Nachhaltige ETFs nehmen nur langsam Fahrt auf

Amundi erwartet einen "Mega-Shift" - Anbieter stellen Investmentprozesse um

Nachhaltige ETFs nehmen nur langsam Fahrt auf

Von Christiane Lang, FrankfurtNachhaltige ETFs spielen am Markt für passive Investments in Europa noch eine sehr untergeordnete Rolle. Per Ende Juli 2020 betrug das Volumen erst 34 Mrd. Euro, das sind nicht einmal 5 % des gesamten ETF-Marktes von über 850 Mrd. Euro, wie eine Auswertung von ExtraETF.com zeigt. Die Zahl der Produkte lag Ende Juli bei 1 800, davon waren 1 200 an deutschen Börsen gelistet, und hiervon wiederum waren lediglich 187 als nachhaltig klassifiziert. “Erst in den vergangenen drei Jahren, in denen jeweils knapp 50 Produkte neu auf den Markt kamen, haben nachhaltige ETFs mehr an Fahrt aufgenommen”, erläuterte ExtraETF.com-Geschäftsführer Markus Jordan auf dem digitalen Sustainability Congress der Beratungsgesellschaft Drescher & Cie. unter dem Titel “Nachhaltige ETFs, was gibt es schon, was braucht es noch?”. Dabei hätten viele Anbieter ihre Palette ausgeweitet und nachhaltige Parallelprodukte zu konventionellen ETFs aufgelegt, so Jordan weiter. Es stehe aber ein “Mega-Shift” bevor, glaubt Thomas Wiedenmann, Deputy Head of ETF Germany/Austria bei Amundi Asset Management.Der Manager sieht eine zweite Welle bei Nachhaltigkeitsinvestments, von der vor allem ETFs profitieren werden. Es würden künftig komplette Portfolien auf nachhaltige Kriterien umgestellt. “Und ich glaube, dass hier die ETFs schneller sein werden als aktive Strategien, weil sie preisaggressiver sind und ein klares Regelwerk ausweisen können.” Produktpalette wird erweitertDiesen Trend unterstreicht auch eine Umfrage von Invesco zu ESG (Environmental, Social, Governance): Noch liegt der weitaus größte Teil der ESG-Anlagen in aktiven Strategien. Die Mehrheit der befragten Anleger geht aber davon aus, dass sich das in den kommenden fünf Jahren ändern und der Großteil der nachhaltigen Anlagen in ETFs investiert wird, wie Sebastian Stöhr, ETF Sales Manager Wealth Management bei Invesco, erläutert. Entsprechend bauen die Anbieter ihre nachhaltige Produktpalette weiter aus und wollen zumindest große Teile ihrer Assets unter ESG-Kriterien managen. So plant BNP Paribas Asset Management nach den Worten von Claus Hecher, Head of Business Development ETF, sämtliche Investmentprozesse auf Nachhaltigkeit umstellen. Hier sei man bereits weit fortgeschritten. Speziell im ETF-Bereich würden seit etwa 18 Monaten nur noch nachhaltige ETFs ins Programm aufgenommen. Man sei dabei, nach und nach die Standard-Indizes auf nachhaltige umzustellen.BlackRock will laut Victoria Arnold, Kundenbetreuerin für institutionelle Anleger und lokale ESG-Ansprechpartnerin im Bereich ETFs, bis zum Jahresende in allen Strategien eine ESG-Integration durchführen. Dann sollten 150 nachhaltige ETFs zur Verfügung stehen, betont sie. Und Amundi will bis 2021 alle Assets im Volumen von 1,6 Bill. Euro nachhaltig oder “nachhaltiger als der Markt” managen, wie Wiedenmann erläutert. Auch Marcus Weyerer, Senior ETF Specialist bei Franklin Templeton, betont, nachhaltige Overlays würden für den gesamten Konzern eingesetzt, und gewisse Mindeststandards gälten für alle Strategien.Assetmanager müssen sich nach den Worten von BNP-Paribas-Manager Hecher aber noch an anderen Kriterien messen lassen. Dabei gehe es um Governance, Klimawandel, Menschenrechte und Biodiversität. Hier seien die europäischen Häuser den US-amerikanischen und asiatischen deutlich voraus, was am regulatorischen Druck in Europa liege.Die Vermögensverwalter müssten sich unter anderem fragen lassen, wie sie ihre Stimmrechte ausübten, betont Hecher. Denn beispielsweise der von der Organisation “Climate in the Boardroom” veröffentlichte jährliche Report zeige, dass sich nur wenige Assetmanager auf Hauptversammlungen im großen Stil für klimafreundliche Beschlüsse einsetzten. Zudem gebe es unter ihnen zu viele “Ja-Sager”, die Vergütungspläne und Aufsichtsratsmitglieder kritiklos durchwinkten.