Moody's dämpft Brexit-Ängste

Ratingagentur hält Auswirkungen eines Verlusts von Passporting-Rechten für verschmerzbar

Moody's dämpft Brexit-Ängste

Moody’s Investors Service hat die Auswirkungen eines Verlusts der sogenannten Passporting-Rechte in einer gestern vorgelegten Studie als “moderat” bezeichnet – sowohl für britische Institute als auch für EU-Institute mit einer Präsenz in London. Damit dämpft die Ratingagentur in der City kursierende Ängste und nimmt entsprechenden Drohungen vom Kontinent die Spitze.hip London – Moody’s Investors Service hat in der britischen Metropole kursierende Ängste vor einem Verlust der sogenannten Passporting-Rechte der Finanzbranche beschwichtigt. Auf den ersten Blick könnten die Institute der City of London dann gezwungen sein, sich anderenorts um eine Zulassung zu bemühen, oder – schlimmstenfalls – Mitarbeiter und operative Prozesse an einen Ort im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zu verlegen. Letzteres wäre schlecht für die gesamte britische Volkswirtschaft. Für die von den Kreditanalysten der US-Ratingagentur beobachteten Banken und Finanzdienstleister jedoch wären “die direkten Auswirkungen vermutlich moderat”, heißt es in einem gestern vorgelegten Bericht. Schlecht für die RentabilitätStärker spürbar würden die Folgen in Form steigender Kosten und eines durch Restrukturierungsmaßnahmen abgelenkten Managements. Das könne eine Weile die Rentabilität belasten. Es sei negativ für die Kreditwürdigkeit, “aber tragbar”. Andere kritische Faktoren wie Eigenkapitalausstattung und Liquidität würden im großen und ganzen von globalen Standards bestimmt, die sich durch den Brexit an sich nicht wesentlich verändern dürften.Die Passporting-Rechte ermöglichen Banken, Vermögensverwaltern und Finanzinfrastrukturbetreibern auf Grundlage der Regulierung durch die heimische Aufsicht auf dem europäischen Binnenmarkt tätig zu sein. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte den Briten für den Fall eines “Hard Brexit” mit dem Verlust dieser Rechte gedroht. “Die Passporting-Rechte sind an den gemeinsamen Markt gebunden und würden automatisch ihre Gültigkeit verlieren, wenn Großbritannien nicht zumindest Mitglied des EWR bleibt”, wird Weidmann vom “Guardian” zitiert. Sie seien von kritischer Bedeutung für die City of London. Finanzdienstleister würden den Standort ihrer Zentralen unter diesem Gesichtspunkt prüfen. “EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte vergangene Woche verlautbart, dass “nur derjenige uneingeschränkten Zugang zum Binnenmarkt haben kann, der sich der Freizügigkeit der Personen und Arbeitnehmer verpflichtet fühlt”. Die ungebremste Zuwanderung von EU-Bürgern war jedoch der entscheidende Grund für viele Briten, für den Brexit zu stimmen. Brüssel zeigt sich jedoch in dieser Hinsicht bislang zu keinerlei Zugeständnissen bereit. Weidmann betonte, dass man aus den bisherigen Entwicklungen nicht ableiten könne, dass ein Brexit keine negativen Folgen für die britische Wirtschaft haben würde.Die Kreditanalysten von Moody’s verweisen in ihrer Einschätzung darauf, dass die EU-Kommission nach Mifid II die Aufsicht in Nicht-EWR-Mitgliedern als gleichwertig betrachten könne. Dieses Konzept der regulatorischen Äquivalenz sei zwar bislang weitgehend unerprobt, könnte es aber weltweit tätigen Investmentbanken ermöglichen, auch weiterhin Dienste wie Beratung, den Verkauf von Derivaten und anderen Finanzprodukten oder Portfoliomanagement aus London anzubieten. Auf diese Weise ließe sich auch sicherstellen, dass Banken aus der EU weiterhin an den internationalen Kapital- und Geldmärkten tätig sein könnten, die sich nun einmal in der britischen Metropole befänden.Allerdings biete dieses Modell weniger Sicherheit als Passporting, denn es handele sich um eine politische Entscheidung der EU-Kommission, die Zeit in Anspruch nehmen und auch wieder rückgängig gemacht werden könnte. Zudem mache die EU-Eigenkapitalrichtlinie CRD keine Aussagen in Richtung Gleichwertigkeit der Regulierung. Es könnte also durchaus sein, dass britische Banken für die Annahme von Einlagen oder die Vergabe von Krediten in der EU eine Genehmigung beantragen müssten. Angesichts der Bedeutung von London als Finanzzentrum seien diese Beschränkungen aber für EU-Banken mit Niederlassungen in London von ebenso großer Bedeutung wie für britische Banken, die auf dem Kontinent vertreten sind. Moody’s geht angesichts der Komplexität einer schnellen Entflechtung des Status quo und des Wunsches, die davon ausgehenden Auswirkungen auf die EU-Banken zu minimieren, davon aus, dass die meisten grenzüberschreitenden Rechte im Falle eines britischen Austritts aus dem EWR erhalten bleiben werden. In einigen Bereichen wie etwa dem Euro-Clearing könnten Banken zu Restrukturierungsmaßnahmen gezwungen sein.