Munich Re steckt Kriegsfolgen weg
sck München – Der Marktführer Munich Re hat die Belastungen aus dem Ukraine-Krieg bislang besser abfedern können als sein größter Konkurrent Swiss Re. Während der alteingesessene Dax-Konzern zum Jahresstart 2022 seinen Konzerngewinn nach Steuern um 3% auf 608 Mill. Euro erhöhte, sorgte der militärische Konflikt in Osteuropa bei der Schweizer Adresse, der Nummer 2 in der Branche, für einen Verlust von 248 Mill. Dollar (siehe dazu gesonderten Artikel auf dieser Seite).
„Zeichen der Stärke“
Zur Vorlage des Berichts zum ersten Dreimonatsabschnitt sprach Finanzvorstand Christoph Jurecka von einem „operativ guten Quartal in einem schwierigen Umfeld“. In einer Telefonkonferenz mit Medienvertretern bezeichnete er das Nettoergebnis als „Zeichen der Stärke“. Aufgrund deutlich geringerer Großschäden im Kernbereich Unfall/Schaden-Rückversicherung und eines dynamischen Wachstums im Neugeschäft konnte die Munich Re die bisher angefallenen Belastungen von 800 Mill. Euro infolge des Ukraine-Kriegs mehr als ausgleichen.
Darunter fallen nach Aussagen des CFO insgesamt rund 700 Mill. Euro auf Abschreibungen auf Staats- und Unternehmensanleihen in Russland und in der Ukraine. Neben Verlusten aus Finanzderivaten und aus der Veräußerung von Aktien sorgten vor allem diese Bondabschreibungen dafür, dass das Kapitalanlageergebnis um 42% auf 987 Mill. Euro einbrach. Aufgrund der derzeit hochvolatilen Kapitalmärkte schrumpfte der Bestand der gesamten Kapitalanlagen der Munich Re seit Jahresbeginn bis zum Stichtag 31. März um 7 Mrd. auf 233,3 Mrd. Euro.
Zu den Anleiheabschreibungen gesellten sich zudem 100 Mill. Euro gebuchte Rückstellungen für mögliche Vermögensschäden infolge des Kriegs. Jurecka zufolge betrifft ein Teil davon die Spezialsparte Aviation. Auch Swiss Re musste dem Tribut zollen, allerdings deutlich mehr als der größere Wettbewerber aus München. Die in Zürich sitzende Gesellschaft stellte im ersten Quartal für mögliche Schäden unter anderem im Bereich Flugzeugleasing 283 Mill. Dollar zurück, umgerechnet 248 Mill. Euro. Zum Vergleich: Bei der Hannover Rück, der Nummer 3 im Markt, waren es 180 Mill. Euro.
Die Rückstellungen beinhalten im Detail mögliche Zahlungen an westliche Finanzfirmen, die Hunderte von Flugzeugen an russische Fluggesellschaften verleast haben und nun vergeblich auf deren Rückgabe warten. Auch das Geschäft mit der Versicherung von Zahlungsausfallrisiken westlicher Exportunternehmen birgt Risiken. Ob es im Bereich Aviation für die Rückversicherer tatsächlich zu Großschäden kommen wird, ist allerdings noch offen. Vertragsrechtlich sei das Thema Leasingflugzeuge in Russland noch zu unsicher, räumte der CFO der Munich Re ein. Jurecka sprach in diesem Zusammenhang von „allgemeinen Vorsichtsrückstellungen“. Er signalisierte, dass diese Summe sich erhöhen könnte, je länger der Krieg dauert.
Auf einer Investorenveranstaltung Anfang März hatte Christian Mumenthaler, der CEO der Swiss Re, die potenziellen gesamten Kriegskosten für die weltweite Assekuranz mit jenen einer mittleren Naturkatastrophe verglichen und eine Summe von rund 15 Mrd. Dollar angedeutet.
Aktie gewinnt 2,5 Prozent
Die Anleger reagierten auf das Zahlenwerk wohlwollend trotz der wachsenden Risiken infolge des Kriegs. Die Aktie von Munich Re gewann zeitweise 2,5% auf 219,10 Euro an Wert. Die Ratingagentur Moody’s schrieb in einer Kurzstudie von starken Konzernergebnissen.
Derweil verzeichnete die Munich Re weitere Fortschritte im operativen Neugeschäft. In der Vertragserneuerungsrunde mit Erstversicherern und industriellen Großkunden verbuchte der Branchenprimus einen Zuwachs des gezeichneten Geschäftsvolumens von 8% auf 2,7 Mrd. Euro. Das Preisniveau blieb mit −0,1% in etwa konstant. Der CFO wies darauf hin, dass in diesem Wert die galoppierende Inflation berücksichtigt sei. In der Praxis seien die Raten für Rückversicherungsdeckungen „signifikant“ gestiegen, um auch die hohen Teuerungsraten „auszugleichen“. Die Munich Re könne diesen Inflationseffekt weiterreichen. Jurecka sprach von einem „Ausgleich auf einem hohen Profitabilitätsniveau“. Der Rückversicherungsmarkt sei nach wie vor „hart“.
Pandemie-Lasten dauern an
Aufgrund der Neugeschäftsdynamik und wegen positiver Währungseffekte (Dollarstärke) erhöhte die Konzernführung ihren Jahresausblick für die gebuchten Bruttobeiträge um 3 Mrd. auf 64 (i.V. 59,6) Mrd. Euro. Das wäre für die Munich Re ein Rekord. Den avisierten Überschuss von 3,3 (2,9) Mrd. Euro bekräftigte der Finanzvorstand.
Zum Konzerngewinn des ersten Quartals steuerte die Sparte Schaden/Unfall der Rückversicherung mit 589 (358) Mill. Euro den Löwenanteil bei. Die geringeren Großschäden sorgten dafür, dass die Schaden-Kosten-Quote sich um 7,6 Punkte auf 91,3% verbesserte. Die Munich Re bezifferte die Großschäden auf 667 (892) Mill. Euro.
Die kleinere Rückversicherungssparte Leben/Gesundheit verbuchte hingegen einen Verlust von 78 Mill. Euro nach einem Gewinn von 52 Mill. Euro ein Jahr zuvor. Grund dafür waren vor allem erhöhte Sterbefälle in den USA aufgrund der Corona-Pandemie. Das kostete 150 Mill. Euro. Jurecka rechnet damit, dass die Covid-Lasten in der zweiten Jahreshälfte geringer sind. Er begründete dies damit, dass die Ansteckungswellen im kommenden Herbst möglicherweise nicht mehr so schwerwiegend ausfallen wie im Jahr 2021.
Munich Re | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
1. Quartal | ||
in Mill. Euro | 2022 | 2021 |
Bruttobeiträge | 16 833 | 14 552 |
dav. Rückversicherung *7 938 | 6 330 | |
Kapitalanlageergebnis | 987 | 1 691 |
Technisches Ergebnis | 976 | 480 |
Nettoergebnis | 608 | 589 |
Eigenkapitalrendite (%) | 9,8 | 10,4 |
Kapitalanlagerendite (%)1,6 | 2,7 | |
Kapitalanlagen (Mrd.) | 233,3 | 231,6 |
Mitarbeiter (Anzahl) | 39 458 | 39 741 |
*) Schaden/UnfallBörsen-Zeitung |