag, will das Unternehmen im Jahr 2022 ein Ergebnis innerhalb der Spanne von 75 bis 85 Mill. Euro erzielen. Im laufenden Turnus werde sich die Übernahme der RVM, die traditionell ihr Geschäft vor allem im ersten Quartal macht, noch nicht auf die Gewinn-und-Verlust-Rechnung niederschlagen, sagte der Konzernchef. Weil zugleich auch ein hoher Umsatz aus Performance-Gebühren in der Vermögensverwaltung nicht ohne weiteres im laufenden Jahr wiederholt werden könne, rechnet der Konzern mit einem Ebit-Ergebnis auf Vorjahresniveau und nennt für 2021 eine Spanne von 55 bis 61 Mill. Euro.