Nachhaltige Finanzen relevant, aber zweitrangig
jsc Frankfurt
Das Versprechen von Nachhaltigkeit ist in der Geldanlage für viele Menschen nicht zentral. Während Wertpapiersparer besonders häufig auf Sicherheit und auf Rendite achten, spielen Folgen für Umwelt und Klima oder ethische Prinzipien nur für eine Minderheit eine Rolle, wie eine Umfrage der Fondsgesellschaft Union Investment zeigt. Die Unwucht zeigt sich sowohl in einer offenen Abfrage, wenn die Befragten ohne Vorgabe einer Antwort die relevanten Kriterien einer Geldanlage aufzählen, als auch bei einer „gestützten“ Frage mit Vorgabe bestimmter Antworten. Die Gesellschaft, die im Vertrieb einen Schwerpunkt auf Fonds mit ESG-Kriterien setzt, zeigt sich ernüchtert. „Geldanlage und Nachhaltigkeit werden bislang überwiegend als getrennte Welten wahrgenommen.“
Auch im persönlichen Streben nach Nachhaltigkeit spielt die Geldanlage keine überragende Rolle: Befragt danach, wie sie persönlich einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten könnten, stimmen die allermeisten Befragten den vorgegebenen Antworten „Energie sparen“ (87%) sowie Mülltrennung und Müllvermeidung (85%) auf einer Fünf-Punkte-Skala mit „voll und ganz“ oder überwiegend zu. Auch Kaufentscheidungen (73%), die Mobilität wie die Wahl von Fahrrad, Bus oder Bahn (69%) oder der Verzicht auf tierische Produkte wie Fleisch und Milch (56%) sind jeweils aus Sicht der meisten Befragten ein möglicher wirksamer Hebel. Eine gezielte Entscheidung für nachhaltige Finanzanlagen folgt mit 41% an letzter Stelle.
Nur wenige erwarten Einfluss
Dazu passt, dass nur wenige eine direkte Wirkung auf Unternehmen sehen. 13% stimmen in einer weiteren Frage der Aussage zu, dass sie mit dem Erwerb von Finanzanlagen „Einfluss auf das Management oder die Geschäftspraktiken von Unternehmen“ ausüben können. „Vermögen mehren“ (79%), „Geld absichern“ (70%) und das Erreichen von Lebenszielen wie der Immobilienkauf (59%) wird mit einer Geldanlage viel häufiger in Verbindung gebracht.
Allerdings schneidet Nachhaltigkeit in der Anlegergunst besser ab, wenn die Befragten mit dem Konzept konfrontiert werden. Denn während in einer offenen Frage nur ein Zehntel der Befragten Nachhaltigkeit als Auswahlkriterium in der Geldanlage aufzählt, stimmt bereits fast jeder Dritte (32%) der Aussage ganz oder überwiegend zu, bei Finanzanlagen auf Nachhaltigkeit sowie soziale und ethische Kriterien zu achten. „Die Beratung ist für eine breite Akzeptanz und Verbreitung nachhaltiger Finanzanlagen entscheidend“, hält die Gesellschaft fest. Allerdings gewinnen Sicherheit und Rendite als Anlageziele bei einer gestützten Abfrage ebenfalls an Zustimmung, so dass ein breiter Abstand bleibt. Auch sagen 18% der Teilnehmer, dass sie sich nicht für Nachhaltigkeit interessieren. Einige geben an, mit dem Thema nichts erreichen zu können oder bereits zu alt dafür zu sein.
Insgesamt wurden 3500 Personen über Interviews im Schlussquartal und in einer Onlinebefragung im laufenden Jahr befragt, ehe die Ergebnisse wegen des Ukraine-Kriegs mit einer weiteren Fragerunde überprüft wurden. Das beauftragte Institut Rheingold hatte dabei Personen mit einem Haushaltsnettoeinkommen ab 1500 Euro ausgewählt, die Aktien, Fonds, ETFs oder Zertifikate besitzen oder eine Anlage planen.
Wertberichtigt Seite 6